BVSW: Qualität oder Kommerz
Das neue Sicherheitsdienstleistungsgesetz (SDLG) soll die Qualität in der Branche verbessern
Das neue Sicherheitsdienstleistungsgesetz (SDLG) soll die Qualität in der Branche verbessern – darin sind sich die großen Sicherheitsverbände einig. Bei der Frage, wie sich eine solche Qualitätssteigerung erreichen lässt, gehen die Positionen allerdings auseinander. Insbesondere die Zulassungsprüfungen sind ein kritischer Punkt. Ein Beitrag von Caroline Eder.
„Mit dem neuen Sicherheitsdienstleistungsgesetz stellt die Sicherheitsbranche die Weichen für ihre Zukunft. Deshalb sollten nicht die wirtschaftlichen Interessen einzelner Unternehmen im Vordergrund stehen, sondern die Frage, von welchen Regelungen Branche, Staat, Bürger und Unternehmen gleichermaßen profitieren“, sagt Peter H. Bachus, stellvertretender Vorstandsvorsitzender beim ASW Bundesverband. Der Verband hat im Vorfeld die wichtigsten Schlüsselpositionen in einem Positionspapier erstellt und veröffentlicht.
Neutralität im Vordergrund
Gefragt sind Regelungen, die für mehr Vertrauen in die Sicherheitsbranche sorgen. Das beginnt bereits beim Unterrichtungsverfahren, das die gesetzlich vorgeschriebene Mindest-Zugangsvoraussetzung für die Arbeit in der Sicherheitsbranche darstellt, sowie bei den Prüfungsinstitutionen. Die IHK ist derzeit die einzige Einrichtung, die Prüfungen für Sicherheitsberufe durchführt. Durch schriftliche und mündliche Verständnisfragentests werden einheitliche Qualitätsstandards gesichert. Diese Wissensfeststellung und Bescheinigung soll, wenn es nach ASW, VSW und BVSW geht, ausschließlich durch unabhängige Stellen erfolgen.
„Wir befürworten durchaus, dass auch andere Institutionen die Prüfung zukünftig abnehmen dürfen, doch dabei darf der Kommerz nicht im Vordergrund stehen. Ganz wichtig ist für uns die Wahrung der Neutralität“, sagt Peter H. Bachus vom ASW Bundesverband. „Deshalb muss es sich bei den Prüfstellen um staatliche oder staatlich beliehene Einrichtungen handeln.“
Ganz anders sind in diesem Punkt die Vorstellungen des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft e. V. (BDSW), der die Sicherheitsdienstleister vertritt: Dieser Verband plädiert dafür, die Prüfungen auch durch vom BDSW zertifizierte Fortbildungsinstitute durchführen zu lassen. Indem sie ihre Mitarbeiter selbst ausbilden und auch selbst die Prüfungen abnehmen, könnten im BDSW organisierte Unternehmen deutlich schneller Mitarbeiter einstellen. Eine übergeordnete neutrale Bewertung wäre hiermit aber nicht mehr möglich. Außerdem ergäbe sich eine deutliche Verzerrung des Wettbewerbs, denn nur große Unternehmen in der Sicherheitsdienstleistungsbranche betreiben ihre eigenen Akademien. Kleinere Unternehmen müssten dann ihre Mitarbeiter bei den großen Wettbewerbern schulen lassen und hätten dann noch größere Schwierigkeiten, passendes Personal auszubilden und langfristig einstellen zu können.
Steigende Anforderungen
Einigkeit herrscht auch in dem Punkt, dass die Anforderungen an die Ausbildung steigen sollen. Doch die Verbände sind unterschiedlicher Meinung, welches Niveau das qualitätsentscheidende ist. Der BDSW möchte die Sachkundeprüfung als Voraussetzung für den Einstieg in die Branche etablieren. Diese ist mit 80 Stunden Unterricht und einer anschließenden Prüfung umfangreich. „Die Sachkundeprüfung als zwingende Voraussetzung für eine Tätigkeit im Sicherheitsgewerbe ist nach unserer Erfahrung in der Praxis nicht durchsetzbar“, sagt ASW Geschäftsführer Dr. Christian Endreß. „Nicht jede Tätigkeit in der Sicherheitsbranche erfordert die Qualifikation der Sachkundeprüfung.“ Viele Mitarbeiter wählen deshalb den Weg der Unterrichtung nach §34a GewO, der nur 40 Unterrichtsstunden umfasst. Auch bei dieser Ausbildung wird regelmäßig geprüft, ob der Unterrichtsstoff verstanden wurde und entsprechend angewandt werden kann. Viele Unternehmen beschäftigen seit Jahren Mitarbeiter mit dieser Qualifikation.
Warum sollte die Qualifikation aller Mitarbeiter auf das Niveau der Sachkundeprüfung angehoben werden, wenn sich dadurch weniger Kandidaten finden ließen? Eine höhere formale Ausbildung würde gegenüber den Auftraggebern auch höhere Preise rechtfertigen.
Der ASW Bundesverband befürwortet vielmehr eine abgestufte Qualifizierung, die auf den Aufgabenbereich abgestimmt wird: Für einfache Tätigkeiten, wie beispielsweise Baustellenbewachung, ist laut ASW die Unterrichtung nach §34a GewO ausreichend. Gehobene Tätigkeiten erfordern schon heute die Sachkundeprüfung als nächsthöhere Qualifikation, denn der §34a GewO schreibt sie für besonders konfliktträchtige und sensible Sicherheitstätigkeiten vor. Dazu zählen beispielsweise Kontrollgänge im öffentlichen Verkehrsraum, oder in Hausrechtsbereichen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr, wie Citystreife, Bestreifung öffentlicher Parks, Einkaufszentren sowie S-/U-Bahn-Bereich. Ein Einsatz von Mitarbeitern privater Sicherheitsdienstleister im Bereich der kritischen Infrastrukturen erfordert noch höhere Mindestqualifikationen, wie die geprüfte Schutz- und Sicherheitskraft. Auch gleich- und höherwertige Berufsabschlüsse, wie der Ausbildungsberuf Fachkraft für Schutz und Sicherheit, sind im Kritis-Bereich passend. Regelmäßige Nachschulungen sind überall erforderlich.
SDLG auch für „Inhouse Tätigkeiten“?
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Regelung von sogenannten „Inhouse Tätigkeiten“, bei denen ein Unternehmen, beispielsweise ein Stadionbetreiber oder ein Konzern, seine eigenen Sicherheitsmitarbeiter beschäftigt. Hier möchte der BDSW, dass diese Mitarbeiter auch den Anforderungen des neuen SDLG entsprechen. ASW, VSW und BVSW sind gegen eine solche Regelung, weil sie zu weit in die Verantwortung der Unternehmen eingreift. „Jedes Unternehmen, das seine eigenen Sicherheitsmitarbeiter beschäftigt, hat auch ein ureigenes Interesse daran, dass diese bestens ausgebildet sind“, sagt Alexander Borgschulze, Vorstandsvorsitzender des Bayerischen Verbandes für Sicherheit in der Wirtschaft e. V. (BVSW). „Wir erkennen hier keine Notwendigkeit, Unternehmen mit zusätzlichen Regelungen zu belasten. Insgesamt sehen wir dem neuen SDLG sehr optimistisch entgegen: Wir alle wollen das Ansehen der Branche stärken, indem die Qualitätsstandards besser eingehalten und erhöht werden. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass bei der Verabschiedung des Gesetzes die Qualität als Maßstab angesetzt wird.“ Dies soll sowohl für die Wirtschaft als auch für die Sicherheitsdienstleister gelten.
Hintergrund
Seit dem 1. Juli 2020 gehört die Sicherheitsbranche erstmals zum Verantwortungsbereich des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat. Der Zuständigkeitswechsel vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat war der richtige Schritt: Staatliche Sicherheitsbehörden und die private Sicherheit sind damit im gleichen Bundesministerium verortet und werden von dort zentral gesteuert. Jetzt gilt es, ein neues Sicherheitsdienstleistungsgesetz zu schreiben, das als spezifische Rechtsgrundlage für die Sicherheitsbranche dient. In einem Positionspapier hat die Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft e. V. (ASW) mit ihren regionalen Verbänden ihre Forderungen formuliert, wie sich mit dem neuen Gesetz sowohl rechtliche als auch qualitative Standards in der Branche verbessern lassen.