Dallmeier: Videosicherheit – hergestellt, errichtet und betrieben „in Germany“
Die geopolitische Lage, Lieferkettenproblematik, ethische Verantwortung, Personalmangel, Sicherheits- und Datenschutzaspekte: Ein Interview mit Dieter Dallmeier und Frank Pokropp.
GIT SICHERHEIT spricht mit Dieter Dallmeier, Founder und CEO des deutschen Videotechnik-Herstellers Dallmeier, und Frank Pokropp vom Freihoff Sicherheitsservice im Interview darüber, warum Hochlohnland und geringe Betriebskosten kein Widerspruch sind, was Kunden von modernen Sicherheitsdienstleistungen erwarten und welche Voraussetzungen dafür nötig sind.
GIT SICHERHEIT: Herr Pokropp, Sie bieten seit über 22 Jahren erfolgreich Sicherheitstechnik für Kunden aller Größen an. Lässt sich ein gemeinsamer Nenner für die Kundenanforderungen finden?
Frank Pokropp: Wir betreuen mit unseren über 280 Mitarbeitern die unterschiedlichsten Kunden – vom Einfamilienhaus bis hin zum Logistik- und Chemiekonzern. Trotzdem gibt es Dinge, die alle gleichermaßen fordern. Im Mittelpunkt steht dabei immer die Qualität gemessen in höchstmöglicher Sicherheit: Unsere Kunden erwarten eine optimale Absicherung ihrer Vermögenswerte und ihrer Mitarbeiter. Wir sind dann dafür zuständig, die dafür nötigen Produkte, Technologien und Sicherheitsexperten auszuwählen und in eine hochwertige Sicherheitslösung zu verwandeln.
Häufig ist zu hören, dass es im Sicherheitsmarkt nur noch um einen möglichst niedrigen Preis geht. Wie sehen Sie dieses Argument?
Frank Pokropp: Die meisten unserer Kunden kennen den Wert einer hochwertigen Sicherheitslösung und rechnen den Schaden gegen, der bei schlechter Qualität entstehen kann. Trotzdem ist der Wettbewerb hart, und natürlich schauen gerade Geschäftskunden neben der Qualität sofort auch auf den Preis – sonst wären es keine Geschäftsleute! Als Dienstleister müssen Sie daher in erster Linie ihre eigenen Gesamtbetriebskosten im Auge behalten. Sind diese niedriger als beim Wettbewerb, können sie dies an ihre Kunden weitergeben. Dabei spielt die Technologieentscheidung eine deutlich größere Rolle als viele meinen!
Können Sie das konkretisieren?
Frank Pokropp: Die Kosten für die einzelne Kamera spielen eine zunehmend geringere Rolle. Das meiste Einsparpotenzial liegt in Funktionalität und Qualität der eingesetzten Technologie – egal ob es sich um den Wartungsaufwand, die Häufigkeit beim Austausch von defekten Geräten, aufwendiges Nachjustieren oder schlicht die Effizienz der eingesetzten Lösung handelt – Stichwort: Anzahl der benötigten Operator-Arbeitsplätze. Schließlich sind die Personalkosten einer der größten Kostenblöcke im Leitstand. Es geht darum, das Gesamtpaket zu betrachten – Planung, Montagepunkte, Gemeinkosten, Schulung, Anzahl der benötigten Bedienerplätze pro Kunde usw.
In welcher Größenordnung würden Sie das „technologieabhängige“ Einsparpotenzial denn einordnen?
Frank Pokropp: Das ist natürlich abhängig von den spezifischen Umständen des einzelnen Projekts, lässt sich aber meist recht genau beziffern: Bei unserer Videotechnik-Installation im Vorfeld eines großen Logistikers am Frankfurter Flughafen zum Beispiel sparen wir durch den Einsatz der Panomera Kameratechnologie von Dallmeier rund 20 Prozent der Gesamtbetriebskosten im Vergleich zu einer Lösung mit ausschließlich konventionellen Kamerasystemen. Und selbst bei „nur“ einer klassischen Perimeter-Absicherung schaffen wir mit einer Panomera 200 anstatt 50 Meter. Das spart erhebliche Infrastrukturkosten.
Herr Dallmeier, wie kann das funktionieren bei dem ja immer noch vorhandenen Konkurrenzdruck aus Niedriglohnländern?
Dieter Dallmeier: Unsere Unternehmen blicken auf inzwischen fast neun Jahre erfolgreiche Zusammenarbeit zurück, und ich freue mich natürlich immer wieder, wenn unsere Strategie bestätigt wird. Das „Geheimnis“ bei den Gesamtbetriebskosten besteht in der Kombination aus Qualität und Innovation. Qualität war und ist nichts anderes als ein zusätzlicher Discount. Weniger Ausfälle und längere Laufzeit bedeuten nun mal geringere Kosten. Und gerade bei Kameras ist es ja nicht damit getan, das Gerät auszutauschen: Die Systeme müssen abmontiert und wieder montiert werden, häufig mit enormem Zusatzaufwand.
Also Qualität ist ein wichtiger Beitrag zur indirekten Kostenreduktion. Welche Rolle spielt die Innovation?
Dieter Dallmeier: Innovation versucht immer, Problemlösungen zu vereinfachen. Unsere Kunden benötigen bei den Panomera Multifocal-Sensorkameras beispielsweise zwischen vier- und zwanzigmal weniger Kamerasysteme und damit auch wesentlich weniger Bediener-Arbeitsplätze. Bei der Montage unsere Kameras ist lediglich eine Inbusschlüssel-Größe erforderlich, und die neuen Domera-Kameras lassen sich mit dem „Remote Positioning Dome“ per Fernzugriff nachjustieren. Das sind nur drei Beispiele, wie wir durch Innovation Kostenvorteile erzeugen.
Worauf achten Kunden noch?
Dieter Dallmeier: Lieferfähigkeit ist natürlich ein großes Thema. Alle unsere Produkte sind lieferfähig. Auch wenn es dabei gelegentlich zu Verzögerungen von Tagen oder in Ausnahmefällen wenigen Wochen kommen kann. Es zeigt sich, dass sich unsere „100 % entwickelt und gefertigt in Deutschland“-Strategie wieder einmal auszahlt, so wie das auch bei den Themen Qualität, Datenschutz und Datensicherheit der Fall ist.
Und neben diesen beiden fast schon klassischen Themen Datenschutz und Cybersecurity kommt immer öfter das Thema ethische Verantwortung auf die Anforderungsliste. Immer mehr Kunden verbieten explizit den Einsatz von Systemen, die möglicherweise mit Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang gebracht werden könnten.
Frank Pokropp: Das kann ich nur bestätigen – „Ethical Corporate Responsibility“ ist für Kunden wie auch für uns selbst als Anbieter immer wichtiger. Auch bei der Cybersecurity ist die Sensibilität dauerhaft hoch, insbesondere bei unseren Kritis-Kunden. Einer unserer Kunden etwa, ein großer europäischer Energieerzeuger, betreibt ein Testlabor mit einer dauerhaften Produktiv-Umgebung aus Dallmeier Kameras, Hemisphere-Software und Aufzeichnung. Die Systeme bei einem der größten Logistikunternehmen laufen im „Protect Service Netz“ der Telekom. Gerade bei der Cybersecurity ist auch die Beratung essenziell: Hier haben wir ein eigenes IT-Richtlinien-Dokument entwickelt. Zudem arbeiten wir bei großen Projekten zusätzlich eng mit externen Gutachtern wie etwa dem Sachverständigenbüro Markus Piendl zusammen.
Herr Pokropp, der Personalmangel betrifft auch und besonders die Sicherheitsbranche…
Frank Pokropp: Durch die Pandemie hat sich das Problem Personalmangel in der Sicherheitsbranche natürlich nochmals massiv verschärft. Auch hier spielen Technologieentscheidungen eine wichtige Rolle: Von der „Predictive Maintenance“ für Störungsersatzleistungen über Kameralösungen, die mit möglichst wenig Einzelsystemen auskommen bis hin zur KI-Unterstützung, um Falschalarme zu minimieren. Wir betreuen derzeit über 20.000 Alarm-Aufschaltungen mit unserer EN 50518 zertifizierten „Protego24“ Notruf-Service-Leitstelle in Langenfeld mit lediglich sechs Mitarbeitenden, darunter ein großer Logistiker mit allein über 20.000 Kamerasystemen. Interessant ist übrigens die Beobachtung, dass die Polizei unserer Erfahrung nach wesentlich schneller reagiert, wenn sie weiß, dass bei einem Objekt eine Vorqualifizierung der Alarme durch eine KI und unseren Mitarbeitenden erfolgt.
Spielt der Standort von Technologielieferanten auch bei der Zusammenarbeit eine Rolle?
Frank Pokropp: Absolut. Gerade bei komplexen Projekten, wie zum Beispiel der Einbindung komplexer Kundenschnittstellen in die Dallmeier Hemisphere-Software, gibt es viele kundenspezifische Anforderungen, die wird durch geografische Nähe, deutschsprachige Entwicklerteams und dieselbe Zeitzone äußerst reibungsarm und schnell erfüllt und umsetzen können. Wenn ich 2014 nicht nach Regensburg ins Dallmeier Headquarter gekommen wäre, hätte ich aus heutiger Sicht etwas falsch gemacht.
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