Die Junggebliebenen - Evva blickt auf erfolgreiches Jubiläumsjahr zurück
Hundert Jahre – das ist eine Hausnummer. Ist man dabei so jung und innovativ geblieben wie Evva, hat man allerdings einen doppelten Grund zum Feiern: Unter dem Motto „Start-up seit 1919“ lud das Unternehmen vor einiger Zeit nach Wien.
Der international renommierte Anbieter von Sicherheitssystemen verbindet seit 100 Jahren erfolgreich Tradition mit Innovation. „Seit der Gründung als „Erfindungs-Versuchs-Verwertungs-Anstalt“ ist das Unternehmen geprägt durch mutiges und vorausschauendes Unternehmertum und das Streben nach Innovation“, so Stefan Ehrlich-Adám, Geschäftsführer der Evva-Gruppe.
Mechanik und Elektronik
Ein wichtiger Meilenstein für die Expansion des Unternehmens war die Erfindung und Patentierung der mechanischen Systeme GPI und MCS vor mittlerweile vier Jahrzehnten. Doch auch an der Mechanik wird ständig weitergearbeitet. „Aufgrund der Patentlaufzeit von maximal 20 Jahren sind wir gefordert, auch die mechanischen Systeme laufend weiter zu entwickeln und neue Ideen für Schließsysteme zu generieren“, erklärte Ehrlich-Adám.
Das Wiener Familienunternehmen gehörte zu den Pionieren beim Einsatz von Computerprogrammen, um komplexe Zylinderschließanlagen ausrechnen und kontrollieren zu können. Xesar und AirKey sind seit Jahren etablierte Lösungen. „Wir hatten von Anfang an das wertvolle Know-how der Mechanik und streben bis heute konsequent danach, dieses möglichst gut mit Elektronik zu ergänzen. Denn die Kombination von mechanischen und elektronischen Zutrittssystemen ist die technisch sinnvolle Antwort auf spezifische Sicherheits- und Organisationsbedürfnisse“, so Ehrlich-Adám.
Die hausinterne Forschungs- und Entwicklungsabteilung ist in den letzten Jahren beträchtlich gewachsen. „Das Engineering passiert damit bei uns und wir entscheiden über das Produktkonzept. Wir kennen den Markt, die Kunden und wissen, welche Lösungen sich die Betreiber erwarten“, erläuterte Ehrlich-Adám.
Expansion und Nachhaltigkeit
Evva beschäftigt am Hauptsitz in Wien rund 460 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vor allem bei Elektronik und Software hat das Unternehmen in den letzten Jahren Personal aufgestockt, verbunden mit laufenden Investitionen in den Maschinenpark. Der Wandel von der Mechanik hin zur Mechatronik zieht einen verstärkten Bedarf an Technikern und Softwareingenieuren nach sich. „So werden wir zukünftig auch in einen Mitarbeiterpool investieren, der Installationen begleiten kann“, erklärte Ehrlich-Adám. Neben der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen verfolgt man eine gezielte CSR-Strategie, konsequent umgesetzt unter anderem durch den Clean-Production-Ansatz, der Anteil dabei liegt bei 60 %.
Partner und Vertrieb weltweit
Neben dem Headquarter in Wien sind die zehn Niederlassungen in Europa und das Netzwerk von mehr als 1.000 Elektronik- und weiteren Mechanik-Vertriebspartnern ein wichtiger Faktor für die weitere Expansion und den internationalen Erfolg. Als interessante Zielmärkte gelten Südostasien, der Nahe Osten und Australien. Denn die Schließsysteme des Herstellers sind längst weltweit verbaut, wie z. B. auf dem Kreuzfahrtschiff Queen Mary, in der Oper in Kopenhagen, im neuen Juventus-Stadion in Turin und auch im Stephansdom in Wien. „Das ausgeprägte Vertriebsnetzwerk ist eine unserer größten Stärken, zu unseren Kernkompetenzen gehören die Projektierung, Ausrechnung und Umsetzung von Großanlagen“, so Ehrlich-Adám.
Industrie 4.0 und Exzellenz
„Unter Industrie 4.0 versteht Evva nicht nur Digitalisierung, sondern vielfältige Möglichkeiten für die eigene Exzellenzentwicklung“, erläutert Michael Kiel, Leitung Operations, den Status und die Pläne von Evva im Bereich Industrie 4.0. „Für unseren mit Industrie 4.0 verbundenen Exzellenzanspruch haben wir daher vier Entwicklungsschwerpunkte definiert: 1. Digitalisierung, 2. Automatisierung, 3. Standortentwicklung und 4. Kooperationen. Oberste Priorität hat dabei seit jeher und auch künftig, den Menschen über entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen und Projektbeteiligung mitzunehmen“, erläuterte Kiel.
Digitalisierung
Ein Vorzeigetool für „gelebte Digitalisierung“ ist das von Evva selbst gebaute Order-Fulfillment-Tool, welches bei der Auftragsbegleitung den Status quo der Aufträge widerspiegelt. Beim Projekt „Next Generation Cross Link Production“ (X Pro) verfolgt das Unternehmen mehrere Ziele: Einerseits soll ein Modell für ein flexibles Fertigungssystem realisiert werden, dafür wurde in Zusammenarbeit mit der TU Wien eine Maschine digital aufgerüstet und zusätzlich mit kollaborativer Robotik versehen.
Außerdem wird mit der im Musterbau bereits angewendeten zeichnungslosen Fertigung mit Computer Aided Manufacturing (CAM) auch Digitalisierung im Sinne von „papierlos“ forciert. Das mittelfristige Ziel besteht für das Unternehmen darin, die Produktion für Planung und Optimierung der Prozesse und Abläufe durch „Digital Twins“ vollständig digital abzubilden. Dafür soll im Zuge des Forschungsprojekts Autprosim mit Fraunhofer eine digitale Produktionsplanung mit Simulation und Optimierung ab 2020 umgesetzt werden.
Automatisierung
„Evva investiert bis 2023 in die Gestaltung der Exzellenzentwicklung ein Volumen von rund 20 Mio. Euro, davon werden zwei Drittel für hochklassige Automatisierungslösungen aufgewendet“, erläuterte Kiel. Forciert werden dabei insbesondere die neuen Technologien 3D-Druck für Kunststoffteile für den Maschinenbau und Bildverarbeitung für ein in der Automatisierungsstraße integriertes Prüfungsszenario.
Auch kollaborierende Roboter (Cobot) werden zur Unterstützung der Mitarbeiter bei einfachen monotonen Aufgaben (z. B. sortieren) mehr und mehr eingesetzt. „Mit dieser Automatisierung können am Standort Wienerberg wirtschaftlich sinnvoll Tätigkeiten und folglich Aufträge gegen Billiglohnländern abgearbeitet werden. Cobot ermöglichen also neben Fehlerreduktion und einer Anhebung des Qualifikationsniveaus auch die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit von Evva“, erläuterte Konzernbereichsleiter Michael Kiel.
Kooperationen
Mit der TU Wien werden im Rahmen der Pilotfabrik I4.0-Machbarkeitsstudien zu den Einsatzmöglichkeiten von Cobot oder auch Machine-to-machine-Kommunikationslösungen in der Produktion erarbeitet. Mit dem Fraunhofer-Institut forscht Evva an Lösungen für eine automatische Produktionsplanung und Optimierung, basierend auf Live-Daten aus der Produktion. Die Universität Wien wiederum unterstützt Evva bei der Entwicklung und Erweiterung der Produktionsplattform Centurio Work. Außerdem ist das Unternehmen Mitgesellschafter beim Austrian Center for Digital Production (CDP), wo unter anderem das Forschungsziel einer durchgehenden Digitalisierung von der Bestellung über die Produktion bis zur Auslieferung verfolgt wird.
Machine-Learning
Beim Innovationstreiber Machine-Learning besteht nach Johann Notbauer, Konzernbereichsleiter Marktinnovation und Technologie bei Evva, die Disruption darin, dass künftig die Geräte selbst „intelligent“ sind – und damit die Verarbeitung und Auswertung der laufend ermittelten Daten in die Geräte selber wandert. „So könnten beispielsweise künftig bei einer Xesar-Anlage alle „intelligenten“ End-Komponenten laufend den eigenen Spannungsverlauf messen und diese Daten wiederum zentral über ein „neuronales“ Netz ausgewertet werden.
„Der dabei ermittelte Algorithmus erkennt, wann bei welcher End-Komponente ein Batterie-Ausfall eintreten wird. Dies wiederum optimiert die Sustainability und Wartungskosten der Anlage und bietet dem Vertrieb wertvolle Informationen für eine erforderliche Modernisierung des Gesamtsystems. Der Mehrwert und Nutzen für den Kunden besteht in „Predictive Maintenance“, also einem störungsfreien Betrieb, verbunden mit einer kostenoptimierten vorausschauenden Wartung“, erläutert Notbauer.
Connectivity
Ein weiterer großer Innovationstreiber ist für Evva das Thema Connectivity, als Folge der neuen Möglichkeiten, die 5G eröffnet. „5G bietet uns die Möglichkeit, unsere elektronischen Türkomponenten direkt mit der Cloud zu verbinden. Sie benötigen dann keine eigene Gebäudefunkvernetzung mehr. Ein funkvernetztes Zutrittssystem ist dann schnell aufgesetzt und auch schnell geändert, wenn sich Gebäude oder Zutrittsstrukturen ändern“, erklärte Notbauer. „Access as a Service“ nennen wir diesen Trend.
Doch trotz Machine-Learning und 5G will Evva allerdings auch künftig die Innovation mechanischer Systeme weiter vorantreiben. Am Ende der Kette stehe letztlich immer noch ein mechanisches Element.
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