Gefahrenquelle Lithium-Ionen-Akkus in der PSA

Wesentliche Elemente der persönlichen Schutzausrüstung wie Lampen, Sprechfunkgeräte, Gas- und Strahlungs­detektoren oder Totmannschalter sind auf Batterien oder Akkus als Energiequellen angewiesen. Bei allen Vorteilen die lithiumhaltige Stromquellen ansonsten bieten – in diesen Geräten sollte auf sie verzichtet werden. Nicht umsonst werden Lithium-Ionen-Zellen/-Batterien und Lithium-Metall-Batterien als Gefahrgut der Klasse 9 (Verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände) eingestuft.

Mobile Devices haben inzwischen unseren privaten wie beruflichen Alltag erobert – und sie alle benötigen Strom. Das Gleiche gilt für eine ganze Reihe hilfreicher Werkzeuge. Wie leistungsstark die verwendeten Batterien und Akkus inzwischen geworden sind, kann daran festgemacht werden, dass beispielsweise kabellose elektrische Werkzeuge und Gartengeräte in den Profibereich vordringen. So sagte vor kurzem Matthias Schrewe, Geschäftsführer des Herstellers Stiga, in einem Interview mit der „Welt“: „Ich glaube, wer gerade nicht auf Lithium-Ionen-Akkus setzt, ist im Rückwärtsgang.“
 

Der Lithium-Ionen-Siegeszug und sein Preis

Lithium-Ionen-Batterien haben in den letzten Jahrzehnten ihren Platz als unverzichtbare Energiespender in allen Lebensbereichen erobert und werden unter anderem als Schlüssel für die Elektromobilität gesehen. Die Vorteile dieser modernen Technologie: Eine höhere Energiedichte (Kapazität) bei einer immer kleineren Bauweise, das niedrige Gewicht und die nicht einmal halb so hohe Selbstentladerate im Vergleich zu herkömmlichen Nickel-Cadmium- oder Nickel-Metallhydrid-Batterien. Was oftmals verdrängt und übersehen wird, sind die Risiken und Nebenwirkungen.

Grundsätzlich ist Lithium als Metall sehr reaktionsfreudig und in metallischer Form auch leicht brennbar. Auch wenn metallisches Lithium in Akkus üblicherweise nicht vorkommt, es findet sich lediglich in Lithium-Metall-Batterien, ist es in Form von Lithiumhexafluorophosphat (LiPF6) als Leitsalz im Elektrolyt vorhanden. Diese organischen Elektrolytflüssigkeiten sind allerdings brennbar und wassergefährdend und können aus unterschiedlichen Gründen Akkus bis zur Explosion aufblähen. Lange Zeit waren Videos über derartige Notebook-Akkus und verschmorte Smartphones nicht mehr als ein Kuriosum auf YouTube. Zumindest sofern es nicht der eigene Akku oder das eigene Handy betraf. Nur so ist zu erklären, dass selbst gestandene Ingenieure bei Boeing bei der Entwicklung des Dreamliners die Gefahren dieser Technologie komplett unterschätzten. Die Berichte zu Bränden und aufwendigen Nachrüstungen gingen 2013 um die Welt.

Auch wenn das Risiko für einen katastrophalen Fehler extrem klein ist, ist das Problem inzwischen die schiere Masse der Produktion. Allein im Jahr 2015 wurden weltweit rund fünf Milliarden dieser Akkus verkauft, Tendenz steigend. Dies spiegelt sich auch in der Zahl der registrierten Schadensfälle wider. Zwischen 2005 und 2013 hat sich laut der Schadendatenbank des Instituts für Schadenverhütung und -forschung (IFS) in Kiel die Zahl der Brandereignisse mehr als verfünffacht.

Wie schnell die Situation in einem solchen Fall eskalieren kann, zeigte sich gerade erst in New York. Dort fing die Bodycam eines Streifenpolizisten während einer nächtlichen Patrouillen an zu qualmen. Kurz nachdem der Cop sie abgelegt hatte, explodierte die mit einem fest verbauten Lithium-Ionen-Akku ausgestattete Kamera. Vorsorglich wurden daraufhin rund 3000 beim NYPD im Einsatz befindliche Bodycams dieses Typs aus dem Verkehr gezogen. Der Polizist wurde bei dem Vorfall nicht verletzt, ein solcher Vorfall in einem Ex-Bereich wäre aber wohl bei weitem nicht so harmlos ausgegangen.

Die Erfahrung zeigt, dass die Ursachen vielfältig sein können. Sie reichen von Fehlern bei der Produktion, über fehlerhafte Handhabung oder Lagerung bis hin zu Beschädigung durch äußere Einflüsse. Wie in vielen Bereichen sollte auch mangelhafte Qualität durch Produktpiraterie und Produktfälschungen ins Kalkül einbezogen werden.
 

Gefahrenquelle 1 – direkte ­Verletzungen
Rettungskräfte und Personen, die aufgrund der Arbeitsumgebung in Schutzanzügen arbeiten, tragen ihre Ausrüstung in aller Regel dicht am Körper. Zugleich ist ihre Aufmerksamkeit auf die Gefahren- beziehungsweise Arbeitssituation gerichtet. Jede Ablenkung, erst Recht die Sorge um die eigene Ausrüstung, verbietet sich in so einem Fall von alleine.

Dass es sich hierbei nicht um eine eingebildete Gefahrensituation handelt, belegen Fälle aus den letzten Jahren. In Aschaffenburg wurde 2017 ein 29-Jähriger durch eine explodierende E-Zigarette so schwer verletzt, dass er in einer Spezialklinik behandelt werden musste. Sechs Monate später starb in den USA ein 35-Jähriger an schwersten Verbrennungen, nachdem die Lithium-Batterie in seiner E-Zigarette explodiert war. Und auch ohne direkte Personenschäden sind explodierende Akkus immer öfter Ursache für Fahrzeug- und Wohnungsbrände.

Ein Element, das es dabei zu berücksichtigen gilt, ist die Tatsache, dass die Umgebungstemperatur Auswirkung auf den internen Druck im Akku und das thermische Verhalten hat. Die meisten Lithium-Ionen-Akkus sind nach Literaturangaben nicht für Betriebs- und Lagertemperaturen über 60°C ausgelegt. Ausnahmen gibt es vor allem im Automobilbau, wo mittels Klimaanlage gekühlte Lithium-Ionen-Batterien mit einer zulässigen Betriebstemperatur von bis zu 85°C zum Einsatz kommen. Wenn also Mignon-Zellen (AA) in E-Zigaretten schon bei Raumtemperatur versagen können, stellen gerade Arbeiten bei erhöhten Umgebungstemperaturen oder Brandsituationen zusätzliche Belastungen für die Akkus dar.

Dieser Tatsache ist sich auch die Lithium-Ionen-Industrie bewusst. Nicht umsonst gibt es verstärkt Anstrengungen, der Problematik mit alternativen Elektrolyten Herr zu werden. Momentan in der Entwicklung sind daher sowohl Gel-Elektrolyte als auch polymere Fest-Elektrolyte mit dem Ziel, das brennbare, flüssige Elektrolyt zu ersetzen.
 

Gefahrenquelle 2 – Zünder im Ex-Bereich
In Ex-gefährdeten Bereichen, also überall dort, wo eine gefährliche, explosionsfähige Gas-Atmosphäre auftreten kann, bedarf es nicht einmal einer Explosion oder offenen Flamme, um eine Katastrophe auszulösen. Es reicht, wenn sich ein Akku bei einem „Thermal Runaway“ extrem erhitzt und sich die Gase, Dämpfe oder Nebel an der Oberfläche entzünden. Als „Thermal Runaway“, oder auch thermisches Durchgehen, wird die Überhitzung eines Energiespeichers aufgrund eines sich selbst verstärkenden Erhitzungsprozesses bezeichnet. Für Lithium-Ionen-Akkus wurden im Labor dabei schon Temperaturen von bis zu 900 Grad Celsius gemessen. Auch wenn, abhängig von der Größe des Akkus, die Kerntemperatur die Oberflächentemperatur um mehrere hundert Grad übersteigen kann, reicht diese in einem solchen Fall noch immer völlig aus, um die meisten explosionsfähigen Gasatmosphären zu entzünden, wie ein Blick auf die Temperaturklassen der Explosionsgruppen belegt.

Der Ex-Bereich ist für Gase und Stäube in Zonen eingeteilt. In Zone 0 muss ständig oder häufig, in Zone 1 gelegentlich und in Zone 2 kurzzeitig bis gar nicht mit einer explosionsfähigen Atmosphäre als Gemisch aus Luft, brennbaren Gasen und Dämpfen gerechnet werden. Daher gelten beispielsweise für Gaswarngeräte, die im Ex-Bereich zum Einsatz kommen, auch besondere Maßgaben. Die Europäische Gemeinschaft hat sich mit der Ex-Richtlinie 2014/34/EU (ATEX) eine Basis für verbindliche einheitliche Beschaffungsanforderungen hinsichtlich des Explosionsschutzes von Systemen und Geräten gegeben, die durch EN-Standards umgesetzt sind. Einer Explosionsgefahr darf sich kein Angehöriger der Feuerwehr aussetzen. Er sollte sie also erst Recht nicht fahrlässig in Kauf nehmen.
 

Gefahrenquelle 3 – Toxizität und Kanzerogenität
Eine der weniger bekannten Tatsachen im Zusammenhang mit Lithium-Ionen-Akkus ist, dass bei einem Brand Schwermetallverbindungen freigesetzt werden können, die fatale Folgen für Mensch und Umwelt haben. Bei vielen Modellen enthält die positive Elektrode Verbindungen der Schwermetalle Kobalt, Nickel und Mangan die im Brandfall z.B. über den Luftpfad freigesetzt werden können. „Im Falle des Versagens von Lithium-Ionen-Batterien“, schreibt Diplom-Ingenieur Jürgen Kunkelmann vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in der Kurzfassung seines Forschungsberichtes, „entstehen je nach Zusammensetzung der Batterien weiterhin Fluorwasserstoff und Phosphorsäure sowie kanzerogene Stoffe wie die genannten Schwermetallverbindungen.“

Bereits eine Aufnahme geringer Mengen dieser kanzerogenen Stoffe kann laut Harald Fischer, Fachberater Chemie der Feuerwehren Ludwigsburg und Allmersbach im Tal, beim Menschen zu schweren Vergiftungserscheinungen führen. Als kanzerogen werden Substanzen bezeichnet, die Krebs erzeugen oder die Entstehung von Krebs fördern können.

Hinsichtlich einzelner Komponenten der persönlichen Schutz- oder Arbeitsausrüstung ist dieser Punkt allerdings weitestgehend vernachlässigbar. Die in tragbaren Geräten verwendeten Akkus sind relativ klein, was die Menge der möglicherweise entstehenden Gefahrstoffe minimiert. Zudem stehen die Risiken in keinem Verhältnis zu den möglichen Schäden im Fall einer Explosion oder Überhitzung. Allerdings sollte man sich der Gefahr bewusst sein, wenn es um den Umgang mit Brandrückständen von Akkubränden geht.
 

Fazit

Lithium-Ionen-Akkus bieten viele Vorteile und haben ihre Berechtigung für eine Fülle von Anwendungsfällen. Im Vergleich zu Nickel-Metallhydrid-Zellen (NiMH) sind Lithium-Ionen-Zellen aber noch immer als brisanter einzuschätzen. Wer sich auf die Rettung von Menschleben, die Brandbekämpfung oder auch nur die Arbeit in potentiell gefährlichen Umgebungen konzentrieren soll, darf sich aber keine Gedanken um seine Ausrüstung machen. Er muss ihr blind vertrauen, egal ob es sich um Schutzkleidung, einen Sicherungshaken oder ein Gasmessgerät handelt, was es im Umkehrschluss verbietet, auch nur das geringste Risiko zu tolerieren.

Wenn also das oberste Auswahlkriterium die Sicherheit ist und dafür ein geringerer Energieinhalt bzw. ein höheres Batteriegewicht toleriert werden kann, sollten Hersteller erst gar keine Lithium-Ionen-Akkus in den persönlichen Schutz- und Sicherheitsausrüstungen verwenden und stattdessen lieber auf sichere und bewährte Technologien wie Nickel-Metallhydrid-Akkus setzen.

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