Lärmschutz ist Gesundheitsschutz
Lärmschwerhörigkeit liegt in Deutschland bei den anerkannten Berufskrankheiten mit Abstand an der Spitze. Tendenz steigend. Viele unterschätzen sowohl den kritischen Lärmpegel, als...
Lärmschwerhörigkeit liegt in Deutschland bei den anerkannten Berufskrankheiten mit Abstand an der Spitze. Tendenz steigend. Viele unterschätzen sowohl den kritischen Lärmpegel, als auch die Empfindlichkeit unseres Gehörs. Schon eine geringe Lärmbelastung kann bleibenden Schaden zufügen, wenn sie andauert. Der beste Schutz am Arbeitsplatz: Professioneller Gehörschutz.
Über fünf Millionen Beschäftigte sind täglich bei der Arbeit Lärm ausgesetzt. Als Lärm bezeichnet man grundsätzlich jedes unerwünschte laute Geräusch. Dabei gibt es sehr kurze Geräusche wie Schüsse oder Explosionen – den so genannten Impulslärm. Gefährlich für das menschliche Gehör ist jedoch vor allem kontinuierlicher Lärm, zum Beispiel im Straßenverkehr oder von Maschinen. Dieser schädigt nicht nur dauerhaft das Gehör, sondern sorgt auch für die Freisetzung von Stresshormonen, die wiederum Herz-Kreislauferkrankungen begünstigen können. Laut einer dänischen Studie aus dem Jahr 2012 steigt das Risiko für einen Herzinfarkt in einer um zehn Dezibel lauteren Umgebung um zwölf Prozent. Auch Immunabwehrschwächen oder psychische Leiden lassen sich auf eine permanente Lärmumgebung zurückführen. Was viele Unternehmen nicht wissen: Selbst die Leistungsfähigkeit eines Mitarbeiters wird durch Lärm stark beeinflusst. Die Konzentrationsfähigkeit sinkt und die Fehlerquote steigt.
Das Lärmempfinden der Menschen ist sehr verschieden. Deshalb unterschätzen viele die Auswirkungen von permanentem Lärm. Wer weiß schon, ob Geräusche „nur“ unangenehm sind oder schon die Gesundheit beeinträchtigen? Im Allgemeinen liegt die Schmerzgrenze bei 120 Dezibel. Die schädigende Wirkung des Lärms auf die Hörfähigkeit und den Organismus beginnt jedoch schon weit darunter. In einem Betrieb ist es die Aufgabe des Sicherheitsbeauftragten, die Beschäftigten vor Lärm zu schützen. Denn in der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung steht: Ist ein Arbeitnehmer über eine Dauer von acht Stunden einem Lärmpegel von über 85 dB(A) ausgesetzt, muss das Unternehmen technische, organisatorische beziehungsweise persönliche Maßnahmen zur Lärmminderung ergreifen.
Methoden der Lärmanalyse
Um die genaue Lärmbelastung in einem Betrieb festzustellen, ist eine Lärmanalyse erforderlich. Dazu muss die Lärmumgebung untersucht werden und die folgenden wichtigen Fragen geklärt werden: Wie laut ist es an den einzelnen Arbeitsplätzen? Wie lange sind die Beschäftigten dem Lärm ausgesetzt? Bei welchen Frequenzen liegt der Lärm? Können technische oder organisatorische Maßnahmen zur Lärmvermeidung realisiert werden?
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) in ihrer Regel „Benutzung von Gehörschutz“ von Januar 2015 kurz und prägnant vier verschiedene Methoden zur Ermittlung des richtigen Gehörschutzes auf:
- „Die Oktavband-Methode ist ein genaues, aber sehr aufwändiges Verfahren, das die Kenntnis der einzelnen Oktavband-Schalldruckpegel erfordert. Es sollte angewendet werden, wenn im Einzelfall die Schutzwirkung möglichst genau zu bestimmen ist, z. B. durch Vorgaben im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Überwachung.
- Die HML-Methode ist mit ihren drei für jeden Gehörschützertyp angegebenen Dämmwerten für hohe (H), mittlere (M) und tiefe (L) Frequenzen ein Auswahlverfahren, das die Frequenzabhängigkeit der Schalldämmung ebenfalls berücksichtigt. Als Information über das Geräusch am Arbeitsplatz muss der A- und C-bewertete Schalldruckpegel bekannt sein. Diese Methode ist zu empfehlen, wenn keine Oktavband-Analyse vorliegt und trotzdem im Einzelfall die Schutzwirkung möglichst genau bestimmt werden soll.
- Der HML-Check ist eine Kurzform der HML-Methode und wird in der betrieblichen Praxis am häufigsten angewendet. Er liefert im Allgemeinen ausreichende Ergebnisse, wenn keine zusätzlichen Informationen zur Frequenzzusammensetzung zur Verfügung stehen.
- Die SNR-Methode verwendet einen einzigen Dämmwert (SNR-Wert). Dieser Wert charakterisiert als Einzahlkennwert die Schalldämmung nur grob, da die Frequenzzusammensetzung des Arbeitslärms nicht ausreichend berücksichtigt wird. Bei der Auswahlmethode erhält man den A-bewerteten Restschallpegel am Ohr durch Subtraktion des SNR-Wertes vom C-bewerteten Schallpegel am Arbeitsplatz. Der SNR-Wert liegt durchschnittlich um 3 bis 4 dB über dem M-Wert.“
Die Wahl des richtigen Gehörschutzes
Sobald feststeht, wie hoch die Lärmbelastung und somit die benötigte Schalldämpfung ist, steht die Wahl des richtigen Gehörschutzproduktes an. Hier spielen weitere Faktoren eine Rolle – von der Tragedauer, über die Kompatibilität mit anderer Schutzausrüstung bis hin zu Unternehmens- und Anwenderpräferenzen. Grundsätzlich gilt: Wenn möglich, sollten die Mitarbeiter in die Produktauswahl mit einbezogen werden. So können sie Tragetests durchführen und die ausgewählten Produkte in der Praxis bewerten. Denn nur durch eine hohe Akzeptanz des Schutzes bei den Mitarbeitern, kann eine gute Tragequote erreicht werden.
Generell unterscheidet man zwei verschiedene Gehörschutzvarianten, die je nach Arbeitssituation und -umgebung ihre Vorteile haben:
Gehörschutzstöpsel eignen sich insbesondere für Arbeitsumgebungen mit hohen Temperaturen, bei langer Tragedauer, wechselnder Belegschaft sowie in Kombination mit anderer persönlicher Schutzausrüstung. Die am häufigsten verwendeten Produkte bestehen aus dehnbarem, rückverformendem Polymer bzw. Polyurethan Schaumstoff. Sie bieten hohen Tragekomfort und Schutz für unterschiedliche Dämmwertbereiche. Es gibt Varianten zum einmaligen oder mehrfachen Gebrauch, vorgeformt oder vorzuformen sowie mit Stiel oder Bügel. Die Produkte mit Stiel sind besonders hygienisch und somit gut geeignet für Arbeitsplätze in stark verschmutzter Umgebung. Bügel-Gehörschutzstöpsel sind besonders praktisch, weil unkompliziert auf- und abzusetzen.
Kapselgehörschützer werden in der Regel mit einem Bügel über dem Kopf getragen, daneben gibt es Nacken- und Helmkapseln. Weiche gepolsterte Dichtungsringe sorgen für einen guten Tragekomfort. Vielfältige optionale Kommunikationslösungen ermöglichen zudem eine klare Verständigung sogar bei extremem Lärm – durch Mikrophon-Lautsprecher-Systemen in den Headsets oder auch integrierten Funkgeräten oder Telefonverbindungen.
Kapselgehörschützer eignen sich besonders zum Einsatz bei schmutzigen Arbeitsbedingungen. Sie sind für Menschen mit druckempfindlichem Gehörgang eine Alternative zu Gehörschutzstöpseln und sorgen zudem für den Schutz der Ohren bei niedrigen Temperaturen.
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Ein Beitrag von Wilfried Joswig, Geschäftsführer beim Verband für Sicherheitstechnik VfS.