Lieferzeiten: "Just-in-Time"-Prozesse nicht die Lösung
Michael Zander, Projektmanager bei der H. Zander GmbH, spricht über Produktionsketten des deutschen Mittelstandes im Interview mit GIT SICHERHEIT.
Die Firma Zander ist ein in Aachen ansässiges mittelständisches Unternehmen, das seit vielen Jahren Entwickler und Produzent von zertifizierten, kompakten Sicherheitskomponenten ist.
GIT SICHERHEIT: Inwiefern hat sich die Lieferketten-Thematik bei Ihnen 2020/2021 verschärft?
Michael Zander: Durch die Coronakrise hat sich die ohnehin schon angespannte weltweite Liefersituation verschärft. Durch die Pandemie sind deutliche Lieferverzögerungen gerade aus dem asiatischen Raum eingetreten. Engpässe durch geringen Platz in den Flugzeugen und Containern trugen dazu bei.
Bei welchen Komponenten gibt es momentan die längsten Lieferzeiten?
Michael Zander: Elektronische Bauelemente wie Microchips, aber auch einfachere Elemente wie z. B. Elektrolytkondensatoren zeigen schon seit Beginn 2021 lange Lieferzeiten. Lieferzeiten von neun Monaten und mehr sind keine Seltenheit.
Welche Maßnahmen haben Sie dazu veranlasst, dieser Thematik zuvorzukommen oder entgegenzuwirken?
Michael Zander: Wir haben die in dem Zeitverlauf verschärfte Lage frühzeitig erkannt und schon vor zwei Jahren angefangen unser Beschaffungs- und Produktionssystem zu erweitern.
Was heißt dies konkret?
Michael Zander: Wir haben bewusst mehrere potenzielle Lieferanten aus verschiedenen Regionen in unsere Produktionsplanung miteingeschlossen. Dies ist mit einem höheren Aufwand verbunden, hat sich jedoch bewährt.
Generell sollte vielleicht auch ein wenig langfristiger eingekauft werden. Die klassischen „Just-in-Time“-Prozesse sind in solchen Zeiten generell schwierig umzusetzen.
Zudem sollten technologische Alternativen in Betracht gezogen werden wie zum Beispiel ein Sicherheitsrelais, welches auf schwer zu beschaffende Hauptzukaufteile verzichtet und die sichere Funktion durch den Einsatz andere Komponenten gewährleistet. Sollte es zum Beispiel Beschaffungsprobleme bei unseren Sicherheitsrelais der SR-Reihe geben, so bieten wir unser ultra-kompaktes Minos als technologische Alternative an und umgekehrt.
Die Zusammenarbeit mit Partnern ist generell sehr wichtig. Was benötigt er genau zu welchem Zeitpunkt? Eine vertrauensvolle, intensive Kommunikation ist wichtiger denn je. Auch haben wir als Mittelständler in gewissen Situationen die Möglichkeit, durch langfristige Vereinbarungen besser zu planen und im Idealfall Lagervorhaltung zu betreiben.
Gibt es einen Zusammenschluss oder Verbände, die sich darum kümmern?
Michael Zander: Ein Zusammenschluss von Einkaufsverbänden könnte eine Lösung sein, dies ginge jedoch zu Lasten eines potenziellen, firmenspezifischen Wettbewerbsvorteils.
War es ein Fehler, in den letzten 30 Jahren, die Produktion nach Asien oder andere Teile der Welt zu verlegen? Wenn ja, warum?
Michael Zander: Der Markt für elektronische Komponenten hat sich in erster Linie aufgrund von Preisvorteilen dahin entwickelt. Jedoch sollte man nicht vergessen, dass die Beschaffung von wichtigen Teilen aus Asien oder aus „Billiglohnländern“ europäischen Firmen geholfen hat, auf dem Weltmarkt auch konkurrenzfähig zu sein und zu bleiben. Die Wettbewerbsvorteile bei der Produktion von spezifischen elektrotechnischen Komponenten von Firmen außerhalb Europas können nicht einfach ausgeglichen werden. Wir denken hier zum Beispiel an die Leiterplattenproduktionen in China. Hier haben sich asiatische Firmen etabliert.
Es sollte aber erhebliche Bemühungen unternommen werden, kritische Rohstoffe wie z. B. Magnesium, seltene Erden, etc. innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes zumindest durch Recyclingprozesse selbst zu erzeugen.
Inwiefern können die Konditionen, die uns in Asien ermöglicht wurden, auch in Europa aufrechterhalten werden und müssen sie das überhaupt?
Michael Zander: Werden immer mehr europäische Firmen durch asiatische Firmen aufgrund von Preisvorteilen verdrängt, so birgt dies natürlich die Gefahr von Abhängigkeiten, ist jedoch in einer freien Marktwirtschaft schwer zu ändern. Gleichen sich die Löhne osteuropäischer Hersteller weiter an, so wird die Gefahr von Abhängigkeiten immer größer. Es liegt an uns einen Wettbewerbsvorteil zum Beispiel in erhöhter Qualität und kürzerer Lieferzeiten zu nutzen.
Was würden Sie Käufern raten, die sich bezüglich der Lieferkettenschwierigkeiten unsicher sind?
Michael Zander: Es lohnt sich immer, ins Gespräch zu kommen. Der große Vorteil des Mittelstandes und somit auch der Vorteil der H. Zander GmbH & Co.KG ist die Fähigkeit, ihren Partnern zu helfen, sei es durch Produktalternativen, durch Teillieferungen, Vorverdrahtungen von fertigen Alternativlösungen etc. Hier haben wir doch in den letzten Monaten viele positive Erfahrungen sammeln und in vielen Situationen helfen können.