Lösch-Spray vs. Feuerlöscher: Brandbekämpfung mit Sprühdose
Das Aufkommen von Feuerlösch-Sprays vor einigen Jahren hat eine Debatte befeuert, die durch einen schlechten Start entzündet wurde: Erste Dosen waren mangelhaft und zerplatzten, R...
Das Aufkommen von Feuerlösch-Sprays vor einigen Jahren hat eine Debatte befeuert, die durch einen schlechten Start entzündet wurde: Erste Dosen waren mangelhaft und zerplatzten, Rückrufe waren die Folge. Doch inzwischen gibt es längst stabile und getestete Nachfolger - und die Anerkennung seitens der Fachleute blieb nicht aus.
Auch die "Hessenschau" des HR-Fernsehens vom 4.1.12 berichtete über das Feuerlösch-Spray, das schon im Herbst 2010 beim GIT SICHERHEIT AWARD für Furore sorgte. - Der große GIT SICHERHEIT Report mit Vergleich Lösch-Spray vs. herkömmliche Feuerlöscher: siehe auch Heft 1-2/2012 von GIT SICHERHEIT (ET: 24.1.12).
Die in Frankfurt am Main ansässige Firma Prymos, Hersteller solcher Lösch-Sprays, hat gemeinsam mit Wissenschaftlern die „Micro-Fog-Technologie" (MFT) entwickelt: Dadurch wird das Löschmittel (für Brandklassen A, B und F erhältlich) gebündelt und es entsteht ein effizienter Strahl zum Löschen. Das brennende Material wird unter die relevante Temperatur heruntergekühlt - und es entsteht ein Schaum, der die Sauerstoffzufuhr verhindert. Erhältlich ist es für verschiedene Anwendungsbereiche von Büro bis Küche - mit vier verschiedenen Löschmitteln in den Brandklassen A, B und F.
Überzeugt durch Praxistest
Es ist vor allem die einfache Handhabung, die die Freunde des Löschsprays mit dem GS-Siegel überzeugt. Zu ihnen zählt z. B. Prof. Dr. Reinhard Ries, Direktor der Branddirektion in Frankfurt am Main, wo er unter anderem für den vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz zuständig ist. Nach schlechten Erfahrungen mit älteren Systemen waren er und seine Kollegen vom Feuerwehrverband sowie dem Werksfeuerwehrverband nach diversen Praxistests „fasziniert" von dem Produkt: Es bringe eine nachgewiesene qualifizierte Löschleistung und funktioniere eben wie eine simple Spraydose.
Im Gegensatz zu früheren Systemen, die auch bei der Stiftung Warentest durchgefallen waren, erfüllen die Prymos-Geräte die Anforderungen der auf der europäischen Feuerlöscher-Norm EN 3 basierenden englischen Norm BS 6165:2002. Und die Materialprüfanstalt Dresden (MPA) bescheinigt dem Spray ein maximales Löschvermögen von 5A (das umfasst grob gesagt, Feststoffe von 50 cm Breite, Tiefe und Höhe), von 21 B (21 Liter Flüssigkeit) sowie von 25F (25 Liter Fette). Zuletzt brachte auch eine Befragung des Instituts „Verbrauchertesten Marktforschung" Erfreuliches für die Hersteller - bei Fragen an Verbraucher nach Löschleistung, Handhabbarkeit, aber auch der Reinigungsmöglichkeit von Rückständen nach dem Brand räumte das Spray überall positive Bewertungen ab.
„Eine Riesenchance"
Reinhard Ries sieht die Lösch-Sprays als „Riesenchance", weil sie sich bei den Praxistests der Werksfeuerwehren gerade bei den typischen Bränden bewährt hätten - nämlich bei brennenden Druckern, Papierkörben, Fernsehern, PCs, bei Kabelbränden und bei Fettbränden: Jeweils habe „eine Löscheinheit vollkommen ausgereicht". Ein weiterer Vorteil aus seiner Sicht: Man behält beim Sprühen gut die Übersicht und sieht was man tut. Und die handliche Dose überwindet Berührungsängste, die so mancher hat, wenn es um die großen Feuerlöscher geht. Das hätten auch die Tests gezeigt: Die Probanden machten instinktiv alles richtig.
Der Deutsche Feuerwehrverband bestätigt, dass die Löschsprays von Prymos „eine durchaus hinreichende Löschleistung aufweisen, um Brände im Entstehungsstadium wirksam zu bekämpfen". Löschsprays, die qualifizierte Anforderungen erfüllen, leisteten einen positiven Beitrag im Sinne des Selbstschutzes der Bevölkerung. Die Sprays ersetzten allerdings nicht die handelsüblichen Feuerlöscher, so der Verband. Diese sind auch in der Tat nicht überflüssig, sagt auch der Hersteller - und Reinhard Ries bestätigt: Die Sprays seien aber eine sehr gute Ergänzung - vor allem in Büros oder etwa in Kindergärten - aber auch in größeren Gebäuden.
Von Kita bis Altenheim
Der Brandschutz-Sachverständige Bernhard Tschöpe, Leiter des Brandschutzbüros Berlin und für den Werksfeuerwehrverband im Präsidium der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb), kommt zu einer ähnlich positiven Einschätzung. Den Hauptanwendungsbereich von Löschsprays sieht er „überall dort, wo viele Menschen zusammen kommen, die wenig auf Brandbekämpfung vorbereitet sind, z. B. in Kitas, Krankenhäusern, Altenheimen aber auch in Verwaltungen, im öffentlichen Nahverkehr oder in Restaurants".
Im privaten Umfeld sieht Bernhard Tschöpe im übrigen noch für beide Techniken Handlungsbedarf: Die herkömmlichen Feuerlöscher böten nicht so eine einfache Möglichkeit der Brandbekämpfung wie das Spray, weil die Bedienung der Großen nutzerunfreundlich sei und die Wartungsfristen überzogen seien. Aber auch das Spray müsse beim Thema Wartung noch besser werden: „Wartungsfristen von fünf Jahren sollten kurzfristig machbar sein", hofft Tschöpe. Ganz wichtig sei jedenfalls, dass der Verbraucher unterscheiden könne „zwischen angeblich wirksamen Löschsprays, die aber eher zu einer Gefährdung führen und solchen die tatsächlich löschwirksam sind". Dafür sei die Verwendung des GS-Zeichens ein richtiger Weg.
„Für uns nicht relevant"
Hersteller klassischer Feuerlöscher zeigten und zeigen sich kritisch bis zurückhaltend: „Für uns ist das Thema nicht relevant", meint zum Beispiel Ditmar Götze von der Firma Gloria. Er verweist auf frühere Rückrufe entsprechender Produkte und „auf die Entsorgungsproblematik". Bei Minimax hat man ein differenziertes Bild: Für Laien sei der Umgang mit solchen Produkten, da er Spraydosen aus dem Alltag kenne, „zunächst einfacher als die Aktivierung eines Feuerlöschers", gibt der Hersteller zu. Allerdings, so Christian Breeck, Leiter der Vertriebsorganisation Minimax Mobile Services, „fehlen die größere Löschmittelreserve und die größere Wurfweite eines Feuerlöschers", die eine gefahrlosere Verwendung für den Benutzer bedeuteten. Er sehe den Nutzen eher im privaten Umfeld: „Besser eine Löschspraydose als gar kein Hilfsmittel".
Breeck bemängelt auch eine mangelnde Nachhaltigkeit der Sprays: Die maximale Nutzungsdauer betrage drei Jahre - danach müsse entsorgt werden, da die Löschmittel in der Regel fluorhaltige Tenside enthielten. Die Geräte seien zudem nicht prüfbar und nicht mit einer Druckanzeige ausgestattet. Herkömmliche Feuerlöscher seien dagegen bewährt und hätten eine Lebensdauer von bis zu 25 Jahren - und sie seien nach dem Einsatz wieder befüllbar.
Kein Ersatz - eine Ergänzung
Bei Prymos sieht man die Kritik durchaus gelassen. Es gehe dem Unternehmen auch nicht darum, den konventionellen Feuerlöscher überflüssig zu machen, so Peter Holzamer, Geschäftsführer des Herstellers. Die Wurfweite, argumentiert der Hersteller, betrage mehr als drei Meter - dies sei ausreichend, um einen sicheren Abstand von Entstehungsbränden zu gewährleisten. Brauche man mehr Abstand, um der Hitze des Brandes zu entgehen, sei dies bei Sprays und konventionellen Feuerlöschern gleichermaßen problematisch. Peter Holzamer berichtete zudem, dass nach eigenen Tests das Besprühen des eigenen Körpers sogar eine zumindest kurzzeitige Immunisierung vor Inbrandsetzung habe leisten können.
Der Kritik hinsichtlich der Nachhaltigkeit begegnet Prymos mit dem Hinweis, dass man dafür auf jede Wartung verzichte. Herkömmliche Feuerlöscher seien nur durch regelmäßige zweijährige Wartung über wesentlich längere Zeiträume zu betreiben. Die Dosen seien zudem zu 100% recyclebar und außerdem plane man ein Rücknahmesystem für die Dosen.
Dass sich die etablierte Feuerlöscher-Industrie in der Debatte um die Brauchbarkeit von Löschsprays im Vergleich zu herkömmlichen Feuerlöschern teils sehr ablehnend gezeigt hatte und zeigt, findet Reinhard Ries schade: Es sei gut, dass Bewegung in die Diskussion gekommen sei. Man tue gut daran, die Chance zu nutzen, die die Neuankömmlinge auf dem Feuerlösch-Markt böten und solle gemeinsam nutzergerechte Lösungen entwickeln.
Lösch-Spray von Prymos im vergleichenden Versuch mit Feuerlöschern
Die Arbeitsgemeinschaft betrieblicher Brandschutz Berlin hat zusammen mit dem Bundesverband betrieblicher Brandschutz - Werkfeuerwehrverband Deutschland die Löschwirkung des Sprays von Prymos in einem vergleichenden Versuch mit Feuerlöschern getestet.
Das Ergebnis fasst Bernhard Tschöpe so zusammen: Für die geringe Menge an Löschmittel die die Dose enthält (ca. 580 ml im Vergleich zu 2 Ltr. Feuerlöschern) sei die Löschwirkung erstaunlich gut, etwa gleichrangig.
Noch vorteilhafter sei aber die Handhabung. Nahezu jeder Bürger gehe mit Sprays um. Die Bedienung sei etwa so selbstverständlich wie das Öffnen einer Tür oder eines Wasserhahns. Damit stelle sich demjenigen, der plötzlich von einem Entstehungsbrand überrascht wird nicht die Frage der Bedienung. Er greife einfach zur Dose und die Anwendung sei eine Selbstverständlichkeit.
Im gewerblichen und industriellen Bereich gelten die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung, d. h. es ist eine bestimmte Menge an Löschmitteleinheiten vorzuhalten. Weiter muss es möglich sein, die erforderliche Löschmittelmenge auch dann aufbringen zu können, wenn nur wenig Personal, bzw. wenig eingewiesenes Personal anwesend ist, d. h. ggf. von einer Person. Das lasse sich nur mit herkömmlichen Feuerlöschern umsetzen.
Aber überall dort wo es an regelmäßig unterwiesenem Personal fehle (eine einmalige Unterweisung ist nicht ausreichend) und wo es darauf ankomme, einen Entstehungsbrand sehr schnell zu löschen, da bringe der Einsatz des Löschsprays Vorteile. In den nehme die Zahl der nicht regelmäßig unterwiesenen Personen eher zu als ab - dazu trügen auch die vielen Fremdfirmen, befristete Arbeitsverträge und der Einsatz von Leiharbeitern bei. Nur sporadisch Anwesende würden weniger geschult werden, so dass auch dieser Punkt für eine positive Zukunft von Löschsprays spreche.
Eine ausführliche Darstellung der Versuchsergebnisse findet sich auf der Homepage des wfvd.
(Quelle: Dipl.-Ing. Bernhard Tschöpe, Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für industriellen und gewerblichen Brandschutz (Industrie- und Handelskammer zu Berlin ) - Beratender Ingenieur Baukammer Berlin - Bauvorlagenberechtigter Anlagentechnik)
Der große GIT SICHERHEIT Report mit Vergleich Lösch-Spray vs. herkömmliche Feuerlöscher: siehe auch Heft 1-2/2012 von GIT SICHERHEIT (ET: 24.1.12).
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