Phoenix Contact: Arbeitssicherheit in der betrieblichen Praxis

Zum Thema Arbeitsschutz - in Unternehmen wie aus Gesetzessicht. Ein Beitrag von Henrik Vandieken, Phoenix Contact Deutchland.

Diskussion zur Lösungsfindung. Bild: Phoenix Contact
Diskussion zur Lösungsfindung. Bild: Phoenix Contact

Das Thema Arbeitsschutz betrifft alle Beschäftigten. Um Gefahren von den Arbeitnehmern abzuwenden, wurde unter anderem das Arbeitsschutzgesetz erlassen, das nicht allein auf die Absicherung eines Mindeststandards abzielt, sondern ebenfalls auf seine Verbesserung. Doch der Arbeitsschutz, der in den Unternehmen praktiziert wird, sollte nicht nur aus Gesetzessicht betrachtet werden. Ein Beitrag von Henrik Vandieken, B.SC, Competence Center Services, Phoenix Contact Deutschland.

Eine Facette des Arbeitsschutzes, der aktuell und in Zukunft eine stetig größere Bedeutung zukommt, ist die Sicherheitskultur. In der Praxis nimmt das Team des Competence Center Services bei Phoenix Contact einen derartigen Wandel immer häufiger wahr. In diesem Zusammenhang werden interessante Geschäftsmodelle am Markt angeboten, die eine solche Veränderung fördern.

Wie ein echter Wandel nach einem Arbeitsunfall aussehen kann, zeigt ein Beispiel aus unserer Praxis: Nach einem Unglück wurde einem Mitarbeiter ein Teil des Fingers amputiert. Als direkte Reaktion darauf hat das Management des Unternehmens unverzüglich mit vielen Mitarbeitenden diskutiert und anschließend weitreichend gehandelt. Offene Gefahrenstellen sind beispielsweise innerhalb weniger Tage abgesichert worden. Eine solche Verhaltensänderung verdient großen Respekt, denn das Management und die Führungskräfte haben veraltete Denk- und Arbeitsweisen in Frage gestellt und ihren Fokus in puncto Arbeitssicherheit neu ausgerichtet.

Der eine oder andere Lesende mag sich jetzt fragen, wie man das beschriebene Vorgehen loben kann. Im Vorfeld des Unfalls scheinen einige Arbeitsschutzpflichten nicht erfüllt worden zu sein. Auf den ersten Blick kann das stimmen. Das Team des Competence Center Services vertritt jedoch den Ansatz, das Heute und Morgen zu betrachten und nicht auf dem Gestern herumzureiten. Warum sollte schließlich ein Unternehmen an den Pranger gestellt werden, das sich aktuell sehr präventiv verhält und beabsichtigt, auch die letzten Mängel zu beseitigen?

Doch wie ist das Ausmärzen in einem großen Unternehmen möglich? Zunächst müssen sich die Verantwortlichen einen Überblick verschaffen. Im ersten Schritt sollte eine Ersteinschätzung erfolgen. Auf Basis des derzeit vorgefundenen Stands sind dann Prioritäten festzulegen, aus denen sich eine Strategie ergibt. Nachfolgend werden Sicherheitskonzepte erstellt, wobei Unternehmen des Sondermaschinenbaus die Umbauten in Zusammenarbeit mit Sicherheitsexperten realisieren. Um das Maßnahmenpaket abzurunden, gerät die Sicherheitskultur ebenso in den Blick, an der die Fachkräfte für Arbeitssicherheit einen wesentlichen Anteil haben.  

Beschäftigungsmodelle einer Fachkraft für Arbeitssicherheit
Verantwortlich für die Arbeitssicherheit ist in erster Linie der Unternehmer. Laut §5 des Arbeitssicherheitsgesetzes muss er die Fachkräfte für Arbeitssicherheit schriftlich bestellen und ihnen gemäß §6 des Gesetzes entsprechende Aufgaben übertragen. Hier stellt sich die Frage, ob die Fachkraft für Arbeitssicherheit im eigenen Unternehmen angestellt sein muss. Darauf gibt es verschiedene Antworten:

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, eine eigene Fachkraft zu beschäftigen. In diesem Zusammenhang sind die Einsatzzeiten für die Grund- und betriebsspezifische Betreuung zu berücksichtigen. Als weitere Option könnte eine überbetriebliche Betreuungsform gewählt werden. Wer hat schon einmal vom Unternehmermodell gehört? Dieser alternative Betreuungsansatz kommt in Abhängigkeit von der Beschäftigtenzahl ebenfalls in Betracht.

Ist das Anstellungsverhältnis geklärt, muss anschließend definiert werden, welche Aufgaben die Fachkraft für Arbeitssicherheit hat. Viele Beschäftigte vermuten wahrscheinlich spontan, dass die Erstellung und Pflege der Gefährdungsbeurteilung zum Tätigkeitsbereich zählen. Als richtig erweist sich, dass die Fachkraft eine beratende Funktion übernimmt. Sie unterstützt das Management also bei der Umsetzung der Arbeitssicherheit im Unternehmen. Natürlich geht es dabei auch um die Begleitung bei der Erarbeitung der Gefährdungsbeurteilung. Außerdem steht im Fokus, wie die Arbeit sicher gestaltet werden kann und welche Regelungen darüber hinaus gelten. Ein wichtiges Thema kommt der Beschaffung von Arbeitsmitteln zu, dem aus der Erfahrung ein eigenes Kapitel gewidmet wird.

Bereitstellung von Arbeitsmitteln
Welche Erfahrungen haben die Verantwortlichen nun mit dem Erwerb der Arbeitsmittel gemacht? In der Betriebssicherheitsverordnung ist aufgeführt, dass lediglich Arbeitsmittel bereitgestellt werden dürfen, die den Gemeinschaftsrichtlinien entsprechen. Zu diesen gehört zum Beispiel die Maschinenrichtlinie.

Hier muss Folgendes unbedingt klargestellt werden: In der Praxis gibt es leider zahlreiche Produkte, die nicht richtig in Verkehr gebracht und dann ebenfalls nicht korrekt in Betrieb genommen wurden. Beispielsweise darf eine unvollständige Maschine so lange nicht in Betrieb genommen werden, bis eine Bestätigung hinsichtlich der Übereinstimmung mit der Maschinenrichtlinie und den weiteren relevanten Richtlinien vorliegt. Dies bedeutet ebenso, dass eine CE-Kennzeichnung aufgebracht werden muss.

Das geschilderte Szenario kann auch beim Zusammenstellen von Maschinen zutreffen. Ergibt sich eine Gesamtheit von Maschinen, sind hierfür ebenfalls mindestens eine Risikobeurteilung und der zugehörige Konformitätsprozess zu erstellen. Die Verantwortlichen sollten ferner aufmerksam werden, wenn Schaltschränke als unvollständig in Verkehr gebracht werden. Beim Umbau könnte es nämlich dazu kommen, dass der Betreiber zum Hersteller wird. In diesem Zusammenhang wird der Begriff der „wesentlichen Veränderung“ verwendet.

Prüfung von und Messungen an Arbeitsmitteln
Abgerundet wird das Thema Arbeitssicherheit durch die entsprechenden Prüfungen. Die Betreiber von Maschinen und Anlagen wissen zumeist, dass sie regelmäßige Prüfungen und Messungen durchführen müssen.

Am bekanntesten ist sicher die Prüfung gemäß DGUV-Vorschrift 3 für elektrische Anlagen und Betriebsmittel. Sollen Umgebungen und Arbeitsbedingungen so gestaltet werden, dass die Gesundheit der Mitarbeitenden nicht negativ beeinflusst wird, gehen die Prüfungen weit über diese Vorschrift hinaus.

Wie sieht jetzt das Vorgehen in der Praxis aus? Bevor der Arbeitgeber das Arbeitsmittel zur Verfügung stellt, ist eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. Einen Bestandteil dieser Beurteilung bildet die Definition der erforderlichen Prüfungen sowie der Intervalle, in welchen Wiederholungsprüfungen stattfinden müssen. Zudem wird evaluiert, welche Gefährdungen von einem Arbeitsmittel ausgehen und wie sich diese mindern lassen. Letztendlich kann es jedoch Gefährdungen geben, die im ersten Schritt nachzumessen und abzuwägen sind, um die Notwendigkeit von Maßnahmen zu ermitteln.

Als Beispiel sei das Thema Lärm angeführt. Der Maschinenhersteller gibt in seiner Dokumentation bereits an, welche Geräuschemissionen aus seinem Produkt resultieren. Er kann allerdings nicht bewerten, wie sich diese in der Arbeitsstätte des Arbeitgebers verhalten und ob Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt werden müssen.

Ziel einer Vision Zero
Sind im Artikel nun alle Aspekte der Arbeitssicherheit behandelt worden? Ehrlich gesagt: nein. Es kommen weitere Themen auf, die den Umfang des Beitrags sprengen würden. Jedem Thema müsste vielmehr ein eigener Text gewidmet werden.

Als besonders spannend erscheint der Ansatz, das Thema Arbeitssicherheit langfristig im Rahmen eines Betriebssicherheits-Managements zu betrachten. Handelt es sich dabei um eine neues Managementthema? Schließlich geht es um eine tendenzielle Entwicklung, Sicherheitsthemen aufzunehmen und die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass das Unternehmen resilienter wird. Die Belastbarkeit bezieht sich auf die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten sowie die Bestrebungen, dass jeder Mitarbeitende gesund zur Arbeit erscheint und am Ende des Tages auch wieder nach Hause kommt.

Anzumerken ist darüber hinaus, dass Arbeitsschutz kein nerviges Thema sein darf, denn er schützt die Gesundheit der gesamten Gesellschaft. Deshalb stellt der Arbeitsschutz ein persönliches Anliegen des Teams im Competence Center Services dar. Ziel kann hier nur eine Vision Zero sein.

Fachbuch zu Betreiberpflichten für Alt- und Gebraucht­maschinen. Bild:...
Fachbuch zu Betreiberpflichten für Alt- und Gebraucht­maschinen. Bild: Phoenix Contact

Maschineninspektion durch Spezialisten

Damit Maschinen sicher betrieben werden können, empfiehlt es sich, ergänzend zur Gefährdungsbeurteilung eine Maschineninspektion durchzuführen. Im Rahmen einer solchen Inspektion werden die Umsetzung der Sicherheitsfunktionen, der Stand der Technik der Schutzeinrichtungen sowie deren korrekte Installation inklusive der Sicherheitsabstände überprüft. Ferner erfolgt eine Kontrolle der elektrischen, pneumatischen, hydraulischen und weiteren Ausrüstung.

Einen zusätzlichen Bestandteil der Maschineninspektion bilden die in der Gefährdungsbeurteilung ermittelten und zu realisierenden Messungen. Aus dem Gesamtergebnis lässt sich ableiten, welche Maschinen mit welcher Priorität bearbeitet werden müssen, welche Maßnahmen erforderlich sind und mit welchen Kosten kalkuliert werden muss. Das Team des Competence Center Services unterstützt gerne bei der konkreten Umsetzung der detektierten und festgelegten Schritte. Als weiterführende Lektüre bietet sich das Buch „Betreiberpflichten für Alt- und Gebrauchtmaschinen“ aus dem Reguvis Verlag
(ISBN 978-3-8462-1017-8) an.

Autor Henrik Vandieken, B.SC, Competence Center Services, Phoenix Contact...
Autor Henrik Vandieken, B.SC, Competence Center Services, Phoenix Contact Deutschland. Bild Phoenix Contact

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