Sensorik macht Luftfrachtbereiche sicher
Dieses Datum haben die meisten Unternehmen in Deutschland wohl doch lange unterschätzt: Wer seine Waren als Luftfracht verschicken will, hat seit dem 29. April 2013 nur noch zwei M...
Dieses Datum haben die meisten Unternehmen in Deutschland wohl doch lange unterschätzt: Wer seine Waren als Luftfracht verschicken will, hat seit dem 29. April 2013 nur noch zwei Möglichkeiten, dies zu tun - denn ab dem Zeitpunkt, an dem eine Sendung als Luftfracht identifiziert ist, muss sie absolut sicher gegen unbefugte Zugriffe gemacht werden.
Um dies zu gewährleisten, muss der Hersteller von Produkten entweder vom Braunschweiger Luftfahrtbundesamt (LBA) als „behördlich anerkannter bekannter Versender" zertifiziert sein und diese Ware darf auf dem Weg ins Flugzeug nur noch durch die Hände von Firmen gehen, die ihrerseits den Status von „reglementierten Beauftragten" haben. Oder die Luftfrachtsendung muss von einem dafür geeigneten externen Dienstleister gesondert geprüft, geröntgt und freigegeben werden, bevor sie in das Flugzeug verladen wird. Dadurch entsteht für den Versender allerdings neben erhöhten Frachtkosten das Risiko von Lieferverzögerungen. Wartezeiten von mehreren Tagen könnten die Folge sein.
Weiteres Problem: Auch in der Vergangenheit gab es bereits den bekannten Versender - er musste nur nicht das strenge Zertifizierungsverfahren des LBA durchlaufen. Mit Stichtag 29. April gilt dieser alte Status nicht mehr, jedes Unternehmen muss sich zunächst für fünf Jahre wieder neu validieren lassen.
Nur wenige Unternehmen bislang als bekannte Versender registriert
Unter einer sicheren Lieferkette versteht das LBA alle Akteure und Maßnahmen, die mit dem Versand von Luftfracht unter Einhaltung der gesetzlichen Sicherheitsanforderungen in Verbindung stehen. Hintergrund sind die politischen Bemühungen der USA, gemeinsam mit der EU eine Art Freihandelszone zu errichten, die mit den aufstrebenden Wirtschaftsregionen vor allem in Asien konkurrieren kann. Letztlich dürfen Luftfahrtunternehmen ihre Luftfahrzeuge also nur dann mit Fracht beladen, wenn diese als absolut sicher eingestuft wurde. Ganz entscheidend dabei ist auch die Kontrolle der Schnittstellen, denn die sichere Lieferkette darf bis zur Verladung bei der Fluggesellschaft nicht mehr gebrochen werden.
Es ist deshalb schon einigermaßen erstaunlich, dass bislang erst die wenigsten Unternehmen in Deutschland beim LBA, aber auch in anderen europäischen Ländern, überhaupt die Zertifizierung zum bekannten Versender beantragt haben. Mitte Februar 2013 sind lediglich etwas mehr als 1.000 behördliche Zulassungen erteilt worden - Branchenexperten gehen jedoch davon aus, dass bis zu 16.000 Unternehmen den Status des bekannten Versenders aufgrund ihrer internationalen Transportströme beantragen müssten. Und weil das Antragsverfahren relativ aufwändig ist, können auch längst nicht mehr alle interessierten Unternehmen kurzfristig vom LBA geprüft und zugelassen werden. Denn mindestens vier bis acht Wochen dauert die Zertifizierung für mittelständische Firmen.
Anfang Februar haben die EU und das LBA die Regelungen sogar noch einmal vereinfacht. Das meldet das Fachmagazin „Verkehrsrundschau" unter Berufung auf Frank Beyer, als Referent am LBA zuständig für Fragen zur Luftsicherheit. Demnach können ab sofort Unternehmen an einem Standort sowohl die Zulassung als bekannter Versender als auch als reglementierter Beauftragter erwirken. Damit wolle man vor allem Hersteller-Unternehmen entgegenkommen, die sowohl selbst Teile produzieren als auch Logistikdienstleistungen für andere Firmen organisieren. Grundvoraussetzungen für das Konstrukt sei: die Unternehmen müssten beim LBA jeweils eine Zulassung zum bekannten Versender und zum reglementierten Beauftragen beantragen. Zudem benötige das Unternehmen laut VR für jeden Bereich jeweils einen eigenen Luftsicherheits-Beauftragten. Vorteil dieser neuen Regelung: Das Personal im Lager- und Kommissionier-Bereich könne für beide Bereiche arbeiten - wenngleich unter der Kontrolle des jeweiligen Luftsicherheits-Beauftragten.
Logistikbereiche müssen sicher gemacht werden
Der bekannte Versender gewährleistet eigenverantwortlich, dass die identifizierbare Luftfracht beziehungsweise Luftpost an seinem Betriebsstandort oder auf seinem Betriebsgelände ausreichend vor unbefugtem Zugriff und Manipulationen geschützt wird. Somit muss die identifizierte Luftfracht des bekannten Versenders keiner erneuten Sicherheitskontrolle unterzogen werden, sondern kann an jedes Unternehmen, welches den Status als reglementierten Beauftragten besitzt, sofort ‚sicher‘ übergeben werden.
Als eines der wenigen Unternehmen hat sich der Waldkircher Sensorikhersteller Sick an bislang vier seiner Standorte zum bekannten Versender zertifizieren lassen. „Da wir den Hauptteil der Sendungen an unsere weltweiten Kunden via Luftfracht verschicken, ist eine hohe Liefertreue und Lieferfähigkeit für uns absolut unverzichtbar", sagt Sick-Logistikleiter Thomas Henkel. „Deshalb muss die Logistik für unsere Luftfrachtsendungen auch ein absolut sicherer Bereich sein." Denn immerhin rund 1.000 Tonnen jährlich beträgt bei Sick das abgehende Luftfrachtaufkommen. Darüber hinaus spielen zum Beispiel aber auch die Sicherheit der technischen Anlagen sowie der Schutz vor Manipulation des eingesetzten Verpackungsmaterials eine wichtige Rolle.
Sensorikhersteller Sick nutzt eigene Technik zur Zertifizierung
Ein ganz zentraler Baustein für die Zertifizierung zum bekannten Versender bei Sick war die Nutzung eigener Sensoriklösungen zur Sicherung der firmeneigenen Luftfrachtbereiche. Der Sensorikhersteller hat hierfür die Sicherheitsaspekte direkt in die logistischen Prozessabläufe integriert. So setzt das Unternehmen zum Beispiel sein Zutrittskontroll-System LAC Prime (Logistic Access Control) oder das Laserscanner-Messsystem LMC (Laser Measurement Certified) ein. Bei LAC Prime handelt es sich um eine einsatzfertige Komplettlösung aus Laserdetektionstechnik, RFID und integrierter Software. Die Sensorik ist in der Lage, Personen und Fahrzeuge in der Bewegung, das heißt unter Beibehaltung des Materialflusses, zu erfassen und sie mit Hilfe von kodierten Transponder-Ausweisen zu identifizieren.
„Grundlage ist die passive oder auch semi-passive Transpondertechnik im UHF-Bereich (Ultra High Frequency)", erklärt Matthias Mezger, Leiter strategisches und technisches Industriemanagement Gebäudeautomation bei Sick. „Vorteil der UHF-Technik dabei ist, dass unsere Mitarbeiter in den sicherheitsrelevanten Bereichen die Transponder in einer Karte direkt am Körper tragen können und diese auch über größere Distanzen von der Leseeinheit erkannt werden." Der Mitarbeiter muss beispielsweise nicht von seinem Gabelstapler steigen und die Karte mit dem Chip an ein Lesegerät halten. „So werden unsere internen Prozessabläufe nicht gestört oder verlangsamt", sagt Mezger. „Darüber hinaus werden Unberechtigte sicher erkannt und am unbemerkten Zugang in einen anderen Bereich gehindert." Mit Hilfe intelligenter Filteralgorithmen und Plausibilitätsfunktionen bietet das LAC Prime zudem ein Höchstmaß an Manipulationssicherheit. Unterstützend kommt weltweit das erste und einzige zertifizierte Laserdetektionssystem, das LMC12x nach VdS zum Einsatz - ein speziell für Einbruchmeldeanlagen abgestimmtes Detektionssystem, das einen erhöhten Schutz gegen Überwindungsversuche im ‚scharfen‘ oder ‚unscharfen‘ Zustand bietet, zum Beispiel durch einen integrierten Sabotageschutz.
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