Sprachalarmierung: Das elektroakustische Durchsagesystem Variodyn D1
Das Sprachalarmierungssystem Variodyn D1 der Traditionsmarke Esser hat den ersten Platz beim GIT SICHERHEIT AWARD 2011 gewonnen. Das frei skalierbare und vernetzbare System bietet ...
Das Sprachalarmierungssystem Variodyn D1 der Traditionsmarke Esser hat den ersten Platz beim GIT SICHERHEIT AWARD 2011 gewonnen. Das frei skalierbare und vernetzbare System bietet mehr als 50 digitale Audiokanäle, über die prioritätsgesteuert Feuerwehrdurchsagen, Sprachmeldungen, Hintergrundmusik usw. übertragen werden können. Es kann auf bis zu 6.000 Lautsprecherzonen ausgebaut werden. Seit dem Produktstart 2004 sind eine Vielzahl von Funktionen hinzugekommen. Matthias Erler von GIT-SICHERHEIT.de sprach darüber mit Peter Bock, Produktmanager für Honeywell Life Safety Austria.
GIT-SICHERHEIT.de: Herr Bock, es hat ja in jüngerer Zeit Änderungen gegeben bei technischen Normen, die relevant sind für Brand-, Einbruchs- und Überfallschutzsysteme - und auch für Sprachalarmanlagen. Was hat sich im Zusammenhang mit den Sprachalarmsystemen für Planer und Errichter geändert?
Peter Bock: Es hat in der Tat einige Änderungen gegeben, auch für Österreich: Für den Bereich rund um zu zertifizierende Projektanten, Elektroinstallateure, Inbetriebnehmer und Instandhalter von elektroakustischen Notfallsystemen wurden mit der ÖNORM F 3074 die jeweiligen Anforderungen festgelegt. Das dafür notwendige Wissen kann bei Schulungen in unserem Haus - je nach Anforderung - erworben werden. Elektroakustische Notfallsysteme ENS - ja, so werden die Sprachalarmanlagen in Österreich genannt - haben insgesamt eine neue Dimension durch Unterstützung der qualitativen Information von Personen und der daraus resultierenden Anhebung der Sicherheit eingeleitet.
Ihr neues System Variodyn D1 ist entsprechend zertifiziert?
Peter Bock: Mit unserem Produkt können Sie sicher sein, ein zu 100 % normkonformes Produkt einzusetzen und dabei auch noch den aktuellen Stand der Technologie zu nutzen. Es hat die Systemprüfung ENS gemäß ÖNORM F 3012 durch die Prüfstelle für Brandschutztechnik positiv absolviert. Im besonderen Blickpunkt dieses Tests stand das Zusammenspiel der Elektroakustischen Notfallzentrale (ENZ) mit der Brandmelderzentrale (BMZ) sowie der Feuerwehrsprechstelle (FWS). Mit Bravour wurden sämtliche, teils sehr komplexe Abläufe zwischen ENZ/BMZ/FWS demonstriert. Unabhängig davon hat Variodyn D1 eine VdS-Anerkennung (G 210122) erhalten.
Sie sprachen gerade von einer Anhebung der Sicherheit durch die aktuellen Normen. Wie wird diese erreicht?
Peter Bock: Es ist durch Studien nachgewiesen, dass unter anderem die Reaktionszeit durch Sprachinformationen beträchtlich verringert werden kann. Auch wird durch die gezielte Anweisung mittels Sprache und mögliche Fluchtweglenkung der Mensch rascher aus einer Gefahrenzone gebracht. Damit ist die Effizienz durch Sprachalarmierung deutlich höher bzw. die Räumungszeiten sind wesentlich kürzer. Gerade im öffentlichen Bereich, also dort wo Personen nicht mit den Gegebenheiten eines Gebäudes vertraut sind, eignen sich gezielte Sprachinformationen für eine effiziente bzw. geordnete Räumung wie z. B. in Bahnhöfen, Flughäfen, Einkaufscentern, Stadien, Hotels, etc.
Herr Bock, wo haben eigentlich im letzten Jahrzehnt die wesentlichen technischen Weiterentwicklungen stattgefunden?
Peter Bock: Zum Einen hat der signifikante Preisverfall von Analog/Digital-Wandlern sowie von digitalen Signalprozessoren (DSP) definitiv den Wechsel von analoger Audioverarbeitung/Switching auf digitale Audioverarbeitung/Routing begünstigt. Zum anderen bietet die digitale Datenwelt schier unglaubliche Möglichkeiten zur Verteilung/Vernetzung von Information - hier in unserem Fall also Audio-/Steuerdaten. Beides wurde in Variodyn D1 perfekt umgesetzt und so zum Vorteil der Kunden zur Verfügung gestellt.
Wo sind hier aus Ihrer Sicht zukünftig noch weitere Entwicklungen zu erwarten?
Peter Bock: Ich sehe hier vor allem die Integration mehrerer Gewerke, wobei sich das meiner Meinung nach nicht unbedingt auf der physikalischen Produktebene abspielt, als viel mehr auf der Schnittstellenebene und im Besonderen auf der Interface-Ebene zum eigentlichen Bediener. Diesen interessiert eigentlich gar nicht, welches Gewerk für welche Information zuständig ist - er will viel mehr wissen: was passiert gerade in meinem Objekt, was wird automatisch abgehandelt, welche manuellen Eingriffsmöglichkeiten sind gerade jetzt möglich und notwendig.
Unsere Leser haben ja Ihr Sprachalarmsystem vor kurzem auf den ersten Rang beim GIT SICHERHEIT Award gewählt - dazu noch einmal herzlichen Glückwunsch. Es ist ja schon eine ganze Weile auf dem Markt?
Peter Bock: Die Sprachalarmanlage (SAA) Variodyn D1 wurde zum ersten Mal auf der Prolight + Sound 2004 in Frankfurt der breiten Öffentlichkeit vorgestellt und ist seit dem erhältlich. Natürlich war damals noch nicht der heutige Funktionsumfang verfügbar - dieser wurde aber sehr rasch, nach dem Bedürfnis der Kunden erweitert. Das System setzte damals Standards im SAA Bereich, wie z. B. die „Dezentralisierung" des Steuerkerns. Eine SAA hat also nicht mehr einen „Systemcontroller" sondern, je nach Projektanforderung, viele dezentral agierenden Steuerkerne, welche wiederum als Ganzes die volle Projektfunktionalität abbilden. Die digitale Vernetzung von Audio-/Steuerdaten durch Ethernet, die patentierte Art der Lautsprecher-Leitungsüberwachung, und weitere typische Variodyn D1-Funktionen wie die automatische Lautstärkeregelung in Echtzeit, dynamische Havarieumschaltung, etc., kommen dazu. Besonders freut mich übrigens, dass unsere neue Ringleitungstechnik für Sprachalarmierungsanlagen bereits für den GIT SICHERHEIT AWARD 2012 nominiert wurde.
Für welche Volumina und für welche Anwendungen ist das System konzipiert?
Peter Bock: Es war ursprünglich vorrangig auf anspruchsvolle, größere Projekte konzipiert. Dafür sprechen die umfangreichen Vernetzungsmöglichkeiten sowie der Einsatz leistungsstarker Verstärker mit projektspezifischer Konfiguration der Leistung auf je zwei oder je sechs Lautsprecherkreise pro Verstärkerkanal. Variodyn D1 wird aber zunehmend auch immer mehr im kleinen Projektsektor, also etwa in Hotels und Schulen eingesetzt. Dafür spricht unter anderem die geplante Portfolioerweiterung in 2012 mit neuen, hocheffizienten Klasse D Vier-Kanalverstärkern im unteren Leistungssegment.
Neben der EN 54-16 hat es auch als erstes System seiner Art eine VdS-Zulassung erhalten, Sie erwähnten es vorhin. Es erfüllt sogar mehr als die Norm verlangt - inwiefern?
Peter Bock: Ich nehme an, Sie meinen die VdS-Zulassung als kombiniertes Beschallungs- und Evakuierungssystem - das ist für mich zwar erfreulich, aber eigentlich gar nicht so relevant. Ich möchte das mit der Zulassung eines Autotypen in einem Verkaufsgebiet vergleichen. Klar, ohne Zulassung ist der Vertrieb des Autos nicht möglich und damit elementar, aber bei einem Auto zählen vor allem auch die typischen Merkmale wie Funktionalität, kontinuierliche Stabilität der technischen Daten sowie der Fertigungsqualität, Nähe zu Werkstätten mit Wartung, Image, Preis. Ich denke, dass die geschätzten Leser ihrer Zeitschrift, welche mit Variodyn D1 bereits Bekanntschaft gemacht haben, auch diese Punkte bei unserem Produkt gefunden haben.
Herr Bock, geben Sie uns bitte einmal einen Überblick zu den einzelnen Komponenten von MSU bis VCM?
Peter Bock: Details würden hier sicher den Rahmen sprengen - aber ich möchte zumindest betonen, dass bei der Entwicklung größte Aufmerksamkeit gewidmet wurde, mit möglichst wenig Baugruppen den vollen Umfang einer Beschallungs- und Evakuierungsanlage zu gewährleisten. Das ermöglicht einfachere Planung, Installation, Konfiguration, Inbetriebnahme und Wartung. Wir unterscheiden also tatsächlich nur zwischen wenigen Komponenten wie DOM, SCU, UIM, VCM, MSU, Verstärker, Sprechstellen (Standardtypen mit Schwanenhalsmikrofon, Sprechstellen mit Handmikrofon oder der Feuerwehrsprechstelle nach der ÖNORM F 3033) und der Notstromversorgung.
Hinsichtlich der Anbindung an die Esser-Brandmeldesysteme haben Sie besonderen Wert auf eine sichere Verknüpfung gelegt. Und Sie haben eine Ringbustechnik für Ihr Sprachalarmierungssystem entwickelt?
Peter Bock: Da sprechen Sie verschiedene Aspekte an. Zu einem können die Esser-Brandmeldesysteme FlexES control oder IQ8Control einfach oder redundant über Datenprotokoll an die Sprachalarmanlage angeschlossen werden. Zum anderen können „dezentrale" Bereiche der Sprachalarmanlage über einen Glasfaserring miteinander vernetzt werden. Und zu guter letzt werden, optional je nach Projektbedarf, auch die einzelnen Lautsprecher über einen Ring an die Zentrale angeschlossen. Der Vorteil der Ringbustechnik ist ja eigentlich im Falle einer Unterbrechung immer einen zweiten Weg zur optimalen Verfügbarkeit bereit zu stellen.
Das System arbeitet auch sehr ökonomisch und energieeffizient - was bedeutet das in Zahlen und was sind hier die Vergleichsgrößen?
Peter Bock: Eigentlich „verbraten" gerade die Verstärker im ungünstigsten Fall bis zu 50 % unnötiger Leistung. Also um z. B. 1.000 W Nutzleistung aus einem typischen Klasse AB Verstärker mit ca. 50 % Wirkungsgrad entnehmen zu können, müssen dafür bis zu 2.000 W Leistung hinzugeführt werden. Da summiert sich bei größeren Projekten schnell mal eine hohe Verlustleistung in Form von Wärmeabgabe. Verwendet man dafür einen typischen Klasse D Verstärker mit ca. 82 % Wirkungsgrad, schaut die Energiezufuhr mit gerade mal 1.200 W Leistung wesentlich besser aus. Bei typischen Beschallungsanforderungen empfiehlt sich, den Stromsparmodus zu verwenden. Dieser schaltet Verstärker automatisch bei Nichtgebrauch aus und aktiviert sie gezielt für etwaige Durchsagen. Damit lässt sich der Energiebedarf drastisch senken.
Welche weiteren Aspekte waren Ihnen bei der Entwicklung des Systems wichtig?
Peter Bock: Fortwährend und mit hoher Aufmerksamkeit hören wir auf die Wünsche unserer Kunden. Das hat bei Honeywell generell bei der Entwicklung von Produkten einen hohen Stellenwert und sichert so einen effizienten Einsatz der Entwicklungsabteilungen und deren Ressourcen. Darüber hinaus sind wir bestrebt, durch innovative, mutige Produktentwicklungen immer wieder neue Trends am Markt zu setzen und somit stets dem Mitbewerb ein Stück voraus zu sein.
Herr Bock, herzlichen Dank für das Gespräch!