Videoanalyse und ihre Anwendungsvielfalt

Automatisierte Videoanalyse ist ein sinnvoller Baustein jedes Videosicherheitssystems. Die Anwendungsfälle sind vielfältig. Ein Beitrag von Katharina Geutebrück. 

Video-Content-Analysen von Geutebrück. © Geutebrück
Video-Content-Analysen von Geutebrück. © Geutebrück

Automatisierte Videoanalyse ist heute selbstverständlicher Bestandteil jedes professionellen Videosicherheitssystems. Dabei sind die Anwendungsfälle so vielfältig wie die Anwender und deren Anforderungen. Klassische Algorithmen wurden in den letzten Jahren durch Verfahren ergänzt, die künstliche Intelligenz (KI) nutzen. Dies hat die Anwendungsvielfalt massiv erweitert. Ein Beitrag von Katharina Geutebrück. 

Die klassischen Algorithmen basieren meist auf der Analyse von Kontrastveränderungen. Aufgrund recht einfacher mathematischer Operationen nimmt dies wenig Rechenkapazität in Anspruch. Verfahren auf Basis von Künstlicher Intelligenz werden trainiert, Objekte in Bildern zu identifizieren, also zu erkennen, um was genau es sich handelt. Das Training, Machine oder Deep Learning, erfolgt dabei auf zehntausenden von Bildern der relevanten Objekte und bestimmt so, was genau das resultierende neuronale Netzwerk erkennt. 

Anders als der oft genutzte Begriff „selbstlernend“ suggeriert, findet dieser Vorgang nicht automatisch und kontinuierlich während der Nutzung durch den Anwender statt, sondern erfolgt üblicherweise beim Hersteller. KI-Videoanalysen bieten für ihren jeweiligen Einsatzzweck eine sehr hohe Detektionsgenauigkeit, benötigen allerdings deutlich mehr Rechenkapazität als die klassischen Verfahren. Eines haben alle Analysen gemeinsam: Sie sollen entlasten und unterstützen. Nachfolgend eine kleine Auswahl an möglichen Anwendungsfällen.


Für Administratoren: Systemverfügbarkeit und Wartung

Bereits langjährig im Einsatz sind Verfahren, die automatisiert prüfen, ob Kameras noch brauchbare Bild liefern. Automatisiert werden in regelmäßigen Abständen Fokus und Blickwinkel geprüft. Bei unscharfen Bildern oder dauerhafter Veränderung des Blickwinkels von Fixkameras generiert das System einen Alarm, der dem Bediener oder Administrator des Systems gemeldet wird. Das erhöht die Verfügbarkeit des Gesamtsystems und vereinfacht die Wartung.


Für Bediener: Die Bandbreite ist quasi unbegrenzt

Den Bediener in Echtzeit zu unterstützen, indem seine Aufmerksamkeit auf kritische Situationen gelenkt wird, um diese schnell einzuschätzen, ist das klassische Anwendungsszenario der Videoanalyse. Insbesondere im Perimeterschutz mit sogenannten „sterilen Zonen“, also im Inneren von eingezäunten Grundstücken, in nachts geschlossenen Gebäuden, auf Mauerkronen usw. detektieren diese Systeme unerwartete Bewegungen und generieren nach automatisierter Analyse Alarme. 

Die Analyse wird auf den Anwendungsfall zugeschnitten: Bewegungsrichtung und -geschwindigkeit, Objektgröße und -art werden unterschieden. Hier werden häufig noch klassische Verfahren eingesetzt. KI-basierte Algorithmen können durch die Objektklassifizierung in schwierigen Umgebungen mit vielen Kontrastveränderungen (z.B. durch Lichtkegel vorbeifahrender Autos) die Anzahl der Falschalarme (false positives) reduzieren. 

Allerdings ist es wichtig, dass ein speziell auf den Anwendungsfall trainierter Algorithmus eingesetzt wird. In Tests beispielsweise konnten Systeme für den Perimeterschutz recht einfach „überlistet“ werden, weil Angreifer sich einen großen Karton überstülpten oder in reflektierende Folie einwickelten. Die menschlichen Konturen waren für das System nicht mehr sichtbar, entsprechend wurde das bewegte Objekt nicht als Mensch und somit als ungefährlich eingestuft. Wichtig ist deshalb, dass im Anlernprozess der konkrete Anwendungsfall „vorgedacht“ wird und die Entwickler diesen Fall möglichst genau kennen. Speziell für den Perimeterschutz trainierte neuronale Netze, idealerweise sogar kombiniert mit klassischen Algorithmen liefern deshalb die verlässlichsten Ergebnisse.

KI-Videoanalyse lässt sich auch individuell auf die Anwendung trainieren: In der Verkehrsüberwachung werden Falschfahrer und -parker gemeldet, Staus detektiert, Pannenfahrzeuge oder Personen auf Schnellstraßen oder Autobahnen erkannt. Per Kennzeichenerkennung (auch schon auf Basis klassischer Algorithmen verfügbar) werden Zufahrten gesteuert und Parkhäuser gemanagt. Gesichtserkennung ermöglicht die automatisierte Abfertigung an Grenzübergängen oder erleichtert die Zutrittssteuerung. Von automatisierter Leerguterfassung im Getränkegroßhandel über die Erkennung von Autoreifen auf Paketförderbändern bis hin zur Detektion der persönlichen Schutzausrüstung zur Verbesserung der Arbeitssicherheit – künstliche Intelligenz bietet eine unendliche Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten zur Entlastung von Bedienpersonal.


Für Forensiker und Revisoren: ­Effiziente Recherche

Auch die Recherche in vorhandenem Bildmaterial wurde mithilfe von Videoanalyse revolutioniert. Die Rekonstruktion von Vorfällen über verschiedene Videoquellen hinweg ist inzwischen mithilfe von definierbaren Filtern einfach und automatisiert möglich. Auch hier kommen meist KI-basierte Verfahren zum Einsatz, denn die Analyse wird dadurch automatisiert und damit viel schneller und effizienter als „von Hand“. Anders als in Echtzeitanwendungen sind die Hardware-Anforderungen weniger kritisch, denn die Auswertung in der Recherche muss nicht latenzfrei erfolgen. 


Für Qualitätsmanager und ­Marketingverantwortliche  

Die größte Neuerung bieten sogenannte „Business Intelligence“ Anwendungen. Sicherheitsverantwortliche kämpfen fast immer um Budgets, denn Sicherheit ist zwar wichtig und notwendig, bringt aber in den seltensten Fällen einen „Return on Invest“. Durch die Nutzung und Analyse der in den Sicherheitssystemen vorhandenen Videodaten in Hinblick auf die Wertschöpfungsprozesse des Anwenders kann das geändert werden. 

So liefert beispielsweise die statistische Auswertung der Kennzeichen vom Parkplatz wertvolle Informationen für die nächste Marketingkampagne des Einkaufszentrums. Logistikprozesse werden anhand von Heat Maps optimiert, Kommissionierungsfehler schnell behoben oder beschädigte Waren effizient dokumentiert und reklamiert. Im Supermarkt verbessern Heat Maps die Personalplanung an den Kassen und helfen, die Produktplatzierung zu optimieren. Videosicherheitstechnik kann hier nützliche Daten für die Verbesserung und Optimierung der Wertschöpfungsprozesse liefern und trägt somit aktiv zur Profitabilität von Organisationen bei.


Planung vom Experten 

Videoanalyse ist ein Grundbestandteil jedes modernen Videosicherheitssystems. Es kommt auf die Anwendung, die Anforderungen sowie das Budget an, welche Analyseverfahren sinnvoll und nutzbringend sind. Die Möglichkeiten sind (fast) unendlich, sowohl in Bezug auf den Nutzen, aber leider auch auf die Kosten. Daher sollten erfahrene Experten bei der Planung eines Systems oder der Erweiterung einer bestehenden Anlage als Berater hinzugezogen werden. Sie helfen Anwendern dabei, das für sie optimale Kosten-Nutzen-Verhältnis zu realisieren. 

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