Zur neuen PSA-Verordnung: Auch Händler und Importeure stehen in der Pflicht
Seit dem 21. April 2018 ist sie in allen EU-Mitgliedsstaaten verbindlich anzuwenden: Die neue PSA-Verordnung (EU) 2016/42. Mit dem Ziel, den Verbraucherschutz EU-weit zu verbessern...
Seit dem 21. April 2018 ist sie in allen EU-Mitgliedsstaaten verbindlich anzuwenden: Die neue PSA-Verordnung (EU) 2016/42. Mit dem Ziel, den Verbraucherschutz EU-weit zu verbessern und den Wettbewerb fairer zu gestalten, werden neben Herstellern und Importeuren auch die Händler verstärkt mit Kontroll- und Sorgfaltspflichten betraut – und zwar unabhängig davon, ob die Persönliche Schutzausrüstung an gewerbliche Abnehmer oder Privatpersonen verkauft wird. Ein Beitrag von Joachim Geyer, Key Account Manager und Normenexperte bei Paul H. Kübler Bekleidungswerk.
Seit dem 21. April 2018 ist die neue PSA-Verordnung (EU) 2016/425 in allen EU-Mitgliedsstaaten verbindlich anzuwenden. Persönliche Schutzausrüstung, die noch nach der Richtlinie 89/686/EWG hergestellt wurden, und die vor dem 21. April 2018 durch den Hersteller oder Importeur in Verkehr gebracht wurde, darf auch danach noch verkauft und eingesetzt werden. Die nach alter Richtlinie 89/686/EWG ausgestellten EG-Baumusterprüfbescheinigungen gelten noch bis 21. April 2023, falls sie nicht vorher Ihre Gültigkeit verlieren.
Wesentliche Neuerungen
Neben den Herstellern sind nun auch Händler und Importeure verpflichtet, die PSA-Verordnung mit gebührender Sorgfalt zu berücksichtigen. Sie müssen sich vergewissern, dass die von ihnen gehandelten Produkte korrekt gekennzeichnet sind und alle geforderten Unterlagen beiliegen. So muss jeder bereitgestellten PSA eine Konformitätserklärung beigefügt sein. Alternativ kann in der Herstellerinformation ein Download-Link zum Abruf der Konformitätserklärung angegeben werden. Die EU-Baumusterprüfbescheinigung ist nun maximal fünf Jahre gültig, d.h. die PSA muss spätestens alle fünf Jahre von einer Prüfstelle rezertifiziert werden.
Die PSA-Risikokategorie III wurde um die Gefahren von Ertrinken, Schnittverletzungen durch handgeführte Kettensägen, Hochdruckstrahl, Verletzungen durch Projektile oder Messerstiche und schädlichem Lärm erweitert.
Erweiterte Pflichten der Händler
Der Händler muss überprüfen, ob die PSA CE gekennzeichnet ist und ob die Herstellerkennzeichnung und Artikelidentifikation am Produkt vorhanden ist. Er muss weiterhin prüfen, ob die Herstellerinformation in der vorgesehenen Landessprache vorliegt. Hat der Händler Grund zu der Annahme, dass die PSA den Konformitätsanforderungen nicht entspricht, darf er sie nicht vertreiben. Gelangt er zu der Auffassung, dass die PSA mit einem Risiko verbunden ist, muss er Hersteller oder Importeur sowie die Marktüberwachungsbehörden darüber informieren.
Der Händler stellt der zuständigen nationalen Behörde auf deren begründetes Verlangen alle Informationen und Unterlagen zur Verfügung, die für den Nachweis der Konformität der PSA erforderlich sind. Solange sich die PSA in seiner Verantwortung befindet, stellt der Händler sicher, dass Lagerung- und Transport die Konformität der PSA mit den anwendbaren grundlegenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen nicht beeinträchtigen. Durch Dokumentation und Aufbewahrung der Begleitdokumente über einen Zeitraum von zehn Jahren muss der Händler die Identifizierung und Rückverfolgbarkeit jeder PSA sicherstellen.
Risikokategorien
Jede PSA wird abhängig von der Gefährdung, vor der sie schützen soll, in eine der drei folgenden drei Kategorien eingestuft:
- Kategorie I umfasst ausschließlich Schutz gegenüber geringfügigen Risiken, z.B. Gartenhandschuhe
- Kategorie II umfasst Risiken, die nicht unter Kategorie I oder Kategorie III aufgeführt sind, z.B. Warnschutzkleidung (Kübler Reflectiq) und Schweißerschutzkleidung
- Kategorie III umfasst Schutz gegenüber Risiken, die zum Tod oder irreversiblen Gesundheitsschäden führen können, z.B. Schnittschutzkleidung (Kübler Forest), Multinormkleidung (Safety X)
- EU-Konformitätsbewertungsmodule
Wie bei der früheren PSA-Richtlinie muss der Hersteller für die PSA abhängig von der Risikokategorie unterschiedliche Konformitätsbewertungsverfahren absolvieren. Mit der Anpassung an das NFL (New Legislative Framework) kommen in der PSA-Verordnung die aus den anderen EU-Rechtsvorschriften bekannten Konformitätsbewertungsmodule gemäß dem Beschluss Nr. 768/2008/EG zum Einsatz.
Hersteller für PSA der Kategorie I führen eine interne Fertigungskontrolle (Modul A) durch. Mit Hilfe der technischen Dokumentation weist der Hersteller nach, dass die betreffende PSA die grundlegenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen dieser Verordnung erfüllt. Der Hersteller stellt die EU-Konformitätserklärung aus und bringt an jeder einzelnen PSA die CE-Kennzeichnung an.
PSA der Kategorie II verlangt eine EU-Baumusterprüfung (Modul B) durch eine notifizierte Stelle. Diese Stelle untersucht den technischen Entwurf und/oder die Muster einer Bauart und stellt bei Übereinstimmung mit den geltenden Anforderungen der PSA-Verordnung die EU-Baumusterprüfbescheinigung aus. Der Hersteller muss durch Herstellungsprozess und Überwachung die Konformität der hergestellten PSA mit dem in der EU-Baumusterprüfbescheinigung beschriebenen Baumuster und mit den geltenden Anforderungen dieser Verordnung gewährleisten (Modul C).
Bei PSA der Kategorie III übernimmt eine notifizierte Stelle nicht nur die EU-Baumusterprüfung (Modul B), sondern auch eine Überwachungsfunktion. Für die Überwachung hat der Hersteller die Wahl zwischen Konformität mit dem Baumuster auf der Grundlage einer internen Fertigungskontrolle mit überwachten Produktprüfungen in unregelmäßigen Abständen (Modul C2) oder Konformität mit dem Baumuster auf der Grundlage einer Qualitätssicherung bezogen auf den Produktionsprozess (Modul D).
Herstellerinformation
Die vom Hersteller mit der PSA auszuhändigende Herstellerinformation muss außer Namen und Anschrift des Herstellers u.a. folgende zweckdienliche Angaben beinhalten:
- Produktbezeichnung, Name oder Artikelnummer
- Nummer der europäischen Norm(en), die erfüllt wird/werden.
- Erklärung zu den Piktogrammen, Leistungsstufen/Schutzklassen und Verwendungsgrenzen
- Zu verwendendes Zubehör und Ersatzteile
- Hinweise zu Gebrauch, Lagerung, Reinigung, Imprägnierung, Wartung, Verfallsdatum, Desinfizierung
- Ggf. Zertifizierungsstelle
- Nennung aller bekannten Alterungsfaktoren und Hinweise zur Erkennung des Nutzungsendes
Die neue PSA-Verordnung verlangt außerdem, dass jedes PSA-Produkt eindeutig und dauerhaft gekennzeichnet ist. Dies umfasst Firmenname und Adresse des Herstellers, Artikelnummer und Bezeichnung des Produkts, Pflegehinweise, Größenkennzeichnung CE-Zeichen, Piktogramm für die Gefahr, Nummer der Norm, erreichte Leistungsstufe oder Klasse sowie besondere Hinweise.
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