B.I.N.S.S. GmbH: Kameraredundanz und Kosten sparen

Zur Videoüberwachung des Perimeters wurden bisher überwiegend Box­kameras in Wetterschutzgehäusen (Fixkameras) genutzt. Nur an prädestinierten Stellen werden bewegliche Kameras mit Motor-Zoomobjektiven oder Speed-Dome­kameras eingesetzt.

Bei hohen Sicherheitsanforderungen werden neuerdings ­jedoch auch Speed-Domekameras installiert. Die ­Vorteile eines solchen Systems erläutert der folgende Beitrag des Beraters für Videoüberwachungssysteme ­Hans-Peter Büttner und von Ronald ­Güldner von B.I.N.S.S. anhand eines ­praktischen Fallbeispiels.

In Projekten mit hohen Sicherheitsanforderungen werden zur Perimeterüberwachung teils nicht nur Fixkameras, sondern auch Speed-Domekameras installiert. Diese Verfahrensweise bringt essentielle Vorteile zur Erhöhung der Sicherheit und Verfügbarkeit von Videoüberwachungssystemen (VSS). Bei geschickter Parametrierung des Systems einschließlich der Videosensoren, unterstützt durch ein zugeschnittenes Videomanagementsystem, ist eine Kameraredundanz gegeben, ohne die Anzahl der Kameras zu verdoppeln.

Die Aufwendungen für Montage und Verkabelung für die Speed-Domekameras verringern sich gegenüber der vorhandenen Lösung, der Service bei Ausfall von Kameras wird einfacher und die Funktionalität des VSS wird wesentlich erhöht. Zukünftige Anforderungen an das VSS, die sich aus Lageveränderungen oder der Erhöhung von Sicherheitsanforderungen ergeben, können ohne große bauliche Änderungen am VSS berücksichtigt werden.

Der hier vorgeschlagene Einsatz von Speed-Domekameras als Fixkameras hat sich in der Praxis bereits bewährt.

1. Aufgabenstellung
Grundlage für das Projektieren von Videoüberwachungssystemen bilden die Sicherheitsanforderungen, die für das jeweilige Projekt erarbeitet wurden. Dazu gehört in der Regel, dass die einzusetzende Technik allen Sicherheitsanforderungen gerecht werden muss. Dazu kommen Ansprüche an die Flexibilität der Technik, deren Verfügbarkeit und Servicefreundlichkeit sowie eine hohe Wertstabilität des VSS. Auch die Kosten sind eine wichtige Entscheidungsgrundlage.

Die für die jeweilige Lösung benötigte Technik ist in Abbildung 1 dargestellt. Voraussetzung ist, dass die qualitativen Anforderungen an die Boxkamera – also etwa Auflösung, Empfindlichkeit, Dynamik, Funktionalität, Bildqualität – auch von der Speed-Domekamera erfüllt werden. Bulletkameras werden nicht berücksichtigt, da sie bei VSS für Sicherheitsanwendungen nur bedingt in Frage kommen.

Für den Einsatz von Speed-Domekameras als Fixkameras sind diese Kategorien zu bewerten:

  • Aufwand für Montage und Verkabelung
  • IR-Beleuchtung
  • Wirkung der Videosensoren
  • Service und Instandsetzung
  • die jeweilige Funktionalität
  • Kosten für beide Lösungen
  • Videomanagementsystem
  • Datenschutz

2. Bewertungen

2.1. Montage und Verkabelung
In den Abbildungen 2 und 3 sind die Komponenten zur Wand- und Mastmontage sowohl für die Fixkamera mit separatem IR-Scheinwerfer als auch für die Speed-Domekamera dargestellt. Es ist leicht zu erkennen, dass für die Boxkamera wegen der zusätzlichen Technik ein höherer Aufwand zur Montage und Verkabelung entsteht.

Alle Bestandteile für die Boxkamera werden in der Regel einzeln geliefert. Kamera, Objektiv und Spannungsversorgung müssen in das Wetterschutzgehäuse eingebaut sowie funktionell voreingestellt und getestet werden. Der zeitliche Aufwand pro Kamera dafür ist beachtlich. Die Domekamera ist so vorkonfektioniert, dass alle hier für die Fixkamera aufgeführten Arbeiten entfallen.

2.2. IR-Beleuchtung
Die Domekamera muss über eine integrierte IR-Beleuchtung verfügen. Diese soll in der Regel funktionell mit dem jeweilig eingestellten Blickwinkel des Motor-Zoomobjektivs wirksam sein. Damit wird sichergestellt, dass der zu überwachende Bereich sowohl im weitwinkligen, im Normalbereich und Telebereich optimal ausgeleuchtet wird. Die Ausleuchtung der zu überwachenden Fläche muss für Entfernungen von mindestens 100 Metern gesichert sein.

Die Anforderungen an den separaten IR-Scheinwerfer beim Einsatz in Verbindung mit einer Boxkamera sind vergleichbar mit denen des Scheinwerfers in der Domekamera. Die auszuleuchtende Fläche muss der von der Boxkamera zu überwachenden Szene entsprechen.

2.3. Wirkung der Videosensoren
Werden Videosensoren in Verbindung mit Speed-Domekameras genutzt, bezieht sich deren Wirkung üblicherweise auf die Homeposition der Kamera. Da Videosensoren und die intelligente Videoanalyse für unterschiedliche Betriebsmodi eingestellt werden können, ist es möglich, bei Domekameras neben der Homeposition den Sensor auch für weitere definierte Festpositionen der Kamera zu nutzen.

Um Falschalarme zu unterdrücken, müssen Sensormeldungen während der Kamerafahrt von Festposition zu Festposition unterdrückt werden. Auf diese Weise wird es möglich, dass bei Ausfall einer Kamera eine dieser zugeordnete deren Überwachungsbereich mit übernehmen kann. Die Zeit, die für das Anfahren einer anderen Position benötigt wird, und die damit verbundene Unterbrechung des Sensorgürtels können vernachlässigt werden.

2.4. Service und Instandsetzung
Der Aufwand für Service und Instandhaltung für Boxkameras im Wetterschutzgehäuse ist gegenüber der Domekamera als Fixkamera beachtlich höher. Im Falle eines Kameradefektes muss das Wetterschutzgehäuse geöffnet und die Kamera instandgesetzt oder getauscht werden. Dabei können sich zusätzliche Arbeiten wie das Beseitigen beschlagener Scheiben des Wetterschutzgehäuses, die Neujustierung der Positionen des Wetterschutzgehäuses, das Neueinstellen von Kameraparametern wie Blickwinkel und Fokus und andere, nicht geplante Effekte einstellen. Nicht selten hat ein Serviceeinsatz Nacharbeiten zur Folge.

Vor dem Austausch einer defekten Domekamera muss die neue mit den Parametern der ausgefallenen Kamera einschließlich der Videosensorwerte versehen werden. Nachträgliche mechanische oder optische Justierarbeiten sind nicht erforderlich.

Der Ausfall einer Boxkamera erfordert wegen der Einstellarbeiten stets den Einsatz qualifizierten Personals. Eine defekte Speed-Domekamera muss lediglich von der Konsole entfernt und durch eine vorparametrierte Kamera ersetzt werden. Insbesondere bei Anlagen mit aufwendigen Anfahrtswegen für das Servicepersonal oder kurzen Interventionszeiten kann der Kameratausch ohne Zeitverzug durch eingewiesenes Nutzerpersonal vor Ort ausgeführt werden.

2.5. Funktionalität
Obwohl die Speed-Domekamera als Fixkamera betrieben wird, kann diese in Sonderlagen oder bei besonderen Anlässen bewegt und der Blickwinkel des Objektivs verändert werden. Nach Beendigung der Sonderlage muss die Kamera automatisch in die ursprüngliche Position zurückfahren.

Weiterhin wird es möglich, bei Ausfall einer Kamera im System benachbarte oder zugewiesene Kameras so auszurichten, dass durch Veränderung von Blickrichtung und Blickwinkel die Überwachung der zu beobachtenden Szene weiterhin voll gewährleistet ist. Diese Vorgänge können bei entsprechender Programmierung des Videomanagementsystems automatisch erfolgen. Nach Instandsetzung der ausgefallenen Kamera müssen die kurzzeitig veränderten Parameter aller beteiligten Kameras auf die ursprünglichen Werte zurückgesetzt werden.

Abbildung 4 zeigt, wie bei parallel ausgerichteten Kameras der Überwachungsbereich von einer Kamera übernommen werden kann. Sollen die entlang des Perimeters ausgerichteten Kameras den Ausfall einer Kamera überbrücken, kann das entsprechend der schematischen Darstellung in Abbildung 5 erfolgen.

Es ist auch möglich, dass die zugeordnete Kamera durch zeitliches Anfahren mehrerer Positionen die zu überwachende Szene erfasst. In diesem Fall gibt es keine Einschränkungen bezüglich der Auflösung, jedoch den Nachteil, dass Bereiche nur während der Verweildauer der Kamera in den jeweiligen Positionen überwacht werden.

Meldungen aus anderen Sicherheitstechniken können mit Videokameras direkt verifiziert werden. Im Fall einer Meldung von diesen Systemen an das Videomanagement kann eine der jeweiligen Szene zugeordnete Kamera in die erforderliche Position fahren und den Blickwinkel anpassen, während die vorgelagerte Kamera deren Überwachungsbereich mit übernimmt.

2.6. Kosten
Gegenüber einer Boxkamera ist der Preis für eine Speed-Dome-Kamera bei gleichen Qualitätsvorgaben erheblich höher. Betrachtet man jedoch die Gesamtkosten einer Boxkamera mit allen zugehörigen Komponenten wie Kamera, Objektiv, Schutzgehäuse, IR-Scheinwerfer sowie alle erforderlichen Montageelemente, so sind diese gegenüber einer Speed-Domekamera nur noch geringfügig niedriger.

Bei Montage und Verkabelung ergeben sich für Boxkamera und IR-Scheinwerfer höhere Kosten, da mehr Komponenten installiert und eingerichtet werden müssen. Nicht unbeträchtlich sind die Kosten für den Einbau der Kameratechnik in das Wetterschutzgehäuse. Bei einer Domekamera entstehen dafür keine Kosten.

Wenn in einem VSS ausschließlich nur ein Kameratyp eingesetzt wird, verringern sich sowohl Kosten für die Bereitstellung von Ersatzkameras und deren Komponenten als auch für die Lagerhaltung der Ersatztechnik.

3. Video-Managementsystem

Das Videomanagement muss die zusätzliche Funktionalität von Speed-Domekameras, die fix betrieben werden, aktiv unterstützen. Vorteilhaft dabei ist:

  • die Parametrierung des Systems über spezifische Eingabemasken vorzunehmen
  • die Vorgänge bei Ausfall einer Kamera bezüglich Blickrichtung, Blickwinkel und Sensoreinstellungen sowie die Rückkehr in die Ausgangsposition nach Instandsetzung der ausgefallenen Kamera zu automatisieren, alle aktuellen Zustände auf der Bedienoberfläche oder in Systemgrafiken übersichtlich darzustellen und standardisierte Handlungsanweisungen für das Bedienpersonal zu erzeugen sowie
  • alle Zeiten für den Übergang in das jeweilig andere Regime einschließlich der Latenz für die Videosensorsysteme im Übergangsmoment zu minimieren

Der dabei entstehende zusätzliche Aufwand zur Parametrierung des Managementsystems ist einzukalkulieren. Managementsysteme, die nicht über die genannte Funktionalität verfügen, sind möglicherweise nur eingeschränkt nutzbar.

4. Datenschutz

Ein VSS ist so zu konzipieren, dass alle Anforderungen bezüglich des Datenschutzes und Vorgaben von Personalvertretungen eingehalten werden. Den Datenschutz unterstützende Vorgaben wie Kamerastandorte, Blickrichtung und Blickwinkel, Ausschließen der Überwachung öffentlicher und schutzwürdiger Bereiche sind unmittelbar bei Projektierung und Planung zu berücksichtigen. Alle technischen Möglichkeiten wie Sichtschutzfunktionen, die zulässige Aufzeichnung ausschließlich sicherheitsrelevanter Ereignisse, Aufzeichnungsfristen sowie das sichere Löschen nicht mehr benötigter Bilder nach Ablauf von Speicherfristen sind zur Unterstützung des Datenschutzes zu nutzen.

Werden Speed-Domekameras gemäß Abbildung 1 genutzt, ist deren Blickrichtung für Dritte ersichtlich. Bei Einsatz Kameras mit Kuppeln wäre das nur stark eingeschränkt möglich und bei getönten Kuppeln nahezu ausgeschlossen. Es ist sicherzustellen, dass ein unerlaubtes Schwenken, Neigen und Verändern des Objektivblickwinkels im Normalbetrieb ausgeschlossen ist. Für die Zeiträume, in denen die Domekameras ereignisbezogen bewegt werden müssen, gelten die Voraussetzungen wie für bewegliche Kameras. Kommen in Sonderlagen bei Änderung von Blickrichtung und Blickwinkel der Kameras schutzwürdige Bereiche ins Blickfeld, so müssen diese verpixelt werden. Ferner sind alle bewährten Methoden bei Einsatz von VSS (Nutzermanagement, Zugriffsrechte, Vier-Augenprinzip u. a.) einzubeziehen.

5. Fazit

Aus Kostensicht ist die Differenz zwischen einer Domekamera, die als Fixkamera genutzt wird, gegenüber der Boxkamera im Wetterschutzgehäuse einschließlich IR-Scheinwerfer kaum relevant. Bei der Bewertung sind nicht nur die reinen Anschaffungskosten zu berücksichtigen, sondern auch alle Vorteile für die Domekamera einzubeziehen, die sich bei der Montage, dem Service, der Instandhaltung sowie der Ersatzteilbevorratung ergeben.

Betrachtet man zusätzlich die erheblichen Vorteile, die sich aus der komplexen Funktionalität der Domekamera gegenüber Standardfixkameras ergeben, ist der Einsatz von Domekameras als Fixkamera die erste Wahl. Mit dieser Lösung können nicht nur bereits erkannte Sicherheitserfordernisse befriedigt werden, sondern auch solche, die sich erst im Verlauf der Nutzung des VSS ergeben. Dabei sind Interaktionen mit anderen Sicherheitssystemen, für die ein Zusammenwirken mit dem VSS zusätzlich erforderlich wird, eingeschlossen.

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