Brandschutz für Zementwerke: Infrarot-Wärmebildkameras überwachen Brennstoffhallen bei Heidelberg Materials
Herkömmliche Rauchansaugsysteme, wie sie in der Industrie häufig zu finden sind, können in staubigen und schmutzigen Hallen schnell versagen. Das Zementwerk von Heidelberg Materials im baden-württembergischen Schelklingen nutzt deshalb Infrarot-Wärmebildkameras zur intelligenten Brandfrüherkennung.
Für die Klinkerherstellung braucht es sehr hohe Temperaturen. Deshalb ist es notwendig, dass Unternehmen Brennstoffe vorhalten, die die entsprechende Energie liefern können. Das Problem dabei: Was im Herstellungsprozess brennen soll, ist auch sonst brandgefährlich. Das Zementwerk von Heidelberg Materials im baden-württembergischen Schelklingen nutzt deshalb Infrarot-Wärmebildkameras zur intelligenten Brandfrüherkennung.
1.450 Grad Celsius wird es bei der Klinkerherstellung im Drehrohrofen heiß. Klinker ist ein industriell hergestelltes Mischgestein aus gebranntem, entsäuertem Kalkstein, Ton und Sand, das als Bindemittel den Hauptbestandteil von Zement darstellt. Klassischerweise werden für den Brennvorgang sogenannte Primärbrennstoffe wie Kohle verwendet. Das erklärt auch einen Teil der hohen CO₂-Bilanz der globalen Zementindustrie, die einen Anteil von bis zu acht Prozent am weltweiten Kohlenstoffdioxidausstoß ausmacht. Um den Anteil der Primärbrennstoffe und damit auch den CO₂-Ausstoß bei der Klinkerherstellung zu senken, sind Zementhersteller in den vergangenen Jahrzehnten dazu übergegangen, sogenannte Ersatzbrennstoffe zu verwenden. Lange Zeit waren das alte Autoreifen, auch im Schelklinger Werk von Heidelberg Materials wurde der Rohstoff für den Brennprozess verwendet. In den vergangenen Jahren hat man begonnen, weitere Brennstoffe zu verwenden. In Schelklingen werden beispielsweise auch BGS, nach Vorgaben aufbereitete Gewerbe- und Siedlungsabfälle, verwendet. Rund 2/3 des gesamten Brennstoffes wird bei Heidelberg Materials in Deutschland heute über Ersatzbrennstoffe bereitgestellt.
Das Problem daran: Bleibt Biomasse aus den Lebensmittelresten im Verpackungsmüll lange Zeit liegen, machen sich Bakterien ans Werk. Im Zersetzungsprozess entsteht Wärme. Bleibt diese unerkannt, droht nach einer gewissen Zeit eine Selbstentzündung. Dann sind nicht nur die Mitarbeitenden vor Ort in Gefahr, die Brände können sich in den Brennstoffen rasend schnell ausbreiten und ganze Hallen zerstören. Der finanzielle Schaden für den Zementhersteller wäre immens. Deshalb ist im Herstellungsprozess besonders wichtig, dass Brände von vornherein vermieden und im Fall der Fälle schnell und zielgerichtet gelöscht werden können. Eine einfach handhabbare Lösung zu finden, ist in den großen Werkshallen aber oft nicht möglich, zu umfassend sind die Anforderungen in den staubigen und widrigen Umgebungen. Heidelberg Materials verwendet aus diesem Grund die Brandfrüherkennungs-Systeme auf Infrarot-Basis der PYROsmart-Serie des Unternehmens Orglmeister Infrarot-Systeme GmbH & Co. KG aus Walluf bei Wiesbaden, das optimal für die Anforderungen im Zementwerk geeignet ist.
Panoramathermografiebild durch Infrarot und Video
Orglmeister kombiniert in einem patentierten Verfahren für PYROsmart Infrarotwärmebild und Videotechnik, um so eine umfassende Überwachung von großen Werkshallen in widrigen Umgebungen zu ermöglichen. Denn herkömmliche Rauchansaugsysteme, wie sie in der Industrie häufig zu finden sind, können in staubigen und schmutzigen Hallen schnell versagen. Durch die hochauflösende Infrarotkamera wird mit der hauseigenen Software abiroVision ein sogenanntes Panoramathermografiebild generiert, das Wärmequellen anzeigt. Diese sogenannte Infrarotthermografie nutzt den Umstand, dass jedes Objekt abhängig von seiner Temperatur Infrarot-Wellen emittiert. Moderne Kamerasysteme erfassen die Wellen und berechnen daraus die jeweiligen Temperaturen. Die Anlage kennt die Raumgeometrie und ist dadurch in der Lage, gefährdete Bereiche zielgenau zu verorten. Durch ein Schwenk-/Neigetechnik-System ist es zudem möglich, sehr große Bereiche zu überwachen. Das ist besonders in den weitläufigen Brennstoffhallen des Zementwerks von großer Wichtigkeit. Durch das Panoramathermografiebild bleiben die Anwender in der Leitstelle des Zementwerks stets informiert. Mittels einer integrierten Druckluftspülung werden die Sensoren dauerhaft freigehalten, was zu erhöhter Sicherheit führt. Heidelberg Materials hat zwei Schwellenwerte definiert: Ab einer gemessenen Temperatur von 80 Grad Celsius erfolgt eine Vorwarnung, ab 90 Grad Celsius wird der Feueralarm ausgelöst, und in der Folge kann kein Brennstoff mehr in den Ofen gefördert werden. Trotzdem ist nicht jeder erkannte „Hotspot“ tatsächlich auch eine Gefahr für die Produktion. Denn auch Radlader und LKW verursachen durch den Auspuff Hitze, die jedoch nicht sicherheitskritisch ist. Heidelberg Materials hat deshalb die PYROsmart-Software selbst lernen lassen. Während das bestehende Brandmeldesystem noch aktiv war, hat das neue System mit seiner intelligenten Störgrößenerkennung in einer automatischen Einlernphase die Umgebung beobachtet: Es hat gelernt, ob ein Fahrzeug mit einem heißen Auspuff oder Motor steht oder sich bewegt. Nun wird es automatisch erkannt und folglich als ungefährlich eingestuft. So werden Fehlalarme vermieden, die mit großem finanziellen und personellen Aufwand verbunden wären.
Zusammenarbeit geht weit zurück
Heidelberg Materials arbeitet bereits seit vielen Jahren mit Orglmeister und dem PYROsmart-System zusammen. Bereits zu Zeiten der Autoreifennutzung ab 2010 war die Lösung schon verwendet worden, mit der Umstellung auf andere Ersatzbrennstoffe ab 2018 wurde eine neue Werkshalle mit der Installation von PYROsmart FS notwendig. Die FS-Serie richtet sich an Anwendungen, wo große Flächen überwacht werden, während das Schwestersystem PYROsmart NS vor allem auf kleinerem Raum und zur Überwachung von Förderbändern zum Einsatz kommt. Aufgrund der sehr guten Erfahrung mit PYROsmart blieb das Schelklinger Werk bei der Lösung. „Von der Bedienung und Technik hat uns Orglmeister überzeugt. Stabilität und gleichzeitig die Schwenk- und Neigetechnik, das erhält man alles in einem“, erklärt Christian Haupt, der für die Elektro- und Automatisierungstechnik im Werk verantwortlich ist. Hinzu kommt für ihn der schnelle Ersatzteil- und Austauschservice und der stets gute Kontakt mit den Verantwortlichen bei Orglmeister. Seit der Installation der Lösung überwacht PYROsmart zuverlässig. „Wir sind sehr zufrieden und es funktioniert“, meint Haupt. Nach Umstellung des Ersatzbrennstoffes wurde die neue Brennstoffhalle mit dem Brandfrüherkennungssystem ausgestattet, das mit mehreren Kameras den Ersatzbrennstoff überwacht. Außerdem hat Orglmeister in einer weiteren Brennstoffhalle die Boxen und Schubböden, in denen das Material angeliefert wird, sowie die gesamte Halle ausgestattet. Diese Halle wird im Betrieb nicht betreten, der Umschlag mit einem Portalkran arbeitet vollautomatisch. Deswegen ist dort eine automatische Löschung installiert, um Brände schon in der Entstehungsphase zu verhindern. Zusammen mit dem österreichischen Partnerunternehmen Rosenbauer wurde ein Löschwerfer installiert, den das PYROsmart-System auf Basis der detektierten Hotspots zielgenau und automatisiert ansteuert und löscht.
Eingreifen müssen hat das System unterdessen glücklicherweise noch nicht. „Wenn es brennt, ist es fast schon zu spät“, meint auch Werkleiter Michael Cypra. Denn zwischen der Detektion und dem Eingreifen der Feuerwehr nach wenigen Minuten kann bereits die ganze Halle in Flammen stehen. Das kombinierte System bestehend aus PYROsmart und Löschmonitor kann einen Brand in einer sehr frühen Entstehungsphase erkennen und automatisch löschen. Damit werden teure Betriebsausfälle und Brandschäden verhindert. Es besteht jedoch immer auch die Möglichkeit, die Löschanlage manuell zu betreiben. Daher organisiert Heidelberg Materials die Löschaktivitäten zusätzlich über den hauseigenen zentralen Leitstand, der auf die PYROsmart-Daten zugreift.
Kommt es zum Brand, kann auch der Leitstand über das weitere Vorgehen entscheiden. Dies ist auch wichtig, da die Feuerwehr über den großen Werkskomplex geleitet werden muss. Aus diesem Grund finden regelmäßig Übungen mit der Feuerwehr statt. Zudem können die Mitarbeitenden die Situation in den Hallen dauerhaft auch aus der Ferne beobachten. Löst das System eine Alarmierung aus, werden die Verantwortlichen durch das System im Zentralen Leitstand informiert, sodass schnell gehandelt werden kann.
Einsatz auch in anderen Werken
Insgesamt sind in dem Werk in Schelklingen fünf PYROsmart-Systeme und ein Löschwerfer verbaut, die die sichere Zementherstellung gewährleisten und so ein sichereres Arbeitsumfeld auch für die Mitarbeitenden schaffen. Heidelberg Materials betreibt deutschlandweit acht Zementwerke und zwei Mahlwerke, wobei der baden-württembergische Standort in Schelklingen einer der größten ist. „Wir stehen definitiv im Austausch mit anderen Werken“, meint Werksleiter Michael Cypra. Mit PYROsmart hat Heidelberg Materials eine Lösung gefunden, die mittelweile auch an vielen europäischen Standorten zum Einsatz kommt und die aufgrund ihrer bereiten Anwendbarkeit flexibel einsetzbar ist und darüber hinaus auf die speziellen Bedürfnisse der Zementindustrie abgestimmt ist.
Europaweite Brandfrüherkennung in Zementwerken
Das Projekt im Schelklinger Werk von Heidelberg Materials ist nur eines unter vielen, die Orglmeister in der langen Zusammenarbeit mit dem Zementhersteller in ganz Europa umgesetzt hat. Neben der baden-württembergischen Lösung hat das Unternehmen auch im Werk im unterfränkischen Triefenstein vier PYROsmart-Kameras und ein Löschsystem verbaut, in Burglengenfeld überwachen ein PYROsmart-System und ein Löscher das Areal. In den französischen Standorten in Couvrot und Bussac-Forêt sorgen jeweils zwei PYROsmart-Kameras mit zwei Löschanlagen für die intelligente Brandfrüherkennung. Und auch im bulgarischen Devnya haben Orglmeister und Hwweidelberg Materials vier PYROsmart-Anlagen und ein Löschsystem umgesetzt.
Business Partner
Orglmeister Infrarot-Systeme GmbH & Co. KGAm Klingenweg 13
65396 Walluf
Deutschland
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