09.01.2012 • TopstoryOliver VellacottIndigoVisionIP-Kamera

CCTV-System: Multi-Vendor-Lösung oder Single-Vendor-Lösung?

CCTV-System: Multi-Vendor-Lösung oder Single-Vendor-Lösung? Für den Endanwender wird es immer wichtiger, die Unterschiede zwischen Single (von einem einzelnen Hersteller stammende)...

CCTV-System: Multi-Vendor-Lösung oder Single-Vendor-Lösung? Für den Endanwender wird es immer wichtiger, die Unterschiede zwischen Single (von einem einzelnen Hersteller stammende) und Multi-Vendor (herstellerübergreifende) IP-Video-Systemen zu kennen. Oliver Vellacott, CEO von IndigoVision, erörtert die Vorteile und Nachteile der beiden Ansätze und deren Auswirkungen auf die Wahl eines Systems.

Allen Anzeichen nach wird die IP-Video-Technologie in wenigen Jahren den CCTV-Markt beherrschen. In der Branche wird deshalb häufig danach gefragt, ob ein System integriert (von einem einzelnen Hersteller stammend) oder offen (herstellerübergreifend) ist. Gibt es überhaupt Standards für IP-Video-Systeme? Kann man von verschiedenen Herstellern Produkte kaufen und erwarten, dass diese zusammen funktionieren? Dieser Artikel beantwortet einige dieser Fragen und stellt die wichtigsten Überlegungen dar, die für die Wahl eines IP-basierten digitalen CCTV-Systems notwendig sind.

Die Standards – was trifft wirklich zu?

In der Branche herrscht oft der Glaube, dass die sog. offenen oder Multi-Vendor IP-Video-Systeme durch den Gebrauch von offenen Industrie-Standards interoperabel sind. Dies trifft jedoch nicht zu. Es gibt eine Reihe von Aspekten im Bereich von IP-Video, die wirklich auf Standards basieren. Dazu gehört die Videokompression: MPEG-2, MPEG-4, H.263, H.264 und jpeg2000 sind alle ratifizierte Standards, die in der IP-CCTV-Industrie üblicherweise angewendet werden. Diese Formate beziehen sich nur auf die digitale Kompression und Dekompression analoger Videodaten und nicht auf das Live-Streaming digitaler Videodaten.

IP-Video-Systeme erfordern, dass digitale Videodaten in Echtzeit über das Netzwerk übertragen werden, und dafür ist ein Übertragungs- und Kontroll-Protokoll nötig. Diese Protokolle werden mit Hilfe des Ethernet IP-Netzwerkstandards übertragen, was dafür sorgt, dass die IP-Video-Übertragung neben dem übrigen Netzwerkverkehr, wie der allgemeinen Computerinformation, koexistieren kann. Viele auf dem Markt erhältlichen Sender verwenden eine standardisierte Videokompression, gleichzeitig basieren sie jedoch auf ihren eigenen herstellerspezifischen Streaming-Protokollen. IP-Video-Systeme verfügen über viele fortschrittliche Features, deren Einsatz vom Übertragungs- und Kontroll-Protokoll abhängt, doch im gesamten System entspricht ausgerechnet dieses Element am wenigsten einem Standard.

Das Protokoll enthält eine Reihe von grundlegenden Befehlen, die z. B. dafür sorgen, dass die Videoaufzeichnung beginnt oder endet, ein Alarm gesendet wird oder eine Kamera geschwenkt wird. Jeder Hersteller verwendet seine eigenen Protokolle und ohne diese kann das System nicht funktionieren. Wird ein IP-System durch Video-Analytics-Features erweitert, dann nimmt die Komplexität des Protokolls erheblich zu. Bei analogen Videosystemen tritt eine ähnliche Situation auf, wenn die Videoübertragung einem Standard entspricht, doch die SNZ- und Matrix-Funktionen herstellerabhängig sind.

Das offene System bedeutet in der Realität, dass die Videoverwaltungs-Software mit jedem Gerät der verschiedenen Hersteller durch unterschiedliche herstellerspezifische Protokolle verbunden werden muss – eine Situation, die mit einer Standard-basierten Lösung wenig zu tun hat!

Single-Vendor oder Multi-Vendor?

Alle IP-CCTV-Systeme bestehen aus drei Grundkomponenten: der Übertragungs-Hardware, der Aufzeichnungs-Hardware und der Videoverwaltungs- Software. Einige Hersteller haben sich für die komplette Lösung als Ansatz entschieden und sind Single-Vendor. Das bedeutet, dass alle Software- und Hardware-Bestandteile als einzelnes integriertes System entworfen, getestet und verkauft werden. Andere Hersteller haben sich für den sog. offenen Ansatz als Multi-Vendor entschieden. Hierdurch kann eine einzelne Videoverwaltungs-Software-Applikation mit Geräten verschiedener Hersteller – Sendern, IP Kameras usw. – kommunizieren. Dieser Ansatz hat viele Vorteile:

 

  • System-Bestandteile können von verschiedenen Herstellern bezogen werden
  • Hardware-Komponenten können günstiger erworben werden Standalone-Software Anbietern steht oft ein breiterer Markt zur Verfügung, und der Endbenutzer kann von dieser Investition und den daraus resultierenden Features profitieren 
  • Der Benutzer ist nicht von der Agenda eines einzelnen Hardware-Herstellers abhängig, z. B. von dessen Entwicklungsplan und Applikationsausrichtung
  • Bereits installiete IP-Video-Systeme können durch neue Hardware eines weiteren Anbieters aufgerüstet werden 
  • Für eine spezifische Applikation kann der geeignete Hersteller ausgewählt werden, z. B. eine spezielle Art von IP Kamera. 

 

Auf den ersten Blick mag der Multi-Vendor Ansatz als die günstigste Lösung erscheinen und in vielen Fällen stellt er sich auch als geeignet heraus. Er hat jedoch auch einige Nachteile.

Multi-Vendor-Systeme stammen praktisch aus einer Hand

Multi-Vendor bedeutet normalerweise, dass die Videoverwaltungs-Software von einem unabhängigen Software-Anbieter gekauft wird und mit Geräten verschiedener Sender-/IP Kamera-Hersteller kommunizieren kann. Die Hardware ist offen, doch der Endanwender ist immer noch an einen einzelnen Software-Hersteller gebunden. Dies bedeutet, dass der Endanwender zwar in Bezug auf die ganze Lösung nicht herstellergebunden ist, er jedoch die Videoverwaltungs-Software weiterhin aus einer Hand bezieht. Problematisch ist dabei, dass die unabhängigen Software-Anbieter kaum oder keine Kontrolle über die Hardware der verschiedenen Hersteller haben, die sie unterstützen. Solange keine echten Standards vorliegen, sind sie also viel weniger in der Lage, ein System mit optimaler Leistung zusammenzustellen, als ein Single-Vendor oder einzelner Anbieter, der die gesamte Ende-zu-Ende Lösung übersieht.

Multi-Vendor-Systeme haben eine begrenzte Interoperabilität

Viele Anwende glauben, dass sie durch die Anwendung von Multi-Vendor Software-Applikationen die Übertragungs-Hardware nahtlos und günstig von jedem Hersteller beziehen können. Multi-Vendor-Systeme unterliegen jedoch vielen Einschränkungen, die die freie Auswahl und Zusammenstellung der Geräte aus verschiedenen Quellen erschweren. Das System ist nur so gut wie der schwächste Bestandteil – der kleinste gemeinsame Nenner – und dies kann zu einer Minderung der Gesamtleistung führen.

In Wirklichkeit benutzen viele IP-Video-Systeme, die auf Multi-Vendor Lösungen basieren, nur die Hardware eines einzelnen Herstellers, um diese Einschränkungen zu minimalisieren. Es entsteht praktisch ein Dual-Vendor-System! Viele IP-CCTV-Systeme benötigen eine Hardware-zu-Hardware Kommunikation, d. h. ein Streaming vom Sender zum Hardware-Decoder. Dies ist ein wichtiges Element in der sog. virtuellen Matrix, die für die Flexibilität und Skalierbarkeit der IP-Video-Systeme sorgt. Keine noch so große Menge an Software ermöglicht die Integration dieser beiden Bestandteile und die Möglichkeit alle Punkte des Systems miteinander zu verbinden – eine Schlüsselkomponente der IP virtuellen Matrix – geht somit verloren.

Multi-Vendor-Systeme können teurer sein

In Bezug auf die Entwicklung stellt die Videoverwaltungs-Software den teuersten Bestandteil eines IP-CCTV-Systems dar, obgleich die wahren Kosten oft versteckt sind. Indem der Anwender diesen Bestandteil von einem unabhängigen Software-Anbieter bezieht, bindet er sich in Wirklichkeit nur an den teuersten Bestandteil des Systems. Zusätzlich müssen die Kontroll-Protokolle der von verschiedenen Anbietern stammenden Geräte in eine einzelne Software Applikation eingebunden werden und hierdurch werden die Entwicklungskosten hoch getrieben. Aus diesem Grund wird der Multi-Vendor-Support oft zu einem Höchstpreis verkauft, und der Kunde wird oft für den Support von Hardware zur Kasse gebeten, die er gar nicht verwendet.

Multi-Vendor-Systeme benötigen einen komplexeren Support

Die Videoverwaltungs-Software muss mit mehreren verschiedenen Technologien verbunden werden. Diese erhöhte Komplexität kann sich auf die Verlässlichkeit des Systems auswirken und Probleme mit dem Support aufwerfen. Um einen integrierten Support aufrecht zu erhalten, sind Multi-Vendor-Systeme von dauerhaften strategischen Verbindungen zwischen vielen verschiedenen Firmen abhängig. Und wen soll der Endanwender verantwortlich machen, wenn etwas schief geht? Wer trägt die Verantwortung dafür, welche Aktualisierung der Firmware in einer IP-Kamera verwendet werden soll, wenn eine neue Version der Videoverwaltungs-Software herauskommt? Bei einer Single-Vendor Komplettlösung liegt die Verantwortung für die Leistung ganz klar bei einem Anbieter und der Endanwender kann sich sofort an die richtige Adresse wenden!

Integration und Auswahl bei Single-Vendor-Systemen

Bei einer Single-Vendor-Lösung werden alle IP-Video-Bestandteile von einem einzelnen Hersteller bezogen, was die Auswahlmöglichkeiten des Kunden einschränkt. In Wirklichkeit können jedoch viele Bestandteile nach wie vor von anderen Anbietern ausgewählt werden. IP-Video-Systeme verwenden anstatt dedizierter IP-Kameras oft eine Kombination aus analogen Kameras, die an Sender-Module angeschlossen werden – wie dies z. B. im Privatbereich bei Digitalempfängern und TV-Geräten der Fall ist. In diesem Fall kann der Endverbraucher eine Kamera von jedem Hersteller je nach Kosten, Spezifizierung oder Marke auswählen.

Viele Hersteller haben auch NVR-Software entworfen, die auf jeder beliebigen IT-Konfiguration laufen kann. Dem Kunden steht somit eine ganze Reihe an Geräten zur Auswahl, von einem kostengünstigen PC bis hin zu einer Multi-Raid Server Konfiguration. IP-Video-Systeme verfügen darüber hinaus über verschiedene Interface-Verbindungen mit Geräten anderer Hersteller und so besteht z. B. hinsichtlich der Display-Bildschirme, Tastaturen und Joysticks ebenfalls eine freie Auswahl.

Auch wird häufig irrtümlich angenommen, dass Multi-Vendor IP-Videosysteme leichter mit Geräten, die von einer dritten Quelle bezogen wurden, zu integrieren sind, denn Single-Vendor-Systeme werden als geschlossen angesehen. Dies ist keineswegs der Fall. In vielen Fällen kann ein IP-Videosystem mit einer Single-Vendor Lösung viel leichter mit anderen Systemtypen, wie Alarmanlagen und Zugangskontrollen, integriert werden. Dies liegt daran, dass die Kontrolle über die verschiedenen Bestandteile und die Software des Systems in den Händen einer Firma liegen, die für eine nahtlose Integration sorgt.

Eine Analogie mit der IT Welt

Die Aufspaltung des IP-Video-Marktes in Multi-Vendor versus Single-Vendor spiegelt in gewisser Weise die Vorgänge innerhalb der IT Networking-Welt wider. Kleine Betriebe verwenden oft verschiedene Hersteller für ihre Netzwerkausstattung und ändern ihre Auswahl je nach Preis von Tag zu Tag. Mittelgroße und größere Firmen neigen jedoch dazu, ausschließlich Cisco oder ausschließlich HP usw. zu verwenden, da hierdurch die Gesamtleistung viel höher und die Unterhaltungskosten viel niedriger ausfallen. Das gleiche gilt für IP Video. Mittelgroße und größere Benutzer tendieren hier aus denselben Gründen eher zum Single-Vendor-Ansatz.

Die Integration der Video Analytics-Technologie

IP-basierte Videoverwaltungssysteme bieten die ideale Plattform, um die leistungsstarken Analytics-Features vollkommen in das System zu integrieren, so dass diese zu einem integrierten Kernstück der Gesamtanlage werden. Die führenden IP-Videolösungen unterstützen Analytics-Features, die in zwei grundsätzlichen Verfahren ausgeführt werden können: Live (um Vorgänge während ihres Auftretens zu erkennen) und als nachträgliche Verarbeitung (um verschiedene Szenarien an Hand des aufgezeichneten Videomateriales zu analysieren).

Die Live-Analytics Technologie wird am besten nahe der Kamera platziert. Dies ist die einzig wahrhaft skalierbare Lösung und verbraucht auch keine Netzwerk-Bandbreite. Die Zeit der zentralen Echtzeit-Verarbeitung wird irgendwann zu Ende gehen, wohingegen zukünftig jede Kamera über eine entsprechende Verarbeitung verfügen wird. Eine Kamera mit eingebauter Analytics-Technologie kann z. B. die Aktivität im Aufzeichnungsbetrieb überwachen und nur beim Auftreten bestimmter Ereignisse Daten übertragen (wenn sich z. B. eine Person gegen den Strom durch eine Flughafenkontrolle bewegt).

Die Analytics-Technologie zur nachträglichen Verarbeitung wird am besten an einem zentralen Server innerhalb der Videoverwaltungs-Software platziert, so dass die aufgezeichneten Videodaten immer wieder mit unterschiedlichen Parametern durchgesehen werden können. Beide Systemphilosophien können die nachträglichen Analytics-Funktionen in der Videoverwaltungs-Software problemlos durchführen. Die Implementierung der Echtzeit-Analytics Features an der Kamera ist jedoch bei Multi-Vendor-Systemen problematisch, da innerhalb der verschiedenen Kontroll-Protokolle, die mit der Videoverwaltungs-Software verbunden sind, weitere komplexe Erweiterungen benötigt werden.

Zusammenfassung

Auf den ersten Blick erscheint die offene oder Multi-Vendor-Lösung für die Wahl eines CCTV-Systems am besten geeignet; dem Endanwender steht mehr Auswahl zur Verfügung und er muss sich nicht an einen Hersteller binden. Bei näherer Betrachtung hat jedoch die komplette Lösung oder der Single-Vendor-Ansatz auch viele Vorteile – das System ist potentiell robuster, verfügt über mehr Features und der Support ist einfacher und in vielen Fällen kostengünstiger. Die Debatte zwischen Single und Multi-Vendor ist keineswegs beendet. Festzustellen bleibt jedoch, dass die großen Namen innerhalb der IP-Video-Industrie meistens Single-Vendor Systeme vertreiben, die mit einer umfassenderen Leistung aufwarten. Die größten Befürworter der Multi-Vendor-Systeme sind naturgemäß die unabhängigen Vertreiber von Videoverwaltungs-Software.

 

KONTAKT

Dr. Oliver Vellacott
IndigoVision, Edinburgh, United Kingdom
Tel.: +44 131 475 7200
Fax: +44 131 475 7201
info.request@indigovision.com
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