21.07.2022 • TopstoryBIMBrandschutzGebäudesanierung

DIvB: Building Information Modeling (BIM): Von der Planung bis zum Feuerwehreinsatz

Dank der Planungs- und Arbeitsmethode Building Information Modeling (BIM) können Kosten und Überraschungen bei Sanierungen sowie Neubauten künftig vermieden werden. Ein Beitrag von Jörg-Uwe Strauß.

Auch große Bauvorhaben werden mit BIM durchgeführt: Die Frankfurter Zentrale...
Auch große Bauvorhaben werden mit BIM durchgeführt: Die Frankfurter Zentrale der Deutschen Bundesbank wird saniert und erhält mehrere neue Ergänzungsbauten. © Bild: Walter Vorjohann/Deutsche Bundesbank

Ob es um ein Bürogebäude, ein Gewerbeobjekt oder ein in die Jahre gekommenes Schulgebäude geht: Ungeachtet der aktuellen Preissteigerungen aufgrund der anhaltenden Lieferkettenstörungen und des Krieges in der Ukraine kommt es vor allem bei Sanierungen trotz umfangreicher Voruntersuchungen immer wieder zu kostentreibenden Überraschungen. Dank der Planungs- und Arbeitsmethode Building Information Modeling (BIM) soll das vor allem bei Neubauten künftig vermieden werden: Mittels einer BIM-Software soll sich jederzeit erkennen lassen was, wann, wo und wie eingebaut wird oder wurde. – Ein Fortschritt für öffentliche und private Bauherren, Gebäudebesitzer und -betreiber. Ein Beitrag von Jörg-Uwe Strauß, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für vorbeugenden Brandschutz (DIvB).

Jörg-Uwe Strauß, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für vorbeugenden...
Jörg-Uwe Strauß, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für vorbeugenden Brandschutz (DIvB). © Bild: Christian Kielmann

Viele Sanierungen im Gebäudebestand erfolgen ursprünglich zur Senkung der Heizkosten oder zur vorgeschriebenen Verbesserung des Brandschutzes. Oft werden während der Baumaßnahme dann weiterer Sanierungsbedarfe, statische Besonderheiten oder störende Versorgungsleitungen erkannt, die die geplanten Sanierungs- oder Baukosten in die Höhe treiben. Gebäude sind komplexe Gebilde, von denen im Regelfall lediglich zweidimensionale Unterlagen (2D), wie Grundrisse sowie einige Detailpläne existieren. Viele weitere für eine effiziente Neubau- oder Sanierungsplanung wichtige Informationen sind in diesen Unterlagen nicht enthalten. Deshalb lassen sich Zielkonflikte (Kollisionen) verschiedener Gewerke wie der Haustechnik und dem Brandschutz, statischen Anforderungen und der Raumökonomie oftmals nicht erkennen. Die Planungsmethode BIM setzt dagegen auf eine dreidimensionale Darstellung sämtlicher Gebäudeinformationen (3D), um Kollisionen rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden.

Schnelles und effizientes Bauen
Bislang ist BIM noch nicht zum Standard im Bau geworden. Seine Vorteile hat die Politik allerdings erkannt, und setzt sich deshalb für dessen Verbreitung ein. In einigen Bereichen wird es zwar auch künftig unabdingbar sein, dass etablierte Softwareprodukte verschiedener Hersteller ihre Daten mit der eigentlichen BIM-Software austauschen können. Zumindest bei der BIM-Software selbst unterstützt die Politik aber vor allem solche Produkte, die einen herstellerneutralen Datenaustausch ermöglichen (Open BIM).

Die Bundesministerien für Verkehr und Digitale Infrastruktur sowie des Innern, für Bau und Heimat haben im Juni 2019 ein Nationales BIM-Kompetenzzentrum gegründet, um die Digitalisierung im Bauwesen zu beschleunigen und für ein einheitliches und abgestimmtes Vorgehen im Infrastruktur- und Hochbaubereich zu sorgen. „Die digitale Planungsmethode BIM soll eine zuverlässige Kosten-, Qualitäts- und Terminkontrolle ermöglichen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern“, hieß es zur Begründung. Alle Zyklen eines Gebäudes vom Planen über das Bauen und das Nutzen von Bauwerken im Hoch- und Infrastrukturbau sollen abgedeckt werden und so ein effizienteres, schnelleres und kostengünstigeres Bauen und Betreiben ermöglichen.

Für öffentliche Gebäude soll Open BIM künftig zum Standard werden. Bei einem der größten, laufenden öffentlichen Bauvorhaben, dem Campus der Deutschen Bundesbank in Frankfurt, ist Open BIM daher elementare Grundlage sämtlicher Planungen und Baumaßnahmen für die Sanierung der bestehenden Gebäude sowie mehrerer auf dem Gelände geplanter Neu- und Ergänzungsbauten.

Möglichst viele Daten
Bei BIM werden die einzelnen Gebäudekomponenten von einer Software als 3D-Modell im Computer abgebildet. Es entsteht ein digitaler Zwilling, der die Abstände zwischen den Gebäudekomponenten abbildet und automatisch auf Kollisionen hinweist. Das bringt gegenüber der traditionellen Vorgehensweise am Bau zahlreiche Fortschritte mit sich: Die Beseitigung eines Problems ist zum Beispiel während der Planungs- und Entwurfsphase wesentlich kostengünstiger als später auf der Baustelle. Idealerweise werden sämtliche Massen und Bauteile aus der Software extrahiert und daraus die Kostenschätzung abgeleitet, bevor die eigentlichen Bautätigkeiten beginnen. Kostenobergrenzen können so realistischer ermittelt und Baukostenüberschreitungen vermieden werden.

Damit dies gelingt, muss die Software mit möglichst vielen Daten gefüttert werden. Neben der dreidimensionalen Geometrie der Bauteile sind es vor allem auch nicht-geometrische Zusatzinformationen zu den zum Einbau vorgesehenen Produkten, deren technische Eigenschaften, verfügbare Anbieter, Kosten, Garantien, Wartungsanforderungen, Instandsetzbarkeit, Lebensdauer, Nachrüstbarkeit, Recyclingfähigkeit und Nachhaltigkeit.

Zusätzliche Sicherheit im Brandfall
Wichtige Aspekte wie der vorbeugende Brandschutz können mittels BIM schon in der Planungsphase berücksichtigt werden. Brandschutzanforderungen an Bauteile werden dabei im digitalen Gebäudemodell direkt in die Daten des betreffenden Bauteils integriert. Dort werden auch alle Nachweise über Abnahmeprotokolle von sicherheitstechnischen Anlagen, sowie textliche Anforderungen an das Bauteil gespeichert und können jederzeit eingesehen werden. Anhand der Daten können bereits während der Planung Brandsimulationen und Simulationen der Personenströme im Alltag oder im Brandfall simuliert werden.

Für perspektivisch noch mehr Sicherheit dürfte BIM sorgen, wenn in einigen Jahren die digitalen Gebäudezwillinge auch auf den Servern der Einsatzzentralen der Feuerwehren gespeichert sind. Dort könnten nach Eingang des Notrufs (Brandfall, Evakuierung, Amoklauf, etc.) die Gebäudedaten aufgerufen und der Einsatz schon geplant werden, während die Einsatzkräfte zum Einsatzort fahren. Als virtuelle Realität auf VR-Brillen könnten die Gebäudedaten den Mitarbeitern der Einsatzzentrale und der Feuerwehrkräfte vor Ort dreidimensional dargestellt werden. So kann sich die Feuerwehr auch bei starker Rauchentwicklung im Gebäude gezielter bewegen und orientieren und der Einsatz kann in Echtzeit von außen koordiniert und optimiert werden.

Wirtschaftlich über den gesamten Lebenszyklus
Wie das Szenario von BIM-gestützten zukünftigen Feuerwehreinsätze zeigt, bietet BIM nicht nur Vorteile für die Planungs- und Baukosten von Gebäuden. Auf den gesamten Lebenszyklus bezogen betragen die Nutzungskosten je nach Nutzungsart bis zu 80 Prozent. Um die Nutzungsphase möglich wirtschaftlich zu gestalten, muss daher auch jede bauliche Änderung in BIM erfasst werden. Der Gebäudeeigentümer kann dann im Falle von Störungen das betroffene Bauteil im 3D-Modell sofort aufrufen, identifizieren und erforderlichenfalls Ersatz besorgen. Er muss sich nicht mehr vor Ort vergewissern welche Ersatzteile und Werkzeuge für eine Reparatur oder einen Austausch benötigt werden.

Noch mehr Gewicht hat BIM in solchen Fällen, in denen der Gebäudebetreiber im Zuge der Anlagensicherheit gesetzliche Anforderungen und Regelwerke wie DIN oder sicherheitsrelevante Herstelleranforderungen gewährleisten muss. Im Zweifelsfall sind Vorstände und Geschäftsführer persönlich haftbar und im Schadensfall mit erheblichen Ansprüchen Geschädigter konfrontiert. Allein für den Gebäudebetrieb existieren rund 2.000 Regelungen zum Beispiel von EU, Bund, Ländern, Städten und DIN. Deren Einhaltung zu dokumentieren, gehört zu den Betreiberpflichten. Da für die Art Dokumentation keine verbindlichen Vorschriften existieren, kann nur eine aktuelle und vollständige Vorlage aller Nachweise wie in BIM, dem Betreiber im Ernstfall als glaubwürdiger Beweis dienen.

Ressourcenschonung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz
Jedes Gebäude erreicht irgendwann das Ende seiner Nutzbarkeit. Die Bauproduktenverordnung fordert daher schon seit Mitte des Jahres 2013 eine „nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen (Anhang 1, Ziffer 7). Das DIvB arbeitet bei dem wichtigen Zukunftsthema Ressourcenschonung seit einiger Zeit eng mit seiner Kooperationspartnerin der re!source Stiftung e.V. zusammen.

Zudem wurden die Entsorgungsmöglichkeiten in den vergangenen Jahren massiv verschärft. Für viele Baustoffe gilt ab dem 1. Januar 2024 ein Deponierungsverbot. Weitere nationale und europäische Anforderungen, die vor allem dem Klimaschutz dienen sollen, betreffen den Bausektor, wie der „European Green Deal“. Da der Bausektor für rund 50 Prozent des Verbrauchs nicht erneuerbarer Ressourcen und etwa 60 Prozent des Abfallaufkommens verantwortlich ist, soll er sich nach dem Willen der Politik drastisch verändern. Aus diesen Rahmenbedingungen ergeben sich Konsequenzen, die mit BIM lösbar sind: Im Neubau und bei der Sanierung sollte schon während der Planungs- und der Errichtungsphase eines Gebäudes sowohl auf den Ressourcenverbrauch als auch auf die Nachhaltigkeit, Dauerhaftigkeit und Recyclingfähigkeit der Baustoffe und deren lückenlose Dokumentation geachtet werden. Sofern nicht vorhanden, muss unter anderem aus Haftungsgründen auch für Bestandsgebäude eine aktuelle detaillierte Dokumentation der Bauteile und Bauprodukte erfolgen. Andernfalls drohen dem Eigentümer Kaufpreisabschläge von 10 Prozent.

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