21.05.2024 • Topstory

EU reguliert die Verwendung von PFAS-Verbindungen

Die EU bereitet derzeit mehrere Gesetzgebungsverfahren vor, die auf ein Verbot aller per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) abzielen. Davon betroffen sind auch fluorhaltige Schaumlöschmittel (AFFF) für Löschfahrzeuge, Löschanlagen und tragbare Feuerlöscher. Der bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz empfiehlt daher, rechtzeitig auf fluorfreie Löschmittel und Feuerlöscher umzustellen. Ein Beitrag von bvfa-Geschäftsführer Dr. Wolfram Krause.

Die Umstellung von Feuerlöschanlagen auf fluorfreie Schaumlöschmittel sollte...
Die Umstellung von Feuerlöschanlagen auf fluorfreie Schaumlöschmittel sollte sorgfältig und mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf geplant werden.
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Fluorhaltige Schaumlöschmittel galten lange Zeit als ideale Löschmittel sowohl für schwierige Brände mit brennenden polaren und unpolaren Flüssigkeiten (Brandklasse B) als auch für Feststoffbrände (Brandklasse A). Die Forschung der letzten Jahre hat jedoch gezeigt, dass gesundheitsschädigende Wirkungen bei der Anwendung nicht ausgeschlossen werden können. PFAS sind in der Natur nicht abbaubar und reichern sich in der Umwelt und in der Nahrungskette an. Die Stoffgruppe der PFAS umfasst mehr als 4.700 Chemikalien, die aufgrund ihrer hohen Mobilität mittlerweile weltweit auch in entlegenen Gebieten in der Natur und im Menschen nachweisbar sind. In der EU sind einige PFAS-Verbindungen bereits reguliert, eine umfassende Beschränkung aller PFAS ist in Vorbereitung.

Handlungsbedarf für Betreiber von Löschanlagen

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Tabelle 1: Grenzwerte von PFAS-Verbindungen
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Akuter Handlungsbedarf für Betreiber von Löschanlagen ergibt sich aus den Beschränkungen für Perfluoroctansäure (PFOA, „C8-Fluortensid“) und langkettige Perfluorcarbonsäuren (C9-C14 PFCA). Seit dem 1. Januar 2023 sind Herstellung und Vertrieb sowie die Verwendung dieser Substanzen zu Schulungszwecken verboten. Lagerung, Erprobung und Anwendung sind noch bis zum 4. Juli 2025 erlaubt, wenn das Löschwasser vollständig aufgefangen und ordnungsgemäß entsorgt wird. Die Übergangsregelungen gelten nur für die Bekämpfung von Bränden der Brandklasse B. Schaummittel, die die aktuellen PFAS-Grenzwerte (siehe Tabelle 1) überschreiten, dürfen nicht mehr zur Bekämpfung von Feststoffbränden (Brandklasse A) eingesetzt werden.

Zwar haben viele Verwender seit Aufnahme der PFOA in die REACH-Verordnung im Jahr 2017 auf andere fluorhaltige Löschmittel („C6-Fluortenside“) umgestellt, die auch heute noch produziert und angewendet dürfen. Verunreinigungen mit C8-haltigen Alt-Löschmitteln, die dazu führen, dass die sehr niedrigen Grenzwerte in den seither verwendeten C6-Schaummitteln überschritten werden, können allerdings nicht ausgeschlossen werden. Daher können auch viele Schaummittel mit den an sich erlaubten C6-Fluortensiden betroffen sein. Betreiber von Löschanlagen sollten daher umgehend prüfen, ob das verwendete Schaummittel die aktuell gültigen Grenzwerte einhält. Ist dies nicht der Fall, drohen hohe Kosten und Schadensersatzforderungen sowie straf- und ordnungsrechtliche Konsequenzen, wenn das Löschmittel in die Umwelt gelangt. PFOA-haltige Löschschäume müssen bei Überschreitung der Grenzwerte ab einer Lagermenge von 50 kg den zuständigen Überwachungsbehörden der Bundesländer gemeldet werden. Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) ist bereits seit 2011 verboten, ihre Verwendung stellt heute einen Straftatbestand dar.

Zukünftige Restriktionen

Auch die heute eingesetzten Schaumlöschmittel mit C6-Fluortensiden können zukünftig von weitergehenden EU-Regelungen betroffen sein, die letztlich ein Verbot aller PFAS-Verbindungen zum Ziel haben. Zurzeit sind verschiedene Gesetzesvorhaben in der Umsetzung bzw. Planung. Regelungen zu PFAS in Feuerlöschschäumen und die Verwendung von Perfluorhexansäuren (PFHxA, C6-Fluortensid) mit verschiedenen anwendungsabhängigen Übergangsfristen sollen in 2024 veröffentlicht werden. Das Gesetzesvorhaben zu universellen Einschränkungen von PFAS-Verbindungen in der EU hat gerade begonnen und soll voraussichtlich in 2025 veröffentlicht werden.

Auswirkungen auf Löschanlagen und Feuerwehren

Überschreiten Löschschäume in Löschanlagen die Grenzwerte für PFOA oder C9-C14-PFCA, sollte schnellstmöglich auf fluorfreie Schaumlöschmittel umgestellt werden, da ab dem 4. Juli 2025 die Verwendung dieser Stoffe nicht mehr möglich ist. Die Zeit bis dahin ist sehr knapp, da die Umstellung auf fluorfreie Schaumlöschmittel mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Die VdS-Anerkennung für den Einsatz von Schaumlöschmitteln nach VdS CEA 4001, VdS 2108 und der neuen VdS 3896 bezieht sich auf anerkannte Schaummittel und definierte Anwendungsfälle. Ist der angestrebte Anwendungsbereich (Anlagenart, Brandlast) nicht durch das Anerkennungsverfahren abgedeckt, müssen für neue fluorfreie Löschmittel zusätzliche geprüfte Wirksamkeitsnachweise erbracht werden. Darüber hinaus muss geklärt werden, ob das fluorfreie Schaumlöschmittel mit seiner in der Regel höheren Viskosität und Wasserbeaufschlagung für die Löschanlage geeignet ist. Gegebenenfalls sind größere Umbaumaßnahmen erforderlich.

Bei Feuerwehreinsätzen ist das Auffangen des Löschwassers und die Beschränkung auf Brände der Brandklasse B praktisch nicht umsetzbar, so dass die Umstellung auf fluorfreie Schaumlöschmittel bereits heute abgeschlossen sein sollte. Die AGBF Bund und der DFV haben eine Fachempfehlung für Feuerwehren zum sach- und umweltgerechten Einsatz von Schaumlöschmitteln erarbeitet. Alle deutschen Hersteller von Löschschäumen bieten schon heute umfangreiche Paletten fluorfreier Schaumlöschmittel an und entwickeln diese ständig weiter. Die Hersteller betreiben umfangreiche Test- und Prüfprogramme für fluorfreie Schaumlöschmittel, um deren Wirksamkeitsgrenzen und beeinflussende Parameter zu erarbeiten.

Feuerlöscher jetzt umrüsten

Der bvfa und seine Mitgliedsunternehmen setzen sich seit langem für den Einsatz fluorfreier Schaumfeuerlöscher ein. Alternativen sind bereits heute ausreichend vorhanden. So können Feststoffbrände der Brandklasse A mit fluorfreien Feuerlöschern gelöscht werden, die mit wirksamer Salzlösung auf Wasserbasis betrieben werden. Für die Brandklasse B stehen CO₂-Feuerlöscher und für den Außenbereich Pulverlöscher zur Verfügung. Für die Brandklassen A und B bieten alle deutschen Hersteller Schaumfeuerlöscher mit fluorfreien Löschmitteln an.

Bei Neuanschaffung oder Ersatz von Schaumfeuerlöschern können (und sollten) deshalb bereits heute fluorfreie Alternativen gewählt werden. Die Anschaffung neuer Feuerlöscher mit PFAS-basierte Löschschäumen ist wirtschaftlich nicht sinnvoll. Diese Geräte müssen aller Voraussicht nach frühzeitig und aufwändig entsorgt werden.

POP und REACH

In der EU werden gesundheitsgefährdende Chemikalien grundsätzlich auf zwei Wegen reguliert. Schlägt ein EU-Land oder die EU-Kommission das Verbot eines Stoffes vor, wird dieser nach erfolgreichem Gesetzgebungsverfahren in die europäische Chemikalienverordnung (REACH) aufgenommen. Wird eine Chemikalie im Rahmen der internationalen Stockholmer Konvention über persistente organische Schadstoffe (POP, engl. Persistent Organic Pollutants) in die Liste der zu regulierenden Stoffe aufgenommen, ergänzt die EU die so genannte POP-Verordnung. Beide Verordnungen sind in den EU-Mitgliedstaaten sofort und ohne nationale Anpassungen anzuwenden.

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