17.02.2022 • TopstoryArbeitskleidungWorkwearNachhaltigkeit

Fristads: Transparenz statt Greenwashing

Die Textilindustrie verursacht weltweit starke Umweltbelastungen. Fristads will die Nachhaltigkeitsarbeit in der Branche vorantreiben und betrachtet dabei den gesamten Produktlebenszyklus. Produktionsprozesse sowie Umweltauswirkungen der ­Kleidungsstücke werden für den Verbraucher transparent gemacht. GIT SICHERHEIT, im Interview mit Marcus Gotthardt, Digital Sales Manager DACH, hakt nach.

GIT SICHERHEIT: Herr Gotthardt, was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit – ganz im Sinne Ihrer Firmenphilosophie?

Marcus Gotthardt:
Nachhaltigkeit bedeutet für Fristads, die Umweltauswirkungen so weit wie möglich und in sämtlichen Aspekten unseres Handelns zu minimieren. Um das zu ermöglichen, nutzen wir die Lebenszyklusanalyse und ermitteln Daten für alle Bereiche, die verbessert werden können – vom Designprozess über die Produktion bis hin zur Lieferung und späteren Entsorgung.

Ehrlichkeit und Transparenz sind in unserer Nachhaltigkeitsarbeit leitende Faktoren, da es uns ein Anliegen ist, Greenwashing zu vermeiden. Dazu gehört, sich darüber im Klaren zu sein, dass die Textilindustrie eine Branche ist, die große Auswirkungen auf die Umwelt hat und diese stark reduzieren muss. Aktuell ist die Bekleidungsproduktion für 4–8 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, und verursacht etwa 20 % der weltweiten Wasserverschmutzung. Wir möchten Verantwortung übernehmen und uns der Herausforderung stellen, die Nachhaltigkeitsarbeit der Textilindustrie voranzutreiben.

Der beste Weg, die Umweltauswirkungen von Kleidung zu verringern, besteht darin, weniger davon zu produzieren. Wir bei Fristads sind sehr stolz darauf, hochwertige Arbeitskleidung herzustellen, die dem Verschleiß standhält und nicht aus der Mode kommt. Und wenn Kleidungsstücke doch einmal kaputt gehen, reparieren wir sie lieber, als sie durch neue zu ersetzen.

Damit die Endverbraucher beim Kauf von Kleidung fundierte Entscheidungen treffen können, sind auch die Hersteller in der Verantwortung, den Produktionsprozess und die Umweltauswirkungen jedes Kleidungsstücks transparent zu machen. Wir gehen sogar so weit zu sagen, dass die Messung der Umweltauswirkungen von Kleidung obligatorisch sein sollte. Die Entwicklung unserer EPD war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, und wir hoffen, dass andere Bekleidungshersteller diesem Beispiel folgen werden. Denn wenn es um unseren Planeten geht, sitzen wir alle im selben Boot.

Wie haben Sie das Thema implementiert?
Marcus Gotthardt: Wir sind besonders stolz darauf, alle unsere Green Produkte mit EPDs (Environmental Product Declaration) auszustatten und sie somit nachweislich nachhaltig herzustellen. Zu jedem Green Produkt erstellen wir einen EPD-Bericht, der im Detail beschreibt, welche Umweltauswirkungen für dieses Produkt entstehen und inwiefern es nachhaltiger im Vergleich zu einem konventionell hergestellten Produkt ist, z. B. wie viel CO2 oder Wasser bei der Produktion eingespart wird. Auf unserer Website fristads.com können Kunden mittels Green Calculator berechnen, wie viel Tonnen CO2 und wie viel Liter Wasser bei der Wahl von Green Kleidung gespart werden können.

Bei unseren Green Produkten wird Nachhaltigkeit in allen vier Hauptaspekten des Produktlebenszyklus umgesetzt:

  • Design: Wir achten schon beim Design­prozess darauf, die Produkte so zu entwickeln, dass Nähzeiten verkürzt werden und möglichst wenig Material verschwendet wird. Die wenigen Materialreste, die dennoch entstehen, werden zu anderen Produkten, wie Komfortpads verarbeitet – Zero Waste.
  • Rohstoffe & Materialauswahl: Für Fristads Green Produkte verwenden wir ausschließlich nachhaltigere Materialien, wie Bio-Baumwolle, recycelter Polyester aus recycelten PET Flaschen und Tencel Lyocell (Zellulose aus nachhaltigem Holz).
  • Produktion: Die meisten Produkte werden mit dem e.dye-Verfahren gefärbt, das auch wasserloses Färbesystem genannt wird. Der Wasserverbrauch wird um 75 % im Vergleich zum traditionellen Färben reduziert, da die Farbe schon dem Rohmaterial beigemengt wird.
  • Verpackung & Lieferung: Der ganze Transport erfolgt auf dem See- und Straßenweg. Um Transportkapazitäten zu sparen, werden Green Produkte mit einer speziellen Falttechnik in sich verpackt. So können wir auch großteils auf Plastikverpackungen verzichten. Wenn es nicht vermeidbar ist, verwenden wir Pflanzen-basierte oder recycelte Verpackungsmaterialien.

Wir Hersteller müssen aber auch Verantwortung übernehmen, indem wir qualitativ hochwertige Kleidung herstellen, die lange hält, und den ökologischen Fußabdruck unserer Kleidungsstücke transparent machen. Deshalb haben wir uns 2018 mit 40 anderen Herstellern im Rahmen der Swedish Textile Initiative for Climate Action (STICA) zusammengeschlossen, und verpflichten uns somit zur genauen Erfassung und Reduktion der Treibhausgasemissionen. Seit 2018 konnte Fristads die Emissionen um 58 % reduzieren. Das ist auch der Grund, warum wir unsere Umweltproduktdeklaration entwickelt haben, einen Standard zur objektiven Messung der Umweltauswirkungen eines Kleidungsstücks.

Wo liegen gegenwärtig noch die Grenzen? Wirtschaftlich? Technisch?

Marcus Gotthardt:
Es gibt technisch eigentlich keine Grenzen, die man nicht überwinden kann. Da der Markt groß ist und viele Hersteller gleichzeitig an Lösungsansätzen arbeiten bzw. forschen, finden in der Textiltechnologie gerade sehr schnell viele nutzbringende Entwicklungen statt.

Ein Beispiel: Vor etwa 3 Jahren hatten wir noch eine technische Grenze. Wir haben gemeinsam mit unserem Lieferanten Tencel versucht, Kleidung aus recycelten Materialien wieder zu recyceln und Kleidung daraus herzustellen. Dabei kam es beim 2. und 3. Recyclingprozess zu Qualitätseinbußen, die für Arbeitskleidung nicht hinnehmbar waren. Es ist schwierig, Mischgewebe, z. B. aus Baumwolle und Polyester, wieder zu trennen und ohne Qualitätseinbußen der Strapazierfähigkeit zu verarbeiten.

Mit unserem Partner Post NL gelang es uns schließlich in einem Pilotprojekt, den Kreislauf teilweise zu schließen und Poloshirts herzustellen, die zum Teil aus ausrangierten Kleidungsstücken bestehen. Damit ist uns ein großer Schritt gelungen, aber wir werden weiterhin nach Lösungen suchen, um aus dem „teilweise“ ein „vollständig“ zu machen. Ab 2022 unterstützen bzw. kooperieren wir europaweit mit Forschungsinstituten und Universitäten, mit unterschiedlichen Studien und Forschungsprojekten, zum Thema „Closing the loop“ und wir sind sicher, eine Lösung zu finden.

Kann man schon mit kleinen Umstellungen einen nachhaltigen Impact erzielen? Wenn ja, welchen konkret?

Marcus Gotthardt:
Ein klares Ja – sowohl für Hersteller als auch für Endverbraucher. Langlebige und pflegeleichte Kleidung herzustellen, erzielt einen großen nachhaltigen Impact. Dadurch muss weniger Kleidung produziert und weniger Retouren bearbeitet werden.

Und auch für Endverbraucher gilt, dass Kleidung länger genutzt werden sollte. Beim Kauf kann man Qualität vor Quantität stellen und bevor man Kleidung entsorgt, sollte man überprüfen, ob das Kleidungsstück nicht doch noch repariert werden kann. Damit man möglichst lange Freude an der Kleidung hat, sollten Pflegehinweise unbedingt beachtet werden (am besten schon beim Kauf).

Die Verlängerung der Lebensdauer von nur 10 % aller T-Shirts auf dem britischen Markt würde verhindern, dass jedes Jahr 100.000 Tonnen CO2 in die Atmosphäre gelangen.

Fristads hat 2020 die Kampagne Care & Repair gestartet, um darauf aufmerksam zu machen, dass die nachhaltige Lösung ist, Kleidung zu reparieren, statt zu ersetzen. Mit der richtigen Pflege hält die Kleidung auch länger. Die meisten Artikel aus den Fristads-Kollektionen sind besonders pflegeleicht und können bei 60 °C gewaschen werden, was sie auch langlebiger macht. Viele Kollektionen sind auch bei 75 °C oder 85 °C industriell waschbar.

Muss ein Kleidungsstück um die Welt reisen?

Marcus Gotthardt: Die Kleidung an sich kann auch in europäischen Werken, wie unserem Werk in der Ukraine gefertigt werden. Die Rohstoffe und die meisten „Bauteile“ der Kleidung, wie Knöpfe, Reißverschlüsse, Garn und Stoffe kommen aber aus asiatischen Ländern.

Wo sind die Arbeitgeber in der Pflicht? Oder ist es bisher „nur“ vorausschauendes Handeln?

Marcus Gotthardt:
Da Langlebigkeit der Schlüssel zur Verringerung der Umweltauswirkungen eines Kleidungsstücks ist, müssen auch mehr Arbeitgeber damit beginnen, über die Qualität und nicht über den Preis nachzudenken. Qualität ist langfristig gesehen nicht teurer. Es ist an der Zeit, unsere Wegwerfgesellschaft nicht länger zu fördern und eine wirklich nachhaltige Industrie zu entwickeln. Und wir wollen Teil dieser Lösung sein.

Business Partner

Fristads GmbH

Südportal 1
22848 Norderstedt
Deutschland

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