Ganzheitlicher Brandschutz sichert Lieferfähigkeit und Geschäftsbetrieb
Ein Brand im Lager ist keine Seltenheit – und häufig geht er einher mit einer Betriebsunterbrechung und damit Einschränkungen der Lieferkette.
Doch viele wirtschaftliche Bereiche wie Industrie, Produktion und Nahrungsmittel sind auf eine permanente Warenverfügbarkeit angewiesen.
Was ein Zusammenbruch von Lieferketten bewirkt, wurde durch die weltweite Coronapandemie deutlich. Das zeigt auch die neueste Analyse des Allianz Risk Barometers 2022. Unter den zehn größten globalen Geschäftsrisiken liegt ein pandemischer Ausbruch auf Platz vier, eine Unterbrechung des Geschäftsbetriebes auf Platz zwei – in Deutschland sogar an erster Stelle. Nur Cyberangriffe bewerten die weltweit befragten Unternehmen als noch größere Gefahr. (Quelle: Allianz Risk Barometer 2022. Seite 5). Und auch das Risiko eines Brandes bzw. einer Explosion wird als hoch eingeschätzt; es bleibt auf Rang sieben – unverändert zum Vorjahr.
Auf Cyberangriffe oder den Ausbruch einer Pandemie haben Lagerbetreiber keinen direkten Einfluss, sie können aber Vorkehrungen treffen, um das Risiko und die Auswirkungen zu reduzieren. Ebenso verhält es sich mit dem Brandschutz. Damit dieser effektiv auf die individuellen Anforderungen und den jeweiligen Bedarf abgestimmt ist, muss man sich vor allem diese Fragen stellen: Welche Brandrisiken herrschen in dem Lager? Und was sind meine obersten Schutzziele?
Risiken erkennen
Die Erstellung einer individuellen, ganzheitlichen Brandschutzlösung basiert immer auf der Analyse der im Lager spezifischen Brandrisiken und der Definition individueller Schutzziele. Die risikotechnische Analyse, die sowohl die Brandgefahren im Lager an sich als auch nutzungsspezifische Brandrisiken berücksichtigt, übernehmen dabei speziell ausgebildete Fachplaner und Brandschutzsachverständige.
Zu den Risiken innerhalb eines Lagers zählen:
- Hohe Bauweise („Kamineffekt“)
- Kompakte Bauweise
- Hohe Brandlast aufgrund dichter Lagerung
- Hohe Brandbelastung durch brennbare Produkte, Verpackungen, Transportmittel und Lagerhilfen
- Automatisierungsgrad
Besonders in vollautomatisierten Lagern sind weitere Brandentstehungsgefahren, wie z. B. Beleuchtungseinrichtungen, Batterieladeanlagen, Regalbediengeräte etc. zu berücksichtigen. Insbesondere elektrische Anlagen bilden einen Schwerpunkt bei der Brandentstehung (Zündquellen). Brandstatistiken belegen, dass 44 % der Brände ihre Ursache in der elektrischen Einrichtung haben (Quelle: VdS 2032).
Nutzungsspezifische Brandgefahren können folgende sein:
- Verwendung brennbarer Bau- und Dämmstoffe
- Technische Betriebseinrichtung mit erhöhten Brandgefahren (Klimatechnik, Verpackungsanlagen, etc.)
- Gefahren der Brandstiftung
Handelt es sich beim Lagergut um empfindliche Materialien, wie beispielsweise Lebensmittel oder Papier, entstehen hieraus zusätzliche Anforderungen an den Brandschutz. Denn bereits die geringste Rauchentwicklung kann dazu führen, dass die eingelagerten Produkte unbrauchbar bzw. bei Fertigware gänzlich unverkäuflich werden. Die Folgen:
- Unterbrechung der Warenverfügbarkeit
- Unterbrechung der Lieferkette
- Imageschäden und finanzielle Einbußen.
Die Basis für einen ganzheitlichen Brandschutz, wie ihn Wagner bietet, ergibt sich neben der Risikoanalyse und individuellen Schutzzieldefinition zusätzlich auch aus den gesetzlichen Regelungen und Versicherungsauflagen.
Aktive Brandvermeidung
Aktive Brandvermeidung auf Basis von Sauerstoffreduzierung in Kombination mit frühestmöglicher Branderkennung hat sich als Lösung im Rahmen eines ganzheitlichen Brandschutzes in vielen Bereichen bewährt. Damit ein Brand überhaupt entstehen kann, müssen Sauerstoff, Wärmeenergie und Brennstoff in einem bestimmten Verhältnis vorhanden sein. Wird eine dieser drei Komponenten entfernt, hat ein Feuer keine Chance, sich zu entwickeln oder weiter auszubreiten.
Anders als konventionelle, passive Brandschutzanlagen – diese reagieren erst, wenn ein Feuer bereits ausgebrochen ist – setzt die aktive Brandvermeidung an, bevor ein Brand entsteht. Dafür wird der Sauerstoffgehalt im Schutzbereich auf ein zuvor definiertes Niveau reduziert und liegt damit unterhalb der spezifische Entzündungsgrenze der im Schutzbereich kritischen Materialien. Die optimale Restsauerstoffkonzentration wird unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, der Entzündungsgrenzen der vorherrschenden Materialien sowie des geforderten Schutzziels für jedes zu schützende Objekt individuell ermittelt. Diese Ermittlung geschieht in der Regel mit Brandversuchen. Den für die Absenkung benötigten Stickstoff erzeugt das Sauerstoffreduzierungssystem direkt aus der Umgebungsluft.
Um den Brandschutz innerhalb des Schutzbereiches gewährleisten zu können, müssen bei der Nutzung des Prinzips der Sauerstoffreduzierung einige Anforderungen berücksichtigt werden:
- Die Gebäudehülle des Schutzbereiches muss möglichst dicht sein
- Frischlufteinträge durch z. B. Beschickung über Schleusentüren sollten gering sein.
Kundenlösung in Österreich
Der österreichische Mineralwasserhersteller Vöslauer baut derzeit am Unternehmensstammsitz in Bad Vöslau ein neues, automatisiertes Hochregallager mit einem Volumen von rund 100.000 Kubikmetern. Ziel ist
es, die Produktionsprozesse künftig an einem Standort zu bündeln. Der Schutz der Lieferkette vor Betriebsunterbrechungen wird damit umso wichtiger. Da das neue Lager über eine Fördertechnikbrücke und zwei Palettenheber an das bestehende Versandgebäude angeschlossen sein wird, musste die Brandschutzlösung umfassend auf die Gegebenheiten vor Ort abgestimmt werden.
Um die Betriebsfähigkeit auch im Ernstfall zu erhalten, riet Wagner Österreich zu einer Brandschutzlösung bestehend aus aktiver Brandvermeidung mittels Sauerstoffreduzierung und Brandfrüherkennung.
Das Hochregallager erhält eine Logistikautomatisierung und wird nach Fertigstellung Platz für 20.000 Paletten haben. In dem 24 Meter hohen Gebäude, das in Silobauweise erstellt wird, werden zukünftig Getränke, hauptsächlich Mineralwasser in Glas- bzw. Kunststoffflaschen, in Kisten oder in Folien verschweißt, auf Paletten gelagert. Ziel von Vöslauer ist es, die Verfügbarkeit der Getränke jederzeit zu gewährleisten sowie die dahinterstehenden logistischen Prozesse und Lieferverpflichtungen gegenüber Kunden insbesondere vor Schadensfeuer und Brandfolgeschäden zu schützen. Nach einer Analyse der Brandrisiken liegen diese hauptsächlich in den mit der Automatisierung verbundenen elektrischen Anlagen im Hochregallager. Überdies kann eine Einbringung eines Brandrisikos von außen nicht ausgeschlossen werden.
Brandvermeidungssystem integriert
Die Lösung für den Lagerschutzbereich sieht daher wie folgt aus: Das Brandvermeidungssystem Oxyreduct reduziert den Sauerstoffgehalt im Schutzbereich unter die Entzündungsgrenze der sich dort befindenden kritischen Materialien. Das geschieht, indem das Oxyreduct-System Stickstoff aus der Umgebungsluft extrahiert, diesen in den Schutzbereich einbringt und den Sauerstoffgehalt konstant auf einem reduzierten Niveau hält.
Da die Entstehung eines Schwelbrandes zum Beispiel durch einen elektrischen Defekt nicht ausgeschlossen werden kann, komplettiert ein Ansaugrauchmeldesystem zur täuschungsalarmsicheren Brandfrühesterkennung den ganzheitlichen Brandschutz. Titanus-Ansaugrauchmelder von Wagner entnehmen dem Schutzbereich über ein Rohrsystem permanent Luftproben und werten sie zentral aus. Dabei erkennt Titanus selbst kleinste Rauchpartikel in der Luft und detektiert so einen Brand bereits in der Entstehungsphase. Das schnelle Einleiten von Gegenmaßnahmen, wie das Abschalten der elektrischen Energie, entzieht einem Schwelbrand die Stützenergie und verhindert eine Rauchkontamination. Damit erfüllt die Lösung den hohen Qualitätsstandard der in Österreich geltenden Technischen Richtlinien Vorbeugender Brandschutz nach TRVB 155.
Meist gelesen
Globale Konzernsicherheit bei der BMW Group
CSO Alexander Klotz ist für die globale Konzernsicherheit bei BMW Group zuständig. GIT SICHERHEIT hat sich mit ihm über Aufgaben und potentielle Bedrohungen unterhalten.
Vieles ist noch ungeklärt: Justizvollzug als Bestandteil der kritischen Infrastruktur
Ein Beitrag von Wilfried Joswig, Geschäftsführer beim Verband für Sicherheitstechnik VfS.
Coded Processing: Funktionale Sicherheit ohne spezielle Hardware ermöglichen
Im Interview mit GIT SICHERHEIT erläutern Claudio Gregorio (Innotec) und Martin Süßkraut (Silistra Systems) wie die Technologie funktioniert.
Konzernsicherheit und Krisenmanagement bei Carl Zeiss
Risikobasierter Sicherheitsansatz: "Wer alles schützen will, schützt nichts." GIT SICHERHEIT im Interview mit Sven Franke, Head of Security, Crisis Management & BCM bei Carl Zeiss.
Kommunale Sicherheit: Gespräch mit der Düsseldorfer Ordnungsdezernentin Britta Zur
Öffentliche Sicherheit der Stadt Düsseldorf im Zusammenspiel von Ordnungsamt und Polizei: Ordnungsdezernentin Britta Zur im Interview über die Kriminalitätsentwicklung, Gefahrenabwehr und Fußball-EM 2024.