Gebäudesicherung: Brandschutzkonzepte müssen individuell entworfen und regelmäßig überprüft werden
Gebäudesicherung: Brandschutzkonzepte müssen individuell entworfen und regelmäßig überprüft werden. Wirksame Brandschutz-Lösungen erfordern ein durchdachtes Sicherheitsmanagement ...
Gebäudesicherung: Brandschutzkonzepte müssen individuell entworfen und regelmäßig überprüft werden. Wirksame Brandschutz-Lösungen erfordern ein durchdachtes Sicherheitsmanagement mit integriertem Gesamtkonzept und klar definierten Schutzzielen. Entrauchungsanlagen haben dabei einen hohen Stellenwert. TÜV Süd Industrie Service unterstützt bei der Beurteilung, Auslegung und Prüfung von Brandschutz-Lösungen und erstellt Brandschutz-Konzepte.
Angesichts einer transparenten und komplexen Bauweise moderner Gebäude, deren Architektur die Unterteilung durch Brandwände und -schutztüren aus ästhetischen Gründen häufig verbietet, sind Abweichungen von baurechtlichen Anforderungen inzwischen der Regelfall. Derlei Abweichungen bedingen ein Brandschutz-Konzept. Insbesondere für Sonderbauten muss ein spezielles Brandschutz-Konzept erarbeitet werden. Hierzu zählen Gebäude und bauliche Anlagen besonderer Art oder Nutzung wie u. a. Hochhäuser, Versammlungs- und Verkaufsstätten mit einer meist weiträumigen und niedrigen Raumgeometrie sowie Gebäude, in denen ein Geschoss von mehr als 1.600 m2 Grundfläche vorhanden ist.
An die Stelle der baulichen treten zunehmend anlagentechnische Schutzmaßnahmen: Sprinkler, Rauchabzugsanlagen, Brandmelde- und Alarmierungsanlagen gehören in diese Kategorie. Flankiert werden sie von organisatorischen Maßnahmen wie etwa Verhaltensprogramme und Rettungspläne für den Ernstfall. Gemeinsam mit dem abwehrenden Brandschutz der Feuerwehren sind sie in das Brandschutzkonzept zu integrieren. Das Konzept selbst ist mit lokalen Behörden, Bauherrn, Gebäudebetreibern und Versicherern abzustimmen, was je nach Bundesland unterschiedliche Anforderungen stellt. Unter Berücksichtigung von technischen Vorschriften und Regeln erstellen Experten von TÜV Süd Industrie Service Brandschutz- und Rauchschutz-Konzepte oder Gutachten zu Brandschutz-Anlagen und unterstützen bei der Brandschutzplanung sowie bei brandschutztechnischen Begehungen.
Lüftung ersetzt keine Entrauchung
Im Vergleich zum Feuertod ist eine Rauchvergiftung durch CO und andere toxische Bestandteilen von Rauchgasen die weitaus häufigere Todesursache. Insbesondere CO ist nicht nur letal sondern auch geruchlos. Der Sachwertschaden, der durch Kontamination hochgiftiger und aggressiver Gase und Partikel entsteht, beläuft sich in der Regel auf ein Vielfaches gegenüber dem Feuerschaden. Die Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung von Entrauchungsanlagen nach dem aktuellen Stand der Technik, gehört daher zu den primären strategischen Schutzzielen. Im Ernstfall muss die Anlage sicher funktionieren und bspw. Flucht- u. Rettungswege rauchfrei bzw. raucharm halten, die Rauchausbreitung verhindern, eine ausreichende Sicht gewährleisten und die thermische Belastung von Räumen minimieren.
Laut Verordnungsgeber können Lüftungsanlagen bei einigen Sonderbauten zur Rauchableitung mit herangezogen werden. Bedingung ist, dass diese Gebäude mit Sprinklern ausgestattet sind. Durch solche (Komfort-)Lüftungsanlagen kann bestenfalls eine geringe Verbesserung der Verrauchungssituation erreicht werden. Keinesfalls kann aber eine Standard-Lüftungsanlage aus Kostengründen anstelle qualifizierter Entrauchungsanlagen z. B. zum Personenschutz eingesetzt werden. Abhilfe für gesprinklerte Gebäude könnten hier die seit kurzem am Markt befindlichen Lüftungsanlagen mit „nachgewiesener Funktionsdauer im Brandfall" bieten. Aber auch für diese Anlagen ist eine Auslegung und Dimensionierung nach Entrauchungsgesichtspunkten unerlässlich.
Instandhalten der Entrauchung
Prüfstrategisch ist zu empfehlen, die vorbeugende Wartung der nachträglichen Instandsetzung vorzuziehen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass weniger als ein Viertel der Kosten für die vorbeugende Wartung, der Rest für die nachträgliche Instandsetzung ausgegeben wird. Dies ist nicht nur unwirtschaftlich, sondern auch gefährlich. Da während der Ausfallzeiten diese Anlagen ihre Sicherheitsaufgaben nicht übernehmen können. Überdies sind die juristischen Konsequenzen im Ernstfall gänzlich unkalkulierbar. Das Haftungsrisiko steigt auf ein Maximum - je nachdem, ob fahrlässig oder grob fahrlässig gehandelt wurde.
Die Verantwortlichkeiten für die Instandhaltung (Prüfung, Instandsetzung, Verbesserung, Wartung) von Brandschutzeinrichtungen ergeben sich in Abhängigkeit vom Bauzustand, der Lebenszyklusphase des Gebäudes: Bis zur Übergabe und Abnahme tragen Bauherr, Planer und Errichter die Verantwortung, ab der Übergabe ist es der Betreiber. Sind Bauherr oder Betreiber persönlich oder mangels fachlich qualifizierter Mitarbeiter nicht in der Lage, die Instandhaltungsarbeiten durchzuführen, müssen sie Fremdfirmen beauftragen, wobei für die Auswahl der geeigneten Firmen wiederum der Bauherr oder Betreiber verantwortlich ist. Zu den zu überprüfenden Komponenten der Entrauchungsanlage gehören z. B. Brandgasventilator, Entrauchungsklappen, Entrauchungsleitungen mit bzw. ohne Feuerwiderstand, Nachströmeinrichtungen etc.
Bei der Übergabe bestätigt die Prüfbescheinigung des Sachverständigen eine wirksame und betriebssichere Entrauchungsanlage. Für Sonderbauten, bei denen das Schutzbedürfnis der Öffentlichkeit oder Nachbarn betroffen ist, ist eine Prüfung durch einen unabhängigen Sachverständigen oder Sachkundigen Vorschrift (staatliche Fürsorgepflicht). Die Protokollierung und Dokumentation der Instandhaltungsmaßnahmen kann durch entsprechende Automationssysteme optimiert werden.
Ganzheitliche Risikobetrachtung
Ein ausgewogenes Brandschutz-Konzept basiert neben der Entrauchung auf einer Vielzahl von Maßnahmen. Sie müssen eigens auf das betreffende Gebäude zugeschnitten sein. Wie Stützen eines Sicherheitsnetzes stehen diese Maßnahmen in Wechselwirkung zueinander. Ein Säulen-Modell kann dies verdeutlichen (Abb. 1). Fällt bspw. die Säule „Feuerwiderstandsfähige Decken" weg oder kann sie nur schwach dimensioniert werden, müssen dafür andere Säulen wie die Sprinkleranlagen, Rauchabzugsanlagen und Brandmeldeanlagen verstärkt werden oder weitere hinzukommen. Problematisch wird ein Konzept immer dann, wenn eine Sicherheitsanlage (z. B. Sprinkleranlage) zur Kompensation von mehreren baulichen Defiziten eingesetzt wird. Die Wertigkeit dieser Anlage innerhalb des Konzepts steigt dann stark an. Mit der Wichtigkeit erhöhen sich zugleich die Anforderungen an die Betriebssicherheit.
Brandfallsteuerung: Anlagen im Verbund
Einzelne sicherheitstechnische Brandschutz-Maßnahmen können in komplexen Gebäuden nicht immer als unabhängige Größen betrachtet werden. Sie wirken häufig im Verbund nach einer sog. Brandfallmatrix. Im Ernstfall steuern sich die Anlagen gemäß einer hierarchischen Abfolge automatisch an. Ein Beispiel: Nach Auslösen eines Brandmelders schließen die Brandschutztüren und -tore automatisch. Lüftungsanlagen schalten ab, Brandschutz-Klappen schließen. Die Aufzugsevakuierung fährt den Aufzug nach einer Brandmeldung in ein festgelegtes Geschoss, i. d. R. das Erdgeschoss (Evakuierungsfahrt) und sperrt ihn anschließend.
Auch kann nun eine Warndurchsage abgespielt werden. Mit dem Öffnen der Entrauchungsklappen können Gebäudeteile von giftigen Brandgasen befreit werden. Automatisch öffnen nun Türen/Fenster und Frischluft kann nachströmen. Im Treppenhaus wird die Druckbelüftung aktiviert und in den Geschossen fahren die AbströmÖffnungen auf. Nach einem brandbedingten Stromausfall übernimmt bspw. ein Dieselaggregat die Energieversorgung sicherheitstechnischer Einrichtungen.
Um nun die Wertigkeit einzelner Anlagenteile beurteilen zu können, ist eine ganzheitliche Risikobetrachtung erforderlich. Dabei wird in einem Algorithmus jede anlagentechnische Versagenssituation simuliert und es werden Konsequenzen daraus für das gesamte Brandschutz-System und dessen Schutzziele abgeleitet. So lassen sich die spezifischen Anforderungen unter Berücksichtigung von Wirksamkeit und Betriebssicherheit konzipieren und dimensionieren. Die Anlagensicherheit kann durch redundanten Aufbau und Diversifizierung von Maßnahmen erhöht werden. Eine professionelle Fehlererkennung und -beherrschung durch regelmäßige Überprüfung und den Aufbau einer fehlersicheren Steuerung ist ein weiterer elementarer Bestandteil eines ausgewogenen Brandschutz-Konzepts.
Fazit
Aufgrund der Komplexität eines ausgewogenen Brandschutz-Konzepts - welches individuell auf das Gebäude zugeschnitten sein muss - sollten die Fachkompetenzen bei einem Dienstleister gebündelt sein. Integrierte Konzepte und konsequente Überprüfung der Maßnahmen sind sicherheitstechnisch unerlässlich und wirtschaftlich sinnvoll. Die Entrauchung verdient dabei besonderes Gewicht.
KONTAKT
Dipl.-Ing. Heinrich Stadlbauer
TÜV SÜD Industrie Service GmbH
Elektro- und Gebäudetechnik, München
Tel.: 089/5791-2690
Fax: 089/5791-1289
brandschutz@tuev-sued.de
www.tuev-sued.de
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