Leuze: Sichere Positionierung - Der neue Sicherheitssensor FBPS 600i
Das Thema sichere Positionierung ist bei vielen Maschinen und Anlagenkonstruktionen von herausragender Bedeutung.
Regalbediengeräte, Querverschiebewagen oder Hubeinrichtungen bei Elektrohängebahnen sind Beispiele aus der Intralogistik und Automobilindustrie, die besonders hohe Anforderungen in diesem Bereich stellen. Hierfür ist entweder der notwendige Performance Level PLr nach ISO 13849-1 oder der notwendige Safety Integrity Level SIL nach IEC 62061 zu ermitteln. Um diesen international anerkannten Normen zu entsprechen, war es bisher notwendig, einen redundanten Sensor-Aufbau zu verwenden. Entsprechend mussten zwei Sensoren installiert werden, die zudem in diversitären Technologien ausgeführt waren, um Ausfälle aufgrund gemeinsamer Ursachen (Common cause fairlure, CCF) zu verhindern. Um dieses Problem in Zukunft zu umgehen, hat Leuze nun mit dem sicheren Barcode-Positioniersystem FBPS 600i einen neuen Sensor entwickelt, der beide Funktionen in einem Gerät vereint – Safety und messend – und zugleich den höchsten Performance Level PL e erreicht. Ulrich Balbach, Geschäftsführer der Leuze electronic-Gruppe, erläutert im Interview mit GIT SICHERHEIT, was es mit dem neuen FBPS 600i auf sich hat.
GIT SICHERHEIT: Herr Balbach, gerade in Fällen, in denen Positionsinformationen von den Sensoren schnell erzeugt und durch sichere Anschalteinheiten oder Steuerungen mit kurzen Reaktionszeiten verarbeitet werden müssen, gab es zur technischen Realisierung der Performance Levels c oder d nach ISO 13849-1 bisher nur die Möglichkeit zwei nicht sichere Sensoren in einem redundanten Aufbau zu verwenden. Können sie uns das kurz erläutern?
Ulrich Balbach: Grundsätzlich ist es ja so, dass Sicherheitsgeräte immer redundant aufgebaut sein müssen. Wenn Sie also beispielsweise in ein anderes Sicherheitsprodukt von uns hineinschauen, zum Beispiel in einen Sicherheits-Laserscanner, so sind in dem Gerät beispielsweise die Prozessoren immer doppelt ausgelegt. Auch die Software ist entsprechend geschrieben, d. h. sie überprüft die redundante Datenverarbeitung auf den beiden CPUs auf gleiche Ergebnisse. Das ist in allen unseren Sicherheits-Komponenten so und das ist genauso auch bei der Positionsbestimmung gegeben. Mit dieser Redundanz müssen wir uns tagtäglich auseinandersetzen. Und unsere Idee war dann: wir packen das alles in ein Gerät hinein, in dem die Redundanzforderungen komplett erfüllt sind.
Dieses neue Gerät, von dem Sie sprechen, ist das neue sichere Barcode-Positioniersystem FBPS 600i, das erstmals sowohl die Funktion der Barcode-Positionserfassung als auch die Safety-Funktion in sich vereint. Wie ist Ihnen dieses technische Kunststück gelungen?
Ulrich Balbach: Die „Physik“, um es mal so auszudrücken, ist hierbei gar nicht so das Problem. Das Problem besteht nachher vielmehr darin, alle Funktionen, die man in einem positionserfassenden System normalerweise straightforward runterprogrammiert, safe zu machen – noch einmal eine Abfrage, noch einmal ein Gegencheck usw. nur dann ist es durch den TÜV entsprechend zertifizierbar. Das heißt, an die Softwareentwicklung ist eine enorme Anforderung gestellt. Zum einen explodiert der Aufwand, zum anderen ist es aber auch so, dass die funktionale Sicherheit im Detail realisiert werden muss. Irgendeine Funktion, für die sie normalerweise fünf Minuten brauchen, kann da schnell auch mal fünf Tage oder drei Monate dauern. Das eigentliche Problem besteht also schon eher darin, das Softwarekonstrukt so mächtig hin zu bekommen. Es ist, wie wenn man sozusagen um eine Hausecke geht und man vorher nicht weiß, was einen erwartet. Es ist einfach vorab nicht planbar, wo jetzt viel oder wo wenig Aufwand sein wird.
Welche Vorteile, gegenüber den bestehenden Lösungen, bringt das neue Barcode-Positioniersystem für den Anwender mit sich?
Ulrich Balbach: Ganz grundsätzlich braucht ein Anwender anstatt zwei oder drei Geräten in den entsprechenden Verbindungen nur eines. Und die sicherheitstechnischen Überlegungen wurden von uns bereits vorgenommen und entsprechend realisiert. Das bedeutet eine wesentlich einfachere Integration. Es ist die Vereinfachung oder anders gesagt, die bewusste technische Simplifizierung eines Gesamtsystems, die es dem Kunden ermöglichen soll, sich auf seine Themen, die ihm wichtig sind, zu konzentrieren.
In welchen Märkten sehen sie das Hauptpotential für den FBPS 600i?
Ulrich Balbach: Da weißt uns unser BPS als rein messendes Gerät ohne integrierte Safety-Funktion schon ein bisschen den Weg. Besonders geeignet ist das neue sichere Barcode-Positioniersystem vor allem in der Förder- und Lagertechnik. Das sind Bereiche, bei denen es darauf ankommt, Informationen an die Steuerung safe weiterzugeben, damit im Zweifel sicher abgeschaltet wird. Von daher ist der Markt mal grundsätzlich von den Applikationen her dem eines nicht sicheren Geräts ähnlich. Dazu zählt maßgeblich die Intralogistik oder auch der Bereich der Elektrohängebahnen wie sie in der Automobil- oder Textilindustrie Verwendung finden.
In der Oktober-Ausgabe der GIT SICHERHEIT vom vergangenen Jahr, hatten wir Sie zur verstärkten Positionierung von Leuze im Geschäftsbereich Safety interviewt. Ist auch das nun ein weiterer Schritt, dass Ihr Unternehmen noch „gelber“ wird?
Ulrich Balbach: Wir bewegen uns ganz grundsätzlich in diese Richtung – wie auch unser Label „Safet at Leuze“ aussagt. Wir bieten unseren Kunden nicht nur Safety- Komponenten oder Safety-Services, sondern komplette Safety-Lösungen. Und zwar ganz gezielt für Applikationen, in denen wir jahrelange Erfahrung und Expertise mitbringen. Diese haben wir zu einem Gesamtpaket gebündelt, das wir unseren Kunden auch als solches anbieten. Ein Beispiel ist die Zugangssicherung an mehrspurigen Transportanalagen.
Zum Schluss wollen unsere Leser natürlich noch einen kleinen Ausblick in die Zukunft haben. Können sie uns schon etwas über die „gelbe“ Zukunft von Leuze verraten? Gibt es Projekte, an denen möglicherweise jetzt schon gearbeitet wird?
Ulrich Balbach: Die gibt es, ganz klar! Die sind aber auch bei uns im Haus noch geheim. Ich kann Ihnen aber mit Sicherheit sagen, dass wir uns in diesen Bereichen, in denen wir uns auch heute schon bewegen, weiterentwickeln werden. Egal ob das im Bereich der Sicherheits-Laserscanner, -Lichtgitter oder -Steuerungen ist. Wir wollen uns mit unseren eigenen Produkten und Services zum Safety Solutions-Anbieter entwickeln. Safety hat entsprechend bei uns im Haus einen sehr hohen Stellenwert. Hierfür haben wir einen eigenen Geschäftsbereich gegründet. Trotz allem ist Safety nur eine unserer Kernkompetenzen. Wir werden zunehmend „gelber“, aber eben nicht nur „gelb“.
Meist gelesen
Globale Konzernsicherheit bei der BMW Group
CSO Alexander Klotz ist für die globale Konzernsicherheit bei BMW Group zuständig. GIT SICHERHEIT hat sich mit ihm über Aufgaben und potentielle Bedrohungen unterhalten.
Top Player Maschinensicherheit – Oscar Arias, Schmersal
GIT SICHERHEIT im Interview mit Oscar Arias, Chief Sales Officer (CSO), Schmersal Gruppe.
General Product Safety Regulation (GPSR): Was regelt sie und welche Akteure müssen sich damit befassen?
Neue EU-Produktsicherheitsverordnung (GPSR) ab 13.12.2024: Wichtige Änderungen und Anforderungen für Verbraucherprodukte
Kommunale Sicherheit: Gespräch mit der Düsseldorfer Ordnungsdezernentin Britta Zur
Öffentliche Sicherheit der Stadt Düsseldorf im Zusammenspiel von Ordnungsamt und Polizei: Ordnungsdezernentin Britta Zur im Interview über die Kriminalitätsentwicklung, Gefahrenabwehr und Fußball-EM 2024.
Wenn das Gehirn rotiert - Warum ein effektiver Kopfschutz auch vor Rotationsenergie schützen sollte
Schutzhelme bieten im Allgemeinen nur unzureichenden Schutz vor schrägen Stößen.