Maschinensicherheit: Viele Schutztüren - ein Sicherheitsstandard
Hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit, Einbindung in verkettete Gesamtanlagen und sehr hohe Anforderungen an Produktivität und Verfügbarkeit: Das sind typische Merkmale von Verpackungs...
Hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit, Einbindung in verkettete Gesamtanlagen und sehr hohe Anforderungen an Produktivität und Verfügbarkeit: Das sind typische Merkmale von Verpackungsmaschinen für die Nahrungsmittelindustrie. Wie sie in die Praxis umgesetzt werden, zeigen die Maschinen und Anlagen der Meurer Verpackungssysteme in Fürstenau bei Osnabrück. Das 1969 gegründete Unternehmen gehört zu den führenden Herstellern von Endverpackungsanlagen. Die rund 650 Mitarbeiter entwickeln und fertigen Linien für die komplette Sekundärverpackung, d.h. für Prozessschritte wie Gruppieren, Kartonieren, Einschlagen und Palettieren. Dabei werden sehr heterogene Produkte verpackt. Das Spektrum reicht von Tablettenschachteln über Schokoriegel bis zu Waschmittelkartons.
Hoher Anspruch an die Zulieferer
Dennoch haben alle Anlagen, die in Fürstenau gefertigt werden, vieles gemeinsam - nicht nur den hohen Qualitäts- und Leistungsanspruch. Geschäftsführer Walter Schmidt: „Wir liefern Lösungen. Deshalb werden die Anlagen immer individuell entwickelt." Das geschieht mit hoher Fertigungstiefe. Der Metallbau - die Maschinenrahmen und -abdeckungen sind größtenteils aus Edelstahl - wird in einem eigenen Zweigwerk hergestellt, ebenso die Schaltschränke, die meistens in die Maschinen integriert sind.
Bei den Zulieferkomponenten z.B. der Antriebs- und Steuerungstechnik sowie der Maschinensicherheit setzt Meurer auf unternehmensinterne Standards und legt die Messlatte dabei hoch. Walter Schmidt: „Wir arbeiten grundsätzlich mit Marktführern zusammen." In der Sicherheitstechnik bedienen sich die Ingenieure seit rund 30 Jahren aus dem Portfolio der Schmersal Gruppe und haben auch eigene Vorstellungen in die Entwicklung der Sicherheits-Schaltgeräte eingebracht.
Modifizierte Sicherheitszuhaltung für die Verpackungsindustrie
So hat Schmersal vor vielen Jahren die Sicherheitszuhaltung AZM 160/ 161 nach den Wünschen von Meurer modifiziert. Üblicherweise halten diese Sicherheits-Schaltgeräte die Schutztür so lange verriegelt, bis die Nachlaufbewegung zum Stillstand gekommen ist. Beim AZM 160 / 161 in der von Meurer mitgestalteten Version, die auch andere Kunden von Schmersal gern verwenden, registriert die integrierte Sensorik, dass ein Bediener die Schutztür öffnen will. Sie meldet dies an die Steuerung, die dann veranlasst, dass die Maschine wenige Sekunden lang den Takt zu Ende fährt und erst dann die Schutztür freigibt. Der Bediener gibt also mit dem Anziehen des Türgriffs eine Anforderung an die Steuerung. Das heißt: Dieses elegante Prinzip führte zu einem kontrollierten Stillstand, der den Wiederanlauf vereinfacht und somit die Produktivität der Maschine und der gesamten Linie wahrt.
Neues Konzept für die Stellungsüberwachung von Schutztüren
Als im Gefolge der Maschinenrichtlinie die EN 13849-1 veröffentlicht wurde, die neue Anforderungen an die Auswahl von Sicherheits-Schaltgeräten stellt, nutzten die Entwickler von Meurer dies zu einer Neukonstruktion der Sicherheitstechnik. Elektroingenieur Thomas Tegethoff: „Bei der Sicherheitsbetrachtung nach der neuen EN-Norm bieten elektronische Sicherheits-Schaltgeräte Vorteile. Mit ihren erreicht man höhere MTTFd-Werte und somit ein höheres Performance Level. Die Möglichkeit der Reihenschaltung vereinfacht die Installation und Integration der Geräte."
Diese Gründe sprechen für den Einsatz der neuen, elektronischen Sicherheitszuhaltung MZM 100 als neuer Standard. Bei ihr wird die Zuhaltekraft nicht durch eine mechanische Verriegelung, sondern über einen Elektromagneten aufgebracht. Das erlaubt im Vergleich zu elektromechanischen Sicherheitszuhaltungen ein hygienegerechteres Design. Aus Sicht von Meurer ist das ein Vorteil, weil die Hygiene-Anforderungen fortlaufend standardisiert werden. Zudem ist der MZM 100, den Schmersal in enger Abstimmung mit Anwendern aus der Verpackungsindustrie entwickelt hat, unempfindlicher gegenüber einem Schutztürversatz sowie gegenüber Vibrationen und prellenden Schutztüren. Eine weitere Besonderheit, die erst aufgrund des magnetischen Wirkprinzips möglich wird, ist die einstellbare Rastkraft des MZM 100. Sie kann an die Kraft des Bedieners bzw. an die Größe der Schutztür angepasst werden.
Ziel: Sicherheit bei höchster Produktivität
Da die Endverpackungsmaschinen mit hoher Geschwindigkeit arbeiten und zumeist in verkettete Linien eingebunden sind, kann ein Stillstand an einem einzelnen Prozessschritt aus Anwendersicht unangenehme Folgen haben. Deshalb ist es Ziel der Meurer-Entwickler, die Sicherheitsfunktionen so in die Anlagen zu integrieren, dass sie deren Produktivität nicht beeinträchtigen.
Diesem Ziel dienen mehrere Modifikationen am MZM 100, die Schmersal in Abstimmung mit Meurer realisierte. Eine davon ist die Zuhaltefunktion. Thomas Tegethoff: „Die Zuhaltung benötigen wir aus Gründen der Prozesssicherheit und Produktivität. Sie verhindert, dass der Prozess gestoppt wird, wenn der Bediener eine Schutztür öffnet."
Sonderfunktionen verringern Stillstandszeit und erhöhen Bedienkomfort
Somit handelt es sich bei dem MZM 100, den Meurer einsetzt, streng genommen nicht um eine Sicherheitszuhaltung, sondern um einen Sicherheitssensor mit (nicht sicherheitsgerichteter) elektromagnetischer Zuhaltung. Aus diesem Grund kann man auf die Sperrzeit verzichten, die üblicherweise eingestellt ist und die einen sofortigen Wiederanlauf der Maschine nach einem Reset, der z. B. auf eine Störungsbeseitigung folgt, verhindert. Das verringert die Stillstandszeiten, die vor allem deshalb vermieden werden sollen, weil die schnell laufenden Anlagen zumeist in komplette Produktionslinien integriert sind.
Eine weitere Besonderheit des MZM 100 B - so heißt diese Variante - ist die Integration eines zusätzlichen Permanentmagneten, der die Schutztür in stromlosem Zustand geschlossen hält.
Sicherheitssensor mit Zuhaltung als Standard - vielseitig verwendbar
Als die Schmersal Gruppe den MZM 100 einführte, war bereits klar, dass es eine Variante mit den hier beschriebenen Eigenschaften geben wird. Diese Variante setzt Meurer nun als Standard-Sicherheits-Schaltgerät ein.
Typischerweise gibt es vier bis zehn Schutztüren pro Maschine, die aus transparentem Kunststoff gefertigt werden, um dem Bediener stets optimale Sicht auf den Prozess zu ermöglichen. Die Stellung dieser Schutztüren wird jeweils über einen MZM 100 B abgefragt. Das Spektrum reicht dabei von schmalen Abdeckungen, die ein Förderband absichern, über ein- und doppelflüglige drehbare Schutztüren in ganz unterschiedlichen Größen bis zu groß dimensionierten seitlich verschiebbaren Schutztüren. Die einstellbare elektromagnetische Rastkraft gewährleistet, dass die Schutztüren unabhängig von ihrer Größe immer bequem zu öffnen sind. Außerdem bietet das berührungslose Wirkprinzip des MZM 100 B gerade bei großen Schutztüren Vorteile. Thomas Tegethoff: „Der Trend geht zu größeren Türen, die aus Designgründen ohne Rahmen ausgeführt werden. Deshalb ist mehr Bewegung in der Tür. Bei elektromechanischen Sicherheits-Schaltgeräten ist das schwerer auszugleichen als bei berührungslosen Systemen."
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