Seit einigen Jahren steigt die Nachfrage nach Multinorm-PSA. Dafür gibt es mehrere Gründe. Durch die Novellierung des Produktsicherungsgesetzes und die damit gestiegenen Haftungsrisiken bringen Unternehmen dem Thema Prävention verstärkte Aufmerksamkeit entgegen. So tauschen sich Unternehmen und Berufsgenossenschaften, aber auch die Sicherheitsfachkräfte innerhalb der Branchen intensiv aus. Darüber hinaus erfordern neue Produktionsverfahren erweiterte Schutzeigenschaften der PSA.
Grundsätzlich ist zwischen Arbeitskleidung, die zum Schutz der Privatkleidung bei der Arbeit getragen wird, Berufskleidung als Standes- und Dienstkleidung und Persönlicher Schutzausrüstung zu unterscheiden. Während die beiden erstgenannten keine spezifische Schutzfunktion gegen schädigende Einflüsse besitzen, ist PSA per Definition nach der PSA-Verordnung dafür entworfen und hergestellt, um von einer Person als Schutz gegen ein oder mehrere Risiken für ihre Gesundheit oder ihre Sicherheit getragen zu werden. Die allgemeinen Anforderungen an Schutzkleidung sind in der EN ISO 13688 geregelt. Sie gibt unter anderem vor, dass Schutzkleidung ergonomisch korrekt gestaltet sein muss, die thermophysiologische Belastung des Trägers möglichst gering sein sollte und die Reinigung keine schädliche Wirkung auf die PSA haben darf.
Arbeitgeber müssen PSA kostenlos zur Verfügung stellen
Es gehört zu den Grundpflichten des Unternehmers, die Gefährdungen und Belastungen, denen die Mitarbeiter bei der Arbeit ausgesetzt sind, zu ermitteln, die Ergebnisse in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren und geeignete Schutzvorkehrungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren zu treffen. Die ergriffenen Maßnahmen müssen in der Folge regelmäßig auf ihre Wirksamkeit überprüft und erforderlichenfalls an sich ändernde Gegebenheiten angepasst werden.
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG §3 Abs. 3) schreibt vor, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmern entsprechend der Gefährdungsbeurteilung ausgestattete PSA kostenlos zur Verfügung stellt. Die PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV §2 Abs. 4) verlangt vom Arbeitgeber darüber hinaus, diese professionell reinigen und hygienisch aufbereiten zu lassen. In seine Pflicht fällt auch, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der korrekten Anwendung der PSA zu schulen und diese Unterweisungen in regelmäßigen Abständen zu wiederholen.
Die Arbeitnehmer sind nach der PSA-Benutzungsverordnung verpflichtet, die PSA gemäß Herstellerinformation zu tragen. Das Nichttragen von PSA und deren falsche Anwendung sowie die Verletzung der Sorgfaltspflicht kann zur Verwarnung und bei Wiederholung zur Kündigung führen. Im Falle eines Arbeitsunfalls kann der Arbeitnehmer den Anspruch auf Versicherungsleistungen verlieren.
Typische Einsatzbereiche für Multinorm-Schutzkleidung sind bei Energieversorgern
Welche potenziellen Gefahren von einer Arbeitsstätte als Ganzes, aber auch von jedem einzelnen Arbeitsplatz ausgehen, wird im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung analysiert und festgehalten. Sie ist damit die Basis für alle Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz, die der Arbeitgeber für ein sicheres Arbeitsumfeld seiner Mitarbeiter umsetzen muss. Aus den benannten Risiken sind die Schutzfunktionen der Schutzkleidung und die Notwendigkeit weiterer Schutzausrüstung abzuleiten, wie zum Beispiel Kopfschutz und Sicherheitsschuhe.
Erfüllt die Schutzkleidung, abgesehen von der EN ISO 13688, mehr als eine Norm, spricht man von Multinorm-Schutzbekleidung. In diese Kategorie fällt zum Beispiel die Schutzkleidung für Schweißen und verwandte Verfahren. Neben der eigentlichen Schweißerschutznorm EN ISO 11611 muss sie auch der EN ISO 11612 „Schutzkleidung gegen Hitze und Flammen“ entsprechen.
Weitere typische Einsatzbereiche für Multinorm-Schutzkleidung sind bei Energieversorgern, Entsorgungs- und Industriewartungsunternehmen, Raffinerien und Gefahrguttransporteuren. In diesen Branchen reichen Hitze- und Flammschutz oftmals nicht aus. Je nach Arbeitsumgebung und Tätigkeit besteht zusätzlich die Gefahr der Einwirkung eines Störlichtbogens und/oder einer elektrostatischen Aufladung mit dem Risiko der Explosion von Gas- und Staubgemischen.
So müssen Fachmonteure im Umgang mit Schaltanlagen oder beim Kabelverbau Multinorm-Kleidung tragen, die neben der EN ISO 11612 auch die IEC 61482-1-2 „Schutz gegen thermische Gefahren eines Störlichtbogens“ und die EN 1149-5 „Elektrostatische Eigenschaften“ erfüllt. Wer beispielsweise bei Wartungs- und Transporttätigkeiten mit Kraftstoffresten bzw. explosiven Rückständen in Berührung kommen kann, benötigt Schutzkleidung sowohl mit flammhemmenden als auch mit antistatischen Eigenschaften.
Vergleichsweise neue Anforderungen resultieren in der Automobilfertigung aus dem Verbau von Hochvoltbatterien – oder für Arbeiten bei unklarer Lage an nicht fahrtüchtigen Hybridfahrzeugen. Hier gilt es, die speziell geschulten Mitarbeiter außer gegen Funkenflug und die thermischen Gefahren eines Störlichtbogens auch gegen Gefährdungen durch Hitze und Flammen zu schützen. Wo viel Fahrverkehr herrscht, kommt der Warnschutz (EN ISO 20471) und im Außenbereich der Wetterschutz (EN 343) als weitere Anforderung hinzu.
Aufgabe der Multinorm-Schutzkleidung ist es, das jeweilige Gefährdungsprofil umfassend abzudecken. Das erfordert insbesondere bei Mitarbeitern mit wechselnden Einsatzgebieten, wie beispielsweise Mischkolonnen in Versorgungsunternehmen, die Bereitstellung von Schutzkleidung mit oftmals sechs und mehr Schutzfunktionen sowie entsprechende organisatorische und verhaltensbezogene Sicherheitsmaßnahmen.
Hier tendieren manche Unternehmen dazu, hochkomplexe Multinorm-Kleidung auch den Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen, die einem Teil der Gefährdungen überhaupt nicht ausgesetzt sind. Unter Sicherheits- und Kostengesichtspunkten ist das Viel-hilft-Viel-Prinzip nicht empfehlenswert. Gezielte Beratung und eine differenzierte Produktauswahl helfen, den Kostenrahmen zu optimieren.
Tragekomfort ist entscheidend für die Akzeptanz der Schutzkleidung und das Tragen
Für Mitarbeiter ist der Tragekomfort entscheidend für die Akzeptanz und letztlich auch für das korrekte Tragen von Schutzkleidung. So steigern leichte, atmungsaktive und hautfreundliche Gewebe Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit der Träger. Wie weit die Schere allein beim Gewebegewicht auseinandergeht, zeigt das derzeitige Marktangebot an EN ISO 11612 zertifizierter Schutzkleidung gegen Hitze und Flammen. Die Spanne reicht hier von 340 g/m2 bis über 500 g/m2. Sehr hautfreundlich ist zum Beispiel ein hoher Anteil an Viskose (flammhemmend ausgerüstet) auf der dem Körper zugewandten Seite.
Ebenso wichtig ist die ergonomische Schnittführung bzw. Konstruktion der Kleidung. Sie gibt dem Nutzer Bewegungsfreiheit und unterstützt ihn in Zwangshaltungen. Spürbare Erleichterung insbesondere bei Zwangshaltungen bringen ergonomische Features, wie vorgeformte Ellbogen- und Kniebereiche, Bewegungsfalten im Rücken und ein elastischer Hosenbund, der selbstverständlich flammhemmend sein muss.
Weitergehende Informationen zu Funktionalität, Tragekomfort und Standzeit von Schutzkleidung lassen sich in Tragetests im realen Arbeitsumfeld durch ausgewählte Mitarbeiter ermitteln. Sie geben Aufschluss über Nutzervorteile und Mehrwert der Bekleidung und ermöglichen, ihr tatsächliches Preis-/Leistungsverhältnis zu bewerten. So rechnen sich die höheren Anschaffungskosten von hochwertiger Schutzkleidung oftmals − ganz abgesehen von den Vorzügen, die sie dem Nutzer in punkto Sicherheit und Komfort bieten kann.
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