OPC UA TSN: B&R sieht großes Potenzial
BR sieht in OPC UA TSN das Potenzial, einen einheitlichen Kommunikationsstandard für heutige und zukünftige Industrial IoT-Anwendungen zu schaffen. Daher treibt der Automatisierung...
![Sebastian Sachse, Technology Manager Open Automation bei B&R](/media/story_section_gallery/10594/img-01-sachsesebastian-gsm0617.jpg)
![Beim Publish/Subscribe-Modell sendet ein Server seine Daten in das Netzwerk...](/media/story_section_gallery/10594/img-02-b-2br01-gsm0617.jpg)
B&R sieht in OPC UA TSN das Potenzial, einen einheitlichen Kommunikationsstandard für heutige und zukünftige Industrial IoT-Anwendungen zu schaffen. Daher treibt der Automatisierungsspezialist die Erweiterung von OPC UA um Pub/Sub und die Kombination von OPC UA mit Ethernet TSN voran. GIT SICHERHEIT sprach mit Sebastian Sachse, Technology Manager Open Automation bei B&R, welche Vorteile sich für Maschinenbauer und -betreiber durch OPC UA ergeben.
GIT SICHERHEIT: Herr Sachse, wieso setzt B&R so stark auf OPC UA?
Sebastian Sachse: OPC UA ist die Lösung für eine der größten Herausforderungen moderner Produktionskonzepte. Egal, ob wir es Industrie 4.0, Industrial IoT oder Smart Factory nennen, – die Produktion der Zukunft ist nur möglich, wenn alle Komponenten einer Produktionsanlage überein einheitliches Netz kommunizieren. Das reicht vom Sensor bis hinauf zu ERP- und Leitsystemen. Nur wenn IT und OT zusammengeführt werden, entsteht die nötige Transparenz der Daten, die für Industrial IoT-Anwendungen notwendig ist.
Es gibt schon zahlreiche Netzwerke, Feldbusse und Kommunikationsprotokolle, wieso soll nun noch ein weiteres eingeführt werden?
Sebastian Sachse: Genau das ist der Punkt: Es gibt zu viele Protokolle. Schauen wir uns eine typische Maschinenhalle an. Dort stehen Maschinen zahlreicher Hersteller, die wiederum unterschiedliche Steuerungssysteme mit unterschiedlichen Feldbussen oder Industrial-Ethernet-Netzwerken einsetzen. Selbst wenn diese Maschinen getrennt voneinander arbeiten, ist diese Heterogenität mit großem Aufwand bei Inbetriebnahme und Wartung verbunden.
Wenn die einzelnen Komponenten eng miteinander kommunizieren sollen, …
Sebastian Sachse: … ist das auf diesem Wege quasi unmöglich. Zahlreiche Gateways und Schnittstellen müssen programmiert und instandgehalten werden. Dazu ist Geld, Zeit und spezielles Fachpersonal nötig. Spätestens wenn Reaktionszeiten im Echtzeitbereich nötig werden, zum Beispiel, um einen Roboter und eine Spritzgießmaschine zu synchronisieren, lässt sich das so nicht umsetzen.
Es gibt genug Echtzeitprotokolle, wieso muss es gerade OPC UA sein?
Sebastian Sachse: Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen ist OPC UA ein unabhängiger und anerkannter Standard, der die Produktionswelt und die IT-Welt verbindet. Zum anderen stellt es von Haus aus Security-Funktionen zur Verfügung, mit denen Daten zuverlässig und sicher übertragen werden. Und dann gibt es noch ein ganz entscheidendes Alleinstellungsmerkmal: OPC UA überträgt nicht nur Daten, sondern Informationen.
Das heißt?
Sebastian Sachse: Ein Temperaturwert ist in OPC UA nicht nur eine nackte Zahl, sondern ein Informationspaket inklusive Angaben wie verwendete Einheit oder Sollgrenzen. Damit ist das Protokoll prädestiniert für die Kommunikation zwischen unterschiedlichen Systemen. Schnittstellen, in denen definiert wird, wie welche Werte oder Variablen interpretiert werden sollen, sind überflüssig. Zudem ermöglichen die sogenannten Methoden in OPC UA, das Maschinen- oder Anlagenteile bestimmte Funktionen in anderen Maschinen- oder Anlagenteilen aufrufen. So lässt sich die vernetzte Produktion einfach umsetzen.
Doch das jetzige OPC UA ist gar nicht echtzeitfähig, wie wollen Sie dann Abläufe in Echtzeit synchronisieren?
Sebastian Sachse: Heute ist OPC UA schnell, aber weder deterministisch noch zyklisch im Sinne der Automatisierung. Das wird sich jedoch bald ändern.
Wie soll das funktionieren?
Sebastian Sachse: Durch 2 Mechanismen beziehungsweise Technologien, die derzeit entwickelt werden. Erstens arbeiten B&R und andere Automatisierungshersteller an der Erweiterung von OPC UA um einen Publish/Subscribe-Mechanismus und zweitens soll OPC UA zukünftig auf Ethernet TSN aufsetzen.
Diese Begriffe müssen Sie uns bitte genauer erläutern. Was ist ein Publish/Subscribe-Mechanismus?
Sebastian Sachse: OPC UA arbeitet bisher mit einem Client/Server-Mechanismus. Ein Client fragt eine Information an (Request) und erhält eine Antwort von einem Server (Response). Die Übertragung findet asynchron statt. Dieses System stößt an seine Grenzen, wenn das Netzwerk viele Teilnehmer hat. Das Publish/Subscribe-Modell – auch Pub/Sub genannt – erweitert das Kommunikationsspektrum von OPC UA. Pub/Sub ermöglicht eine One-to-many- sowie eine Many-to-many-Kommunikation. Mit Pub/Sub können Entwickler ein festes Zeitfenster definieren, in dem die Daten ausgetauscht werden. Das ist ein wichtiger Aspekt, um OPC UA echtzeitfähig zu machen.
Und was können wir uns unter TSN vorstellen?
Sebastian Sachse: TSN steht für Time Sensitive Networking und fasst die Erweiterung des Ethernet-Standards IEEE 802.1 um diverse Echtzeitfunktionen zusammen. Mit TSN können zeitkritische Daten auch in weitverzweigten Netzwerken deterministisch übertragen werden. Da die Automobilbranche auf TSN setzt, werden die nötigen Halbleiter-Baugruppen sehr schnell und vergleichsweise kostengünstig verfügbar sein.
Da es sich um 2 neue Technologien handelt, wird es vermutlich noch ein paar Jahre dauern, bis OPC UA TSN tatsächlich im Feld ankommt.
Sebastian Sachse: Ganz im Gegenteil. Die OPC-UA-Spezifikation für Pub/Sub ist so gut wie abgeschlossen. Wir testen bereits seit einiger Zeit Prototypen mit Pub/Sub, zum Beispiel ein Feldgerät. Ich gehe davon aus, dass die Spezifikation in Kürze verabschiedet wird und dann zügig von vielen Herstellern in Serienprodukte implementiert wird. Bei TSN sieht es nicht viel anders aus: Diese Technologie prüfen wir gerade im TSN-Testbed des Industrial Internet Consortium (IIC) auf Herz und Nieren. Die bisherigen Ergebnisse stimmen uns sehr positiv: OPC UA TSN hat unsere Erwartungen teilweise übertroffen. Ich gehe davon aus, dass wir Ende diesen Jahres erste Anlagen sehen werden, in denen OPC UA TSN die klassischen Feldbusse auf Steuerungsebene vollständig ersetzt haben wird und die komplette Kommunikation bis hinauf in die Cloud ausschließlich über OPC UA abgewickelt wird.
Herr Sachse, wir danken Ihnen für dieses aufschlussreiche Gespräch.
Business Partner
B&R Industrie-Elektronik GmbHNorsk-Data-Str. 3
61352 Bad Homburg
Deutschland
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