Pepperl+Fuchs: Einfach eigensicher - Neue SIL-3-Ausgangstreiber machen Workaround überflüssig
Welche Voraussetzungen muss ein SIL-3-Signalkreis erfüllen? Herkömmlich werden dafür homogen oder heterogen redundante Architekturen verwendet.
Die neuen SIL-3-Trennbarrieren von Pepperl+Fuchs vereinfachen die Implementierung und verbessern die Prüfintervalle in eigensicheren Abschalteinrichtungen. Sie sind für die Hutschienenmontage und für Termination Boards verfügbar. Ihr Einsatz senkt den Aufwand für die Hardware beträchtlich: Mit einem Ausgangstreiber allein werden die Voraussetzungen für SIL 3, SIL 2 und SC3 erfüllt.
Wo mit explosiven Materialien gearbeitet wird, muss die Stoffzufuhr jederzeit gestoppt werden können, etwa wenn im Chemie-Reaktor ein kritischer Zustand droht. Zur schnellen Abschaltung wird üblicherweise ein Stellglied im explosionsgefährdeten Bereich angesteuert. Diese Konstellation gehört in der verfahrenstechnischen Industrie zum Standard. In der Regel gelten dann – dem hohen Risiko entsprechend – die Anforderungen von SIL 3.
Die typische Sicherheitslösung besteht in vielen Fällen im Einsatz von zwei SIL-2-Geräten. Der Signalkreis muss also redundant aufgebaut werden, um systematische Fehler so weit wie möglich auszuschießen. Dafür kamen prinzipiell die heterogene oder die homogene Redundanz in Frage.
Heterogene und homogene Redundanz
Für die heterogene Redundanz verwendet man zwei Trennbarrieren unterschiedlicher Bauart. Systematische Fehler, die aus Schwachstellen im Gerätedesign oder von systematisch fehlerhaften Bauteilen einer Charge entstehen können, werden so umgangen. Beim Einsatz baugleicher Typen ist eine homogene Redundanz gegeben. Um auch in diesem Fall die SIL-3-Anforderungen zu erfüllen, müssen die Module eine systematische Eignung aufweisen. Hier wird nach „Systematic Capability“ (SCx) eingestuft.
Für den Aufbau eines SIL-3-Signalkreises sind zertifiziert SIL-2-Module mit SC3 geeignet. Ihre funktionale Sicherheit wird durch ein FSM-Zertifikat belegt (FSM=Functional Safety Management). Das FSM-System reduziert systematische Fehler durch organisatorische Maßnahmen. Eine solche Architektur wird zum Beispiel vom TÜV-Rheinland anerkannt. Die SIL-2-Module von Pepperl+Fuchs sind in der Regel für SC3 zertifiziert.
In Bereichen jenseits der eigentlichen Prozessautomation, in denen zur Risikominimierung auch die Maschinenrichtlinie relevant ist, muss zusätzlich die EMV-Norm EN 61326-3-1 beachtet werden. Sie definiert Störfestigkeitsanforderungen für sicherheitsbezogene Systeme und für Geräte, die für sicherheitsbezogene Funktionen im Sinne der funktionalen Sicherheit vorgesehen sind. Nach dieser Norm muss in bestimmten Fällen ein SIL-2-Gerät bis zu fünfmal länger geprüft werden, als es die normale Testdauer vorsieht, wenn es in SIL-3-Anwendungen zum Einsatz kommen soll.
Viel Hardware, großer Prüfaufwand
Diese Forderung wird in der für die Prozessautomation gültigen EMV-Norm EN 61326-3-2 nicht erhoben. Das bedeutet, dass man dort auf redundante SIL-2-Strukturen ausweichen kann. Es ist jedoch viel einfacher, stattdessen eine Trennbarriere zu verwenden, die selbst die Anforderungen von SIL 3 erfüllt. Der deutlich geringere Hardware-Aufwand dieser Lösung ist offensichtlich. Zudem können die normativen Randbedingungen je nach Aufgabenstellung die Verwendung einer SIL-2-Struktur ausschließen. Der wohl entscheidendste Nachteil liegt jedoch im größeren Prüfaufwand. Das wird im eingangs erwähnten Beispiel der Absicherung eines potenziell kritischen Stoffstroms deutlich:
Für die sichere Abschaltung werden dort zwei SIL-2-Einheiten in Reihe benötigt. Nun muss aber das Zuflussventil den Sicherheitsnormen entsprechend regelmäßig überprüft werden, und dafür wird der gesamte Signalkreis abgeschaltet. Will oder kann man die Unterbrechung des Prozesses nicht in Kauf nehmen, muss man zur Überbrückung parallel einen zweiten Strang installieren – wiederum mit zwei SIL-2-Einheiten in Reihe. Insgesamt werden in diesem Aufbau vier SIL-2-Bausteine plus Feldgeräte benötigt. Mit einer SIL-3-fähigen Trennbarriere kann man Hardwareaufwand bei der einfachen wie bei der doppelten Auslegung des Stranges halbieren.
Eine Trennbarriere ersetzt redundante Module
Die neuen Trennbarrieren von Pepperl+Fuchs bieten hier die Möglichkeit, mit noch weniger Ausrüstung auszukommen und zugleich den Prüfaufwand bei einer SIL-3-Abschaltung zu reduzieren. Der Stellungsregler bzw. das intelligente Schaltventil arbeitet dabei im „binären“ Modus, also im Betrieb vollständig offen oder geschlossen. Er kann aber nicht nur die eigentliche Sicherheitsposition auslösen, sondern mit einem HART-Signal auch einen Teilhubtest (Partial Stroke Test, PST) durchführen.
Damit lässt sich die Ventilfunktion ohne Prozessunterbrechung überprüfen. In dieser Betriebsart kann das Ventil die Anforderungen von SIL 3 erfüllen, selbst wenn er in der „analogen“ Betriebsart nur SIL 2 erreicht. Die neue Trennbarriere ist das erste verfügbare Gerät, das sowohl den Explosionsschutz gewährleistet als auch die Abschaltfunktion entsprechend SIL 3 ermöglicht. „Analoge“ SIL-2-Anwendungen profitieren ebenfalls, weil die Prüfintervalle optimiert werden.
In der Signalübertragung zwischen Feld und Steuerung sind vier Varianten zu unterscheiden:
- Digitale Signale aus dem Feld werden mit Schaltverstärkern zur Steuerung übertragen ;
- sie gelangen durch Ventilsteuer- und Relaisbausteine von der Steuerung zum Feld;
- Transmitterspeisegeräte und Repeater sind für analoge Messsignale geeignet;
- analoge Aktoren werden mit Hilfe von Trennbarrieren (auch als Schaltverstärker oder Ausgangstreiber bezeichnet) angesteuert.
Mit den neuen, einkanaligen Ausgangstreibern von Pepperl+Fuchs ist das Safety Portfolio nun komplett. Trennbarrieren stehen für alle vier Arten der Signalübertragung zur Verfügung und zwar für SIL 2 und SIL 3 Anwendungen. Die Montage ist sowohl im K-System (Hutschiene) als auch im H-System (Termination Board) möglich. Aufgrund der SC3-Zertifizierung sind die SIL-2-Geräte in der Regel auch zum Aufbau von SIL-3-Kreisen geeignet. Die Geräteklemmen verfügen über Prüfbuchsen für den Anschluss von HART-Kommunikatoren.
Die Geräte verstärken das Eingangssignal des Steuerungssystems, um im explosionsgefährdeten Bereich Aktoren zu bedienen. Durch Überlagerung kann der analoge Messwert auf der Feld- und Steuerungsseite mit digitalen Signalen ergänzt werden; das HART-Protokoll ermöglich die bidirektionale Übertragung. Mit 12,5 mm Breite nehmen die Bausteine nur wenig Platz in Anspruch. Sie verfügen jeweils über eine Leitungsfehlererkennung sowie einen separaten Fehlerausgang. Fehler werden mittels LED angezeigt und per separater Sammelfehlermeldung ausgegeben. Das Modul für das K-System ist wahlweise mit Schraub- oder Federklemmen ausgestattet. Betreiber sicherheitsgerichteter Anwendungen können bei Pepperl+Fuchs alle benötigten Module aus einer Hand beziehen.
Auf einen Blick
Neue SIL-3-Trennbarrieren für analoge Ausgangssignale komplettieren das SIL-3-Portfolio von Pepperl+Fuchs:
- Sie sind verfügbar sowohl für das hutschienenorientierte K-System als auch für das Termination-Board-basierte H-System.
- Die Geräte verbessern die Prüfintervalle in eigensicheren Abschalteinrichtungen und verringern den Hardwareaufwand gegenüber dem Workaround mit zwei SIL-2-Anwendungen.
- SIL 3, SIL 2 und SC3 (homogene Redundanz) für alle Signalarten - analog und digital, aus dem und in das Feld
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