Sicherheitsaspekte bei der Planung von Kliniken für die forensische Psychiatrie
Aktuelle architektonische Trends bei der Planung von Kliniken für die forensische Psychiatrie unter Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten – am Beispiel der Vitos-Klinik für Forensische Psychiatrie in Riedstadt und der Karl-Jaspers-Klinik für Jugendpsychiatrie in Bad Zwischenahn. Ein Beitrag von GSP Architekten aus Bremen.
In Kliniken für die forensische Psychiatrie werden psychisch kranke und suchtkranke Menschen behandelt, die aufgrund ihrer Erkrankung eine Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit begangen haben. Der Erweiterungsneubau der Vitos Klinik für forensische Psychiatrie (KFP) Riedstadt mit seinem U-förmigen Grundriss hat drei verschiedene Stationen auf drei Geschossen. Im Erdgeschoss befindet sich eine Station, die ausschließlich mit Frauen belegt ist, im 1.OG eine gesicherte Station für Männer und im 2. OG wurde eine Station zur Entlassungsvorbereitung mit geringeren Sicherheitsanforderungen bezüglich der Binnensicherung realisiert. Das Gebäude wird über eine zentrale Pforte erschlossen. Die Stationen sind wiederum über eine Schleuse gesichert. Die Stützpunkte sind auch hier zentral angeordnet und gewährleisten eine gute Einsehbarkeit über die gesamte Station. Für jede Station gibt es Aufenthaltsbereiche im Freien.
Einen sternförmigen, eingeschossigen Grundriss hat dagegen die Jugendforensik der Karl-Jaspers-Klinik in Bad Zwischenahn. Das Sicherheitskonzept funktioniert von außen nach innen über drei verschiedene Sicherheitsringe. Das Gebäude ist durch eine kontrollierte Zugangsschleuse gesichert. Die Stationen werden von einer zentral angeordneten Leitstelle aus überwacht. Von dort können die Mitarbeiter alle vier Wohngruppenflure sowie in den Therapie- und Bildungsbereich gut einsehen. Die Patientenzimmer sind zu den Innenhöfen ausgerichtet, während sich die Gruppen- und Therapieräume in den Außenraum orientieren. Die beiden Innenhöfe sind durch eine Mauer und einen Übersteigschutz gegen Fluchtversuche gesichert.
Sicherung und Kontrolle
Oberste Priorität haben in den Kliniken der forensischen Psychiatrie die Sicherheit und Kontrolle. Je nach Patientenklientel lässt sich dies auf ganz unterschiedliche Weise gewährleisten. Viele solcher Kliniken, wie auch die Jugendforensik in Bad Zwischenahn, verzichten mittlerweile auf die klassischen Fenstergitter. Die großen Fensterelemente bestehen aus einem ausbruchsicheren Sicherheitsglas. Die vorhandenen Öffnungsflügel sind schmaler als 12 cm und mit einem Durchsteckschutz versehen. Gitterlose Fenster haben den Vorteil, dass sie viel Tageslicht hereinlassen und deutlich zur Verbesserung der Therapieakzeptanz beitragen.
Sicherungen garantieren – Lockerungen ermöglichen: Dies ist der Leitgedanke bei der Resozialisierung von straffällig gewordenen Jugendlichen in Bad Zwischenahn und gilt auch für die KFP Riedstadt. Der Maßregelvollzug besteht im Allgemeinen aus unterschiedlichen Stationen mit unterschiedlichen Sicherheitsvorkehrungen und sozialen Raumstrukturen.
Während die Aufnahmestation in der Jugendforensik nur Einbettzimmer mit festen Möbeln bereitstellt und dem Patienten keine Gestaltungsmöglichkeiten bietet, verfügen die drei anderen Stationen über sehr viel mehr Lockerungsmöglichkeiten. Die Stationen können bei Bedarf miteinander verbunden werden, um so die Nutzung der Gemeinschaftsräume und das soziale Miteinander unter den Patienten zu fördern. Die Ein- und Zweibettzimmer sind mit modularen Möbeln ausgestattet und bieten einen individuellen Gestaltungsspielraum des privaten Bereiches.
Der Erweiterungsneubau der KFP Riedstadt wurde an das bereits zehn Jahre in Betrieb befindliche Bestandsgebäude (fünf Stationen) der KFP angefügt und ergänzt die Behandlungsmöglichkeiten der Klinik durch drei Stationen, die über einen direkten Zugang zur zentralen Eingangsschleuse der Klinik verfügen. Auf den verschiedenen Stationen gibt es Ein- und Zweibettzimmer mit hoher Aufenthaltsqualität. Die Privatsphäre in den Doppelzimmern ist durch geschickt angeordnete halbhohe Trennmöbel gewährleistet. Die modernen und transparent gestalteten Gemeinschaftsbereiche (Küche, Speisenraum, Aufenthaltsraum, Raucherbereich) bieten viele Möglichkeiten der Freizeitgestaltung und des sozialen Austausches an.
Schutz und Sicherheit auf den Stationen gewährleisten auch die Kriseninterventionsräume (KIR). Hier können Patienten während schwerer psychiatrischen Krisen, bei denen sie sich selbst und andere gefährden, bewacht werden. Das gesamte Mobiliar in den Räumen ist abgerundet und fest verankert. Die Überwachung der Patienten erfolgt über Kameras oder wie in der Jugendforensik über einen mittig angeordneten Kontrollraum mit direkter Einsicht.
Baukonstruktive Suizidprävention
Die Nassbereiche psychiatrischer Kliniken werden besonders häufig für suizidale Handlungen aufgesucht. Dies betrifft sowohl die Nasszellen am Patientenzimmer als auch zentral gelegene Dusch- oder WC-Räume. Ihre Gestaltung ist daher für die bauliche Suizidprävention von ganz besonderer Bedeutung. Gekröpfte Tür- und Fenstergriffe, flache Heizkörper oder Fußbodenheizungen, der Verzicht auf Vorhänge und das Anbringen von Wandhaken mit einer beschränkten Zuglast von 20 kg sowie suizidhemmende Armaturen verhindern Strangulationsmöglichkeiten.
Abgesehen von den Suiziden durch Strangulation werden in den Nasszellen vor allem Suizide durch scharfe Gegenstände und durch Ertrinken ausgeführt, so dass der Zugang zu diesen Methoden möglichst verhindert werden sollte. Verschlüsse in Waschbecken sind nicht zulässig. Die maximale Temperatur des Brauchwassers muss zum Verbrühschutz auf 45 °C begrenzt werden.
Nachhaltigkeit
Kliniken für forensische Psychiatrie werden in der Regel in der klassischen Massivbauweise mit einem sehr hohen Anteil an Beton und einer geringen Flexibilität in den Grundrissen geplant. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die einzelnen Bauteile einer sehr hohen Beanspruchung ausgesetzt sind.
Betonwände können im Vergleich zu Trockenwänden nicht einfach zerstört werden, haben keine Hohlräume, die als Versteck genutzt werden können und dienen somit der Sicherheit in der kleinsten Sicherheitseinheit, dem Patientenzimmer. Darüber hinaus bieten Betonwände im Innenraum ein hohes Maß an Schallschutz. Um die Energiekosten in den Kliniken zu senken, werden die Neubauten mit PV-Anlagen und Luft-Wasser-Wärmepumpensysteme ausgestattet, was den Verbrauch an fossilen Energien reduziert.
Würdig-behagliche Umgebung
Nicht nur für die Patienten in den forensischen Kliniken ist die Gestaltung der Räumlichkeiten von großer Bedeutung. Auch für das Personal ist eine würdig-behagliche Umgebung ein wichtiger Aspekt, der sich positiv auf den Umgang mit den Patienten auswirkt. Wohnlich gestaltete Räume, warme Farben, eine ansprechende Möblierung und viel Tageslichteinfall sowie der Bezug zum Außenraum schaffen eine angenehme Atmosphäre und unterstützen den Therapieprozess.
Im Ergebnis kann durch ein ausgewogenes Maß an Sicherheitsmaßnahmen in Kliniken der forensischen Psychiatrie ein sicheres und dennoch architektonisch ansprechendes Gebäude entstehen, das auch Raum für die Genesung der Patienten bietet.
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