Verriegelt und Verrammelt - Sicherheitszuhaltungen und konnektive Lösungen im Überblick
Auch wenn viele Funktionen der Maschinensicherheit von der Hardware in die Software übertragen wurden, nutzen die meisten Maschinen und Anlagen als „Frontend“ der Schutzeinrichtung doch die altbewährte Schutztür. Ein Trend ist hier der zunehmende Einsatz von Sicherheitszuhaltungen anstelle von Sicherheitsschaltern. Bei der Auswahl von Sicherheitszuhaltungen hat der Konstrukteur jedoch viele Optionen. Und der An-wender sollte bei der Beschaffung neuer Maschinen prüfen, ob das Sicherheitskonzept überzeugt und die Funktion „Zuhaltung“ optimal in das Bedienkonzept und den Prozess eingebunden ist.
Personenschutz und/ oder Prozessschutz?
Der Trend zum Einsatz von Sicherheitszuhaltungen ist nicht primär darin begründet, dass es mehr Bearbeitungsprozesse mit gefährlichen Nachlaufbewegungen gibt – dem typischen Kriterium für den Einsatz von Sicherheitszuhaltungen beim Personenschutz. Vielmehr steht gegenwärtig der Prozessschutz im Vordergrund: Die Sicherheitszuhaltung soll verhindern, dass der Bediener die Maschine und damit den Prozess zum Stillstand bringt, wenn er die Schutztür öffnet. Sicherheitszuhaltungen sind also der Garant dafür, die Produktivität auf höchstem Niveau zu halten und einen stabilen, unterbrechungsfreien Prozess zu gewährleisten.
Schlanke Bauform – hohe Codierung
Für diese Aufgabe steht dem Maschinenbauer ein umfassendes und modernes Programm aus der AZM-Serie der Schmersal Gruppe zur Verfügung. Dazu gehört – als Neuheit – der AZM150. Mit seiner schlanken Bauform lässt er sich gut in die Umgebungskonstruktion integrieren. Für flexible Einsatzmöglichkeiten sorgen drei verschiedene Betätiger: für Schiebetüren (gerade Bauform), für große drehbare Schutztüren (gewinkelt) und für kleine drehbare Schutztüren (beweglich).
Der AZM150 basiert auf einem elektromechanischen Wirkprinzip und ist bei Bedarf auch in einer hochcodierten Variante lieferbar. Dabei wird der Schalter zusammen mit dem passenden Betätiger, der speziell auf den jeweiligen Schalter abgestimmt ist, ausgeliefert. So wird durch die über 1000 realisierbaren Codiervarianten die Codierstufe „hoch“ nach ISO 14119 erfüllt, was einem hohen Niveau des Manipulationsschutzes entspricht. Nach eigenen Angaben ist Schmersal gegenwärtig der einzige Hersteller, der elektromechanische Sicherheitsschalter und -zuhaltungen mit hoher Codierung anbieten kann.
Arbeits- oder Ruhestromprinzip?
Aufgrund seiner platzsparenden Bauform ist der AZM150 insbesondere für kleinere Maschinen geeignet. Der Anwender hat die Wahl zwischen Arbeitsstrom- und Ruhestromvariante. Das Arbeitsstromprinzip kommt bevorzugt zum Einsatz, wenn es um den Prozessschutz geht. Hier hat der Anwender im Fehlerfall, z. B. bei Stromausfall, Zutritt zum Gefahrenbereich.
Ergonomie an der Schutztür
Mit einem integrierten Türgriff für die ergonomische Bedienung der Schutztür bei zugleich einfacher Montage, wartet hingegen die Sicherheitszuhaltung AZM200 von Schmersal auf. Genauso wie bei der AZM150 ist auch diese Baureihe – als AZM201 – in einer Variante mit hoher Codierung nach ISO 14119 verfügbar. Der Maschinenbauer kann die Bedienerfreundlichkeit der Maschine noch weiter steigern, wenn er die Sicherheitszuhaltung aus der AZM-Serie mit einem Bedienfeld der BDF-Baureihe kombiniert. Dann entsteht eine komplette Mensch-Maschine-Schnittstelle direkt am Sichtfeld des Bearbeitungsprozesses.
Zuhaltung mit innovativem Betätiger
Eine vollkommen neue Betätigerkonstruktion hat Schmersal hingegen bei der Baureihe AZM300 entwickelt. Kennzeichen dieser Sicherheitszuhaltung ist das patentierte Wirkprinzip mit Drehwelle und Drehkreuz. Es bietet den Vorteil, dass die Schutztür beim Schließen in die Endlage gezogen und nahezu spielfrei zugehalten wird. Dabei dient die Zuhaltung zugleich als Türanschlag. Zur sicheren Identifizierung des Betätigers kommt auch hier ein RFID-Sensor zum Einsatz, der drei verschiedene Stufen der Codierung und damit des Manipulationsschutzes ermöglicht.
Zu den Vorteilen dieser Betätigerkonstruktion gehört ferner das hygienegerechte Design ohne Totzonen, in die der Betätiger eintaucht. Deshalb wird der AZM300 häufig u. a. in Anlagen der Nahrungsmittelproduktion und -verpackung eingesetzt. Die gesamte Konstruktion ist daher auch auf bestmögliche Abdichtung ausgerichtet.
Für schwere Fälle
Für besonders schwere Schutztüren wiede-rum braucht es in der Regel massivere Sicherheitszuhaltungen mit größerer Zuhaltekraft. Für solche Fälle hat Schmersal speziell den AZM400 mit motorgetriebenem Sperrbolzen entwickelt. Zwei Sensorsysteme stellen sicher, dass sich die Schutztür in der korrekten Position befindet und der Bolzen zuverlässig in die Zuhaltung einfährt. Weil große Schutztüren oft motorisch betrieben werden, liegt die Zuhaltekraft des AZM400 mit 10.000 N um das Fünf- bis Zwanzigfache (500 bis 2000 N) über dem von konventionellen Sicherheitszuhaltungen bei personenbedienten Schutztüren.
Es geht auch berührungslos
Je nach Bedarf, muss es natürlich nicht immer „Haevy Metal“ sein: Mit dem MZM100 beweist die Schmersal Gruppe, dass auch eine „berührungslose Zuhaltung“ kein Widerspruch in sich ist. Bei dieser Baureihe wird die nötige Zuhaltekraft nicht mechanisch, sondern elektromagnetisch aufgebracht. Zu den Vorteilen dieses Wirkprinzips gehören die kompakte Bauform und die glatten Flächen von Zuhaltung und Betätiger.
Optionen: Fluchtentriegelung, Notentsperrung & Co.
Somit hat der Konstrukteur viele Optionen, wenn es um die Auswahl von Sicherheitszuhaltungen für den Personen- und/oder Prozessschutz geht. Noch größer wird die Vielfalt, wenn man das Zubehörprogramm und die Ausstattungsoptionen einbezieht. Sie ermöglichen die optimale Anpassung der Zuhaltung an den jeweiligen Anwendungsfall.
So schützt eine Sperrzange beispielsweise das Bedienpersonal davor, bei Wartungs- und Reparaturarbeiten irrtümlich eingeschlossen zu werden. Eine Fluchtentriegelung ermöglicht hingegen das Verlassen des Gefahrenbereichs von innen heraus, falls die Schutztür versehentlich geschlossen wurde. Und eine Notentsperrung erlaubt das Öffnen der Schutztür von außen, z. B. bei Havarien. Für den Fall, dass ein Bediener versehentlich in einer solchen Anlage eingeschlossen ist, kann ein Bowdenzug als Fluchtentriegelung genutzt werden und bei einem Einsatz außerhalb des Gefahrenbereichs dient der Bowdenzug als Notentsperrung.
Die Konnektivität macht den Unterschied
Um zum Schluss doch noch ein Software-Thema aufzugreifen: Ein ganz zentraler Punkt ist inzwischen die Konnektivität der Sicherheitsschaltgeräte. Hier eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten und Vorteile, und das gilt sowohl für die sicherheitsgerichteten als auch für die betriebsmäßigen Signale. Zum Beispiel schafft das von Schmersal entwickelte SD 4.0-System die Voraussetzung dafür, dass Sicherheitszuhaltungen umfangreiche Diagnoseinformationen an eine übergeordnete Steuerung weiterleiten.
So wird im Sinne von Industrie 4.0 eine vorbeugende Instandhaltung möglich, die sich – über in die Sicherheitssteuerungen integrierte OPC UA-Server – sogar bis in höchste Ebenen weiterführen lässt. Mit Feldkomponenten wie der Safety Fieldbox und Safety-Installationssystemen lassen sich die Sicherheitsschaltgeräte auch auf der Ebene der Maschinensicherheit umfassend vernetzen. Das wird künftig zur Grundausstattung moderner Maschinen und Anlagen gehören.
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