22.05.2024 • Topstory

70 Jahre Feuerwehrhelme: von der „Wehrmachtschüssel“ zum F300

70 Jahre Schuberth Feuerwehrhelme nach dem Motto „Keep it simpel“. Bei Feuerwehrhelmen kommt es in erster Linie Funktionalität, Tragekomfort und höchstes Schutzniveau. Joachim Posanz, Hauptbrandmeister und zweifacher Gesamtweltmeister im Feuerwehrsport, erklärt, was bei Wettkämpfen und im Einsatz entscheidend ist.

Joachim Posanz  während eines Wettkampfs in kompletter Feuerwehrmontour
Joachim Posanz, zweifacher Gesamtweltmeister im Feuerwehrsport, in voller Wettkampfmontur mit dem F300
© Eric Langenhahn
Arbeiterinnen der Firma Schuberth bei der Helm Montage 1953
In den 50er Jahren war vieles noch Handarbeit. Hier zu sehen die Helm-Montage 1953 rund ein Jahr vor Produktion des ersten Feuerwehrhelms
© Schuberth GmbH

1922 gründete Fritz Schuberth auf dem Gelände der National Jürgens Brauerei in Braunschweig eine Betriebstischlerei. Zunächst wurden Bierkästen für die Brauerei hergestellt, später dann auch Untersetzer, Tabletts sowie Klein- und Büromöbel. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise stellte sich die einstige Tischlerei neu auf und übernahm 1932 einen Auftrag für die Fertigung der Innenausstattung von über 300.000 Militärhelmen, wofür dem Unternehmen bereits 1929 ein Patent erteilt worden war. Damit begann die eigentliche Geschichte von Schuberth als Helmhersteller.

Diese frühe Spezialisierung auf Helme setzte sich fort, als Schuberth nach dem Krieg in den 1950er-Jahren mit der Produktion von Bergbauhelmen begann und 1954 den ersten Motorrad- und Feuerwehrhelm auf den Markt brachte. Die ersten Feuerwehrhelme waren aus Stahl, inspiriert von den Fallschirmschützen der Nachkriegszeit. 1960 wurden die ersten Außenschalen der Feuerwehrhelme aus Aluminium gefertigt und vier Jahre später erschien mit dem Modell „Berlin“ der ersten Helm dessen Außenschale wahlweise in Aluminium oder Duroplast erhältlich war. 1981 erfolgte die Änderung der Innenausstattung der Feuerwehrhelme gemäß der DIN Norm 14940. Sechs Jahre später brachte Schuberth mit dem F 100 den ersten Helm mit einer Außenschale von Textil-Phenol auf den Markt. 

Ein wahrer Meilenstein für das Unternehmen in puncto Feuerwehrhelmen war jedoch die Entwicklung und Markteinführung des F200. Anders als sein Vorgängermodell, der F100, erhielt der Helm eine völlig neue Formgebung, die nicht mehr der alten „Wehrmachtsschüssel“ entsprach. Der F200 verfügte über eine duroplastische Außenschale, integrierten Augenschutz sowie Drucktastenschlösser zur Adaption einer Atemschutzmaske, die bis dahin nur mit Bebänderung unter dem Helm zu tragen war. Die sogenannte Helm-Masken-Kombination, war damals zugelassen in Verbindung mit der Auer 3S-Maske, weshalb der Helm in den folgenden Jahren auch unter dem Namen „Auer Helm“ verkauft wurde. Insbesondere die Helm-Maskenkombination steigerte die Sicherheit und Funktionalität erheblich.

Schuberth passte sich auch in den folgenden Jahren immer schnell an Norm-Novellierungen an und gestaltete diese maßgeblich mit. Als 1997 die DIN 14941 auslief – die Außenschale der Helme durften von da an nicht mehr aus Aluminium gefertigt werden – und durch die Norm EN 443 ersetzt wurde, brachte Schuberth im gleichen Jahr den F110 und den F210 auf den Markt, die der neuen Norm entsprachen. Elf Jahre später, 2008, wurden der F110 und F210 schließlich durch den F120 und F220 abgelöst, die mit einer weiterentwickelten High-Temp-Fibre-Außenschale ausgestattet waren und sind. 

Mit der Einführung des F300 erfolgte 2013 ein weiterer maßgeblicher Entwicklungsschritt. Erneut wurde die Helmform geändert und neuen Erkenntnissen angepasst. Zudem verfügt der F 300 über eine individuell einstellbare Innenausstattung, Multi-Funktions-Adapter zum einfachen und schnellen Adaptieren von unterschiedlichem Zubehör. Doch trotz aller Neuerungen blieb und bleibt Schuberth auch beim F300 seiner Linie treu. Im Ernstfall kommt es auf Funktionalität, Anwendungsfreundlichkeit und Tragekomfort an. Entsprechend ist der F 300 mit gerade einmal 900 g nur halb so schwer, wie vergleichbare Feuerwehrhelme. 

Die Zusammenarbeit mit Twiceme im Jahr 2023 markiert den neuesten Fortschritt in der Geschichte von Schuberth. Durch die Integration der HTH-Technologie in ihre Helme, einschließlich der Modelle F300 und F220. Die HTH-Technologie basiert auf einem NFC-Chip, der problemlos von einem handelsüblichen Smartphone ausgelesen werden kann. So ist es nun z. B. möglich, wichtige medizinische Notfall- oder Kontaktdaten direkt auf dem Helm zu speichern, was im Ernstfall Leben retten kann. Zudem lassen sich so Inspektion und Wartung der Helme einfach und direkt dokumentieren, sodass jeder Feuerwehrmann und jede Feuerwehrfrau vor dem Einsatz sicher sein kann, dass der Helm in einwandfreiem Zustand ist.

Schuberth bleibt seinem Erbe auch nach 70 Jahren treu, indem es weiterhin in Deutschland produziert und auf hohe Qualität und Nachhaltigkeit achtet. Die Helme sind nicht nur ein Symbol für Sicherheit, sondern auch für das Engagement des Unternehmens, das Leben von Feuerwehrleuten zu schützen und zu verbessern. 

Christian Zahn, ehemaliger Leiter der Schuberth Werke in den 50er Jahren vor...
1957 übernahm Christian Zahn die Leitung der Schuberth Werke, hier zu sehen vor einem Auszug des damaligen Sortiments. Er prägte wesentlich die Entwicklung des Unternehmens als Helmspezialist
© Schuberth GmbH

Ein Profi berichtet: Was einen Feuerwehrhelm ausmacht!

Wenn jemand beurteilen kann, worauf es bei einem Feuerwehrhelm ankommt, dann sind es natürlich die Profis von der Feuerwehr selbst. Doch auch hier kann man noch eine Schippe drauflegen: Joachim Posanz ist nicht nur Hauptbrandmeister bei der Berufsfeuerwehr Göttingen, sondern auch seit über 20 Jahren einer der erfolgreichsten Feuerwehrsportler in Deutschland. Im Interview mit GIT SICHERHEIT erklärt er, worauf es im Berufsalltag sowie in der Wettkampfsituation ankommt.

 

GIT SICHERHEIT: Herr Posanz, sie sind der amtierender Weltmeister im Feuerwehrsport in Ihrer Altersklasse. 2010 und 2012 konnten sie sogar über alle Altersklassen hinweg den Titel Gesamtweltmeister für sich in Anspruch nehmen. Körperliche Fitness ist hierfür natürlich eine zentrale Voraussetzung. Welche Bedeutung messen sie dem Thema Fitness allgemein in Ihrem Beruf bei?

Joachim Posanz: Ich bin seit rund 25 Jahren bei der Berufsfeuerwehr im Einsatzdienst. Ich habe mich viel damit beschäftigt für den „Ernstfall“ gut vorbereitet zu sein! Die Körperliche Fitness ist und bleibt ein wesentlicher Bestandteil für den Einsatzdienst. 

Zum Verständnis nur mal aufs nötigste Runter gebrochen: Wenn es „richtig zu Sache geht“, sind wir einer enormen physischen und psychischen Belastung aussetzt! Kommt man körperlich an seine Grenzen, wird ein negativer Kreislauf in Gang gesetzt. Der Stresspegel nimmt deutlich zu, die Konzentration nimmt ab, das Fehlerpotential im Denken und Handel kann deutlich zunehmen. Der Verbrauch der Atemluft nimmt durch die Erschöpfung deutlich zu, die Einsatzzeit verringert sich zusätzlich. Ergo: Je fitter ich bin, desto mehr verschiebe ich die Grenze ins positive und verbessere meine Sicherheit und die Sicherheit meines Truppmanns in den Einsätzen! 

 

Wie genau muss man sich einen Wettkampf wie die World Firefighters Games vorstellen und welche Ansprüche sollte die dazu nötige Ausrüstung aus ihrer Sicht erfüllen?

Joachim Posanz: Die WFG wurden 1990 erstmalig in Neuseeland ausgetragen. Sie wurden ins Leben gerufen, um die Feuerwehrleute aus aller Welt zusammenzubringen. Die Veranstaltung findet alle zwei Jahre an einem immer neuen Veranstaltungsland statt. Es werden ca. 60 Sportarten angeboten. Das Aushängeschild ist der TFA (Toughest Firefighter Alive) Wettkampf. Hier wird in kompletter Einsatzkleidung (jeder in seiner landeseigenen Schutzkleidung) gestartet. Diese muss nach dem Regelwerk für die Brandbekämpfung im Innenangriff zugelassen sein. Bei dem TFA werden vom Teilnehmer in vier Stationen Einsatzszenarien „abgearbeitet“ die höchste sportliche Fitness erfordern. Der Teilnehmer mit der schnellsten Gesamtzeit gewinnt. 

Hieraus ergibt sich der Anspruch an die PSA. Sie muss einen hohen Tragekomfort haben um eine maximale Bewegungsfreiheit zu ermöglichen und gleichzeitig leicht und funktionell sein. Das verschafft einem die optimalen Grundvoraussetzungen für top Zeiten. 


Der Helm ist ja ein entscheidendes Ausrüstungsstück nicht nur im Wettkampf, sondern auch im Einsatz. Gegenwärtig nutzen sie im Wettkampf einen F300 der Firma Schuberth. Wodurch zeichnet sich dieser Helm gegenüber dem Wettbewerb aus ihrer Sicht aus? 

Joachim Posanz: Mit dem F300 habe ich den perfekten Helm für meine Feuerwehrwettkämpfe gefunden! Er lässt sich schnell und einfach einstellen und garantiert einen festen Sitz mit hervorragender Ergonomie. Dies ermöglicht mir eine maximale Bewegungsfreiheit ohne, dass der Helm verrutscht mich in meinem Handeln einschränkt oder sogar die freie Sicht auf meine Aufgaben nimmt. Das wäre der Worst Case. Während es beim Wettkampf „nur“ um die Zeit geht, kann das beim realen Einsatz eine ganz andere Tragweite haben. Das geringe Gewicht ebenfalls ein entscheidender Vorteil, denn Gewichtsersparnis + Bewegungsfreiheit = Kraft- und Zeitersparnis und somit zugleich mehr Sicherheit.

 

Herr Posanz, Sie als Profi haben natürlich auch die Entwicklung im Bereich der Feuerwehrhelme in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten genau verfolgt: Welchem Trend folgt die Entwicklung der Helme bei Schuberth? Gibt es auch hier Unterschiede zum Wettbewerb?

Joachim Posanz: Es ist in letzten Jahrzenten aus meiner persönlichen Sicht als Anwender wirklich ein interessanter Trend gerade bei den Feuerwehrhelmen zu beobachten gewesen. Viele Hersteller sind dazu übergegangen die Helme immer voluminöser zu „bauen“, um in Punkto Sicherheit Pluspunkte zu sammeln. Aus den Halbschalenhelmen wurde Vollschalenhelme, die weit über die geforderten / benötigten Normsicherheitsanforderungen hinaus gingen. Die Folge war jedoch zugleich eine deutliche Gewichtszunahme und eine Verschlechterung der Ergonomie des Helmes. Der Schwerpunkt des Helmes schränkte die Bewegungsfreiheit des Kopfes massiv ein. Ein längeres tragen des Helmes war daher unangenehm. In der Wettkampfszene waren diese Helme daher eher „schillernde“ Ausnahme.

Auch den Abnehmern, die nicht in der Wettkampfszene mitwirken, hat diese Entwicklung irgendwann nicht mehr gefallen, so dass einige Hersteller konzeptionell „zurückgerudert“ sind. Schuberth ist hingegen in den zwei Jahrzenten, seitdem ich die Entwicklung verfolge, seiner Linie treu geblieben. Natürlich es auch hier Neuentwicklungen, wobei aber zugleich immer die Ergonomie und das Gewicht im Fokus standen, wie man u. a. am neuesten Modell dem F300 erkennen kann. Er bietet mit seinen fest installierten Aufnahmeplatten eine hohe Vielseitigkeit, bei einem Gewicht von ca. 900g. Nicht umsonst hat der F300 auch eine hohe internationale Beliebtheit in der Feuerwehrwettkampfszene. 

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