Wagner Group – Strategie „Wagner.2026“ für globales Wachstum und Innovation
Die Wagner Unternehmensgruppe setzt auf geographische Diversifikation, Technologie- und Innovationsführerschaft sowie die Bewahrung ihrer Unabhängigkeit, um sich in den dynamischen wirtschaftlichen und technischen Umfeldern zu behaupten. Mit der Strategie „Wagner.2026“ strebt das Unternehmen eine jährliche Leistungssteigerung an. Torsten Wagner, Gesellschafter und Geschäftsführer der Wagner Group GmbH, erläutert im Interview mit GIT SICHERHEIT, wie diese Strategie umgesetzt wird und welche Herausforderungen und Chancen sie mit sich bringt.

GIT SICHERHEIT: Herr Wagner, das neue Jahr ist noch jung – genau die richtige Zeit, ein wenig in die Zukunft der Wagner Unternehmensgruppe zu blicken. Doch eine Zwischenbilanz sei vorab erlaubt, denn die fällt ausgesprochen positiv aus. Sie haben im Geschäftsjahr 2023/24 ein Umsatzwachstum von satten 12 Prozent hingelegt. Ungewissheiten aller Art scheinen Ihr Unternehmen kalt zu lassen...?
Torsten Wagner: Natürlich merken auch wir, dass sich die konjunkturelle Lage verändert. Investitionsentscheidungen werden nicht mehr so schnell getroffen wie in früheren Jahren, wenngleich unsere Kunden und Partner wissen, wie elementar ein ganzheitlicher Brandschutz ist. Denn durch Brände und Brandfolgen verursachte Betriebsunterbrechungen können im schlimmsten Fall die Existenz bedrohen. Glücklicherweise haben uns die Auswirkungen der anhaltenden globalen Herausforderungen in den Lieferketten, ausgelöst durch weltpolitische und wirtschaftliche Spannungen, bislang nur in einem geringen Ausmaß getroffen. Wir haben rechtzeitig wichtige Maßnahmen eingeleitet, um negative Auswirkungen auf unsere Beschaffungskosten zu minimieren, unsere Produktionskosten relativ sowie unsere Lieferzeiten im Vergleich zu anderen Marktbegleitern stabil zu halten.
Sie sind auf einem konsequenten Wachstumskurs und haben dazu ja auch die Unternehmensstrategie „Wagner.2026“ ausgerufen. Sagen Sie uns noch mal, was dabei die wesentlichen Eckpunkte sind?
Torsten Wagner: Wagner.2026 ist eine Strategie, die unser globales Wachstum definiert und damit eine jährliche Leistungssteigerung anstrebt. Unsere Unternehmensstrategie basiert auf insgesamt vier strategischen Säulen:
- Konsequente Internationalisierung
Die Erschließung neuer Märkte ist wichtig für unsere geographische Diversifikation, die uns u. a. hilft, die Abhängigkeit von Wirtschaftszyklen in einzelnen Regionen zu verringern. Unser Fokus liegt aktuell auf dem Ausbau unserer Exportquote, der Stärkung unser Marktpräsenz in Europa, Nordamerika und Asien sowie im mittleren Osten. - Behauptung unserer Technologie- und Innovationsführerschaft
Unser oberstes Ziel in der Geschäftsführung ist es, das Unternehmen aktiv und innovativ weiter zu entwickeln, um darüber unsere führende Position im Brandschutz auch in Zukunft zu behaupten. Neben der klassischen Produkt- und Systementwicklung fokussieren wir uns vor allem auf die Schaffung von neuen Serviceangeboten sowie auf die Entwicklung von nachhaltigen Brandschutzsystemen. - Bewahrung unserer Unabhängigkeit
Die Bewahrung unserer Unabhängigkeit ist meinem Vater und mir sehr wichtig und fest in unserer Strategie verankert. So konnten wir in den fast 50 Jahren Unternehmensgeschichte unseren nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg sichern und uns in all den Jahren die notwendige Flexibilität und Geschwindigkeit bei der Erkennung und Umsetzung von Marktchancen in einem dynamischen Umfeld ermöglichen. Wagner ist ein Familienunternehmen und wird es auch bleiben. - Permanente Anpassung und Veränderung
Mit der Bereitschaft zur permanenten Anpassung und Veränderung stellen wir uns den Dynamiken der modernen Welt, um jederzeit auf neue Herausforderungen reagieren zu können. Mit Wagner.2026 haben wir sehr bewusst einen umfangreichen und tiefgreifenden Transformationsprozess angestoßen. Dieser wird erkennbar an einer stetigen Erhöhung des Kundennutzens, der zunehmenden Digitalisierung und kontinuierlichen Optimierung unserer Prozesse sowie der nachhaltigen Einbindung unserer Mitarbeitenden zur Förderung unserer Unternehmenskultur weltweit.

Zur Internationalisierung, die Sie gerade als ersten Punkt genannt haben: Welche Wachstumsmöglichkeiten sehen Sie für Wagner in den DACH-Ländern?
Torsten Wagner: Deutschland ist unser Kern- und Heimatmarkt mit wesentlicher strategischer Bedeutung. Und auch in Österreich und in der Schweiz agieren wir seit vielen Jahren sehr erfolgreich. Unser Ziel ist es, die Technologieführerschaft in der Branderkennung und Brandvermeidung durch eine weitere Diversifikation unseres Lösungs- und Leistungsportfolios in diesen Märkten zu halten und weiter auszubauen.
In welchen Bereichen gilt das vor allem?
Torsten Wagner: Unsere Schwerpunkte liegen hier vor allem im seit Jahren wachsenden Logistiksektor, im Bereich der Rechenzentren, deren Anzahl und Leistung aufgrund der aktuellen Entwicklung in punkto KI-Anwendungen stark ansteigen, sowie im Bereich Museen, Bibliotheken und Archive. Wagner hat mehr als 700 Patente in den Brandschutztechnologien.
Die Entwicklung befindet sich im heimischen Langenhagen. An welchen Stellen gibt es derzeit eigentlich die spannendsten Entwicklungen, wenn es um Brandvermeidung, -früherkennung und -bekämpfung geht?
Torsten Wagner: Unser primäres Ziel in der Entwicklung ist es, unsere Brandschutzsysteme im Sinne der besseren Lösung immer weiter zu verfeinern. Gemeint ist hiermit beispielsweise eine immer frühere Branddetektion durch unsere Ansaugrauchmelder oder die zunehmende Vernetzung intelligenter Systeme, mit der wir neue Möglichkeiten schaffen: Sensoren und KI-gestützte Analysen werden zukünftig die Frühesterkennung verbessern, während cloudbasierte Plattformen eine zentrale Überwachung und vorausschauende Wartung erleichtern. Das Thema Brandschutz 4.0 beschäftigt uns in diesem Zusammenhang sehr intensiv. Neben der klassischen Produkt- und Systementwicklung liegt ein wesentlicher Schwerpunkt unserer aktuellen Entwicklungsarbeit auf der Schaffung von völlig neuen Serviceangeboten, die dank IoT und Big Data überhaupt erst möglich werden. Zudem arbeiten wir daran, die Planung, Projektierung und Inbetriebnahme sowie Service und Instandhaltung weiter zu vereinfachen. Auch das Thema Nachhaltigkeit im Brandschutz rückt bei uns immer mehr in den Fokus. Ein weiterer wichtiger Eckpfeiler ist die kontinuierliche Anpassung unserer Systeme an aktuelle oder neue Normen und Zulassungen, beispielsweise durch den VdS. Nur so können wir mit unseren innovativen Brandschutzlösungen weiter expandieren. Ein bedeutender Meilenstein in diesem Bereich ist die kürzlich erreichte FM-Zulassung für unser Sauerstoffreduzierungssystem Oxyreduct. Diese Zertifizierung eröffnet Unternehmen, die bei FM versichert sind oder deren Versicherer sich am FM-Standard orientieren, die Möglichkeit, Oxyreduct für die aktive Brandvermeidung einzusetzen – ein wichtiger Schritt hin zu mehr Sicherheit und nachhaltigem Brandschutz.
Werfen wir noch einmal einen Blick auf künstliche Intelligenz, die auch im Brandschutz Entwicklungen vorantreiben kann. Da geht es etwa um die bessere Erkennung von Mustern bei der Brandausbreitung, die sichere Detektion echter Gefahren und dergleichen. Welche Rolle spielt die KI bei Ihnen und für wie bedeutend halten Sie die KI im Brandschutz auf lange Sicht?
Torsten Wagner: Wir fokussieren uns darauf, in zunehmendem Maße Anlagendaten zu erfassen und auszuwerten. Diese konsequente Datenerhebung und -auswertung, bei der auch künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt, bietet unseren Kunden entsprechende Mehrwerte. Künstliche Intelligenz ist ein sich rasant entwickelnder Markt. Ich gehe davon aus, dass entsprechende Werkzeuge auch im Brandschutz auf lange Sicht immer mehr an Bedeutung gewinnen werden.
Lassen Sie uns noch über das Thema Cybersicherheit sprechen. Es hängt zwingend mit der Digitalisierung vieler Prozesse in den Unternehmen zusammen. Hier arbeiten Sie mit einem prozessorientierten Managementsystem. Könnten Sie das einmal etwas näher erläutern?
Torsten Wagner: In einer zunehmend digitalisierten Welt ist es elementar wichtig, die Sicherheit unserer Informationen wirklich ernst zu nehmen. Mit unserem systematischen und prozessorientierten Managementsystem engagieren wir uns auf hohem Niveau für die eigene Informationssicherheit. Dies wurde uns mit der Zertifizierung nach ISO 27001 bescheinigt. Die international anerkannte Norm für Informationssicherheitsmanagementsysteme (ISMS) legt Anforderungen fest, anhand derer Unternehmen die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit von Informationen sicherstellen können. Dies dient dem Schutz der eigenen sensiblen Daten und bietet damit auch für Kunden und Partner des Unternehmens einen Zusatznutzen in Sachen Datensicherheit. Wir werden weiterhin daran arbeiten, unsere Systeme stets auf dem neuesten Stand der Technik zu halten, um sowohl intern als auch beim Einsatz unserer Systeme bei unseren Kunden größtmögliche Cybersicherheit zu erhalten.

Sie haben für eine Vielzahl von Branchen entsprechende vertikale Lösungen entwickelt. Wir haben in der GIT SICHERHEIT in jüngerer Zeit von Brandschutzlösungen in der Logistik oder auch etwa in Justizvollzugsanstalten berichtet. In welchen Bereichen sind Sie besonders aktiv, welche sind vielleicht neu hinzugekommen?
Torsten Wagner: Mit unserem Brandschutzportfolio adressieren wir zahlreiche Marksegmente; besonders aktiv sind wir vor allem in den Bereichen Lager und Logistik, IT- und Telekommunikation, Schienenverkehr sowie Museen, Bibliotheken und Archive. Aus der Wirtschaft bekommen wir aufgrund sich permanent verändernder Produktionsprozesse immer wieder neue Aufgabenstellungen. Nehmen wir exemplarisch einmal die hohe Veränderungsdynamik in der Logistik: Immer größere Lager, höhere Lagerdichte, steigende Wertekonzentration. Hinzu kommt die zunehmende Automatisierung und damit verbundene Energiedichten. Herkömmlicher Brandschutz kommt da schnell an seine Grenzen, und wir sind immer wieder gefordert, neue und innovative Brandschutzlösungen zu entwickeln.
Geben Sie uns noch ein paar Beispiele?
Torsten Wagner: Ein Beispiel dafür sind Brandschutzlösungen für Lithium-Ionen-Batterien. Hier besteht eine steigende Nachfrage, insbesondere wenn es um die Lagerung der Energiespeicher geht. Die größte Herausforderung dabei ist, dass es keine standardisierten Lösungen gibt. Brandschutz für die Lagerung von Lithium-Ionen-Batterien bedingt immer eine individuelle Betrachtung zur Entwicklung einer ganzheitlichen Lösung, die abgestimmt ist auf die jeweilige Risikoanalyse und Schutzzieldefinition des Kunden. Unsere Lösung für das Hochregallager der Kettler Alu-Rad GmbH wurde mit zahlreichen Brandversuchen erarbeitet, um die eingelagerten Werte – bis zu 50.000 E-Bikes – nach einem Thermal Runaway vor einer weiteren Brandausbreitung sicher zu schützen. Auch im Bereich Brandschutz für den Schienenverkehr, der in der Verantwortung unserer Tochtergesellschaft Wagner Rail liegt, ist buchstäblich einiges in Bewegung. Im Schienenfahrzeugbau wird es beispielsweise zunehmend wichtiger, den Brandschutz unauffällig ins Interior-Design der Züge einzubauen. Hierfür sind u. a. besonders kompakte Ansaugrauchmelder gefragt. Auch die Möglichkeit, Brände in offenen und beispielsweise durch Fahrtwind stark belüfteten Technikräumen selbst bei hohen Geschwindigkeiten zu löschen, wird zunehmend gefordert – und das immer mehr auch außerhalb der DACH-Region. Hierfür hat die Wagner Rail eigens ein System entwickelt.
Noch einmal zurück zu Ihrer weltweiten Wachstumsstrategie. Sie haben in Frankreich kürzlich die A.F.I. Solutions übernommen, so dass sie inzwischen in 15 Ländern mit Tochtergesellschaften präsent sind – einschließlich USA und Australien. Gibt es schon weitere Planungen in näherer Zukunft?
Torsten Wagner: Ein wesentlicher Fokus im Rahmen unserer internationalen Wachstumsstrategie liegt aktuell auf dem weiteren Auf- und Ausbau unserer jüngsten Tochtergesellschaften in Indien und Dubai und der Entwicklung der jeweiligen Märkte und Anrainerstaaten. Zudem konzentrieren wir uns auf die weitere Stärkung unseres Nordamerikageschäftes, die Neustrukturierung unserer Tochtergesellschaft in Australien sowie die Erschließung neuer Märkte innerhalb Europas.