ABB Stotz-Kontakt: Safety for Machines – Motors go digital
Digitalisierung im Maschinen- und Anlagenbau bedeutet, dass Produktions- und Fertigungsprozesse flexibler, schneller und vor allem selbstorganisierend von statten gehen sollen. Anlagen und Maschinen in der Produktion sowie logistische Prozesse aber auch der Mensch selbst werden Teil eines umfassenden und intelligenten Informationsaustauschs. Und gerade wenn es um die Kooperation von Mensch und Maschine geht, spielen die Themen Sicherheit und Zuverlässigkeit eine immer größere Rolle. Zum einen soll die Digitalisierung in diesem Bereich helfen, Menschen vor Unfällen im Zusammenspiel mit Maschinen zu schützen. Zum anderen soll sie dazu beitragen, kostspielige Stillstände oder gar komplette Ausfälle im Produktionsprozess zu verkürzen und im Idealfall komplett zu verhindern. Hinzu kommt, dass sich weitere Kosten einsparen lassen, wenn beispielsweise der Verdrahtungsaufwand verringert oder Platz eingespart wird.
Niederspannungstechnik und damit auch Motoren sind hierbei von zentraler Bedeutung, da sich ohne sie keine Pumpe, kein Förderband und auch kein Roboter bewegt. Als Hersteller von Produkten für die elektrische Ausrüstung und Automatisierung von Gebäuden, Maschinen und Anlagen ist ABB Stotz-Kontakt daher in ganz besonderer Weise in diese Entwicklung involviert. Grund genug für GIT SICHERHEIT, mit Sven Glöckler und Udo Reichertz von ABB Stotz-Kontakt diesen Themenkomplex näher zu beleuchten.
GIT SICHERHEIT: Herr Glöckler, Herr Reichertz können Sie unseren Lesern erläutern, welche Bedeutung dem Themenkomplex Digitalisierung und Safety in Ihrem Unternehmen zukommt?
Sven Glöckler: Digitalisierung und Safety sind bei uns keine isolierten Themen. Energiekosten, Effizienz und Nachhaltigkeit sind Einflüsse, die heute ebenso berücksichtigt werden müssen. ABB ist insbesondere im Bereich Motorschutz- und -steuerung ein starker Partner, um diese Herausforderungen zu meistern. Gerade Energieeffizienz ist ein großes Thema. In diesem Punkt sind wir uns alle einig. Motorsteuerung
und -überwachung sind in der Tat wichtige Bestandteile im innovativen Maschinen- und Anlagenmanagement. Man muss sich nur einmal vor Augen führen, dass 28 % des gesamten weltweiten Stromverbrauchs auf Elektromotoren entfallen. Da ist es für niedrige Gesamtbetriebskosten und die Steigerung der Profitabilität unerlässlich, die Faktoren Dauerbetrieb und Energieeffizienz in Gleichklang zu bringen.
Welche generellen Trends beobachten Sie zurzeit im Bereich Maschinen- und Anlagenbau?
Sven Glöckler: Ein großes Thema ist die Sorge, die gesteckten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Daher sind Lösungen zur spürbaren Reduzierung der Energiekosten in Prozess- und Fertigungsanlagen ebenso gefragt wie Vereinfachungen im Bereich der Logistik zur Senkung von Lager- und Verwaltungsaufwand. Besonders wichtig ist es den Verbrauch transparent zu machen. Auch innovative Anschlusstechniken, die zur schnelleren Installation beitragen, stehen dabei im Fokus und natürlich die Möglichkeiten, die durch die Digitalisierung, wie beispielweise Condition Monitoring, Format Change und Predictive Maintenance eröffnet werden. Damit kann das gesamte Maschinen- und Anlagenmanagement auf ein neues Level gehoben werden.
Inwiefern vereinfachen digitale Produkte auch in Hinblick auf den Safety Aspekt die Planung und Inbetriebnahme?
Udo Reichertz: Am besten lässt sich diese Frage an einem Beispiel erläutern: Mit unseren AF-Schützen haben wir neue Standards gesetzt. Eine dort integrierte, elektronisch geregelte Spule bietet zahlreiche Vorteile gegenüber konventioneller Spulentechnologie – gerade was die Energieeffizienz angeht. Die Halteleistung ist deutlich geringer als bei einem konventionellen Schütz ohne Halteelektronik. Das Gerät verbraucht dadurch bis zu 80 % weniger Energie und erzeugt bis zu 50 % weniger Wärme im Schaltschrank. Unsere neue Push-in-Feder-Anschlusstechnik ist für Schütze und für Motorschutzschalter verfügbar. Mithilfe dieser Technik kann durch einfaches Stecken schnell verdrahtet werden. Es ist dafür kein spezielles Werkzeug erforderlich und Kunden sparen bis zu 50 % Verdrahtungszeit.
Auch unsere neueste Innovation, die Novolink Smart Device Modules, lassen sich schnell und einfach in bereits existierende Stromlaufpläne und Installationen integrieren und bestehen aus nur zwei Hauptkomponenten. Novolink schafft die Basis für vorausschauende und bedarfsabhängige Instandhaltung. Maschinenausfälle können damit vermieden werden.
Vielleicht könnten Sie dieses Beispiel noch ein bisschen ausführen?
Udo Reichertz: Vereinfacht erklärt: Die Novolink Smart Device Module bestehen aus zwei Hauptkomponenten: dem intelligenten Funktionsmodul SFM1 und dem Sensormodul SCV10-40. Das Funktionsmodul wird auf ein AF-Schütz aufgesteckt und ist mit zwei X2X-Schnittstellen für ankommende und abgehende Verbindungen (Daisy Chain) ausgestattet. Es ermöglicht mithilfe der SPS unserer Kollegen von B&R eine lückenlose Überwachung der gesamten Anwendung. Im Gegensatz zu allen anderen Produkten, die es bislang auf dem Markt gibt, misst Novolink sowohl Spannung als auch Strom und vereint den Aspekt Motorschutz mit der Überwachung der angeschlossenen Lasten. Die lückenlose Überwachung vereinfacht die Wartung signifikant über eindeutige Diagnosemeldungen.
Das Schlagwort „Predictive Maintenance“ wurde ja bereits genannt. Können Sie unseren Lesern das etwas näher erläutern und erklären, wie z. B. das Strom- und Spannungssensormodul SCV10-40 in Verbindung mit Novolink „Predicitive Mainteance“ ermöglicht?
Udo Reichertz: Bereitgestellte Daten wie Wirkleistung, Anzahl der Betriebsstunden oder die Zeit bis zur Schutzabschaltung des Motors sind die Basis für eine „predictive maintenance“-Strategie unserer Kunden. Über die Leistungsaufnahme des Motors wird die aktuelle Belastung ermittelt. Wird eine kurzzeitige Überlast festgestellt, kann die Ursache in einer Schwergängigkeit des mechanischen Antriebs liegen. Das Problem wird somit rechtzeitig erkannt und optional auf dem B&R-Display visualisiert. Schäden an installierten Anlagen, Ausfälle oder Überlastungen werden vermieden. Das intelligente Strom- und Spannungssensormodul SCV10-40 gibt kontinuierlich Auskunft über den Status der angeschlossenen Geräte und die Lastsituation.
Zusätzlich liefert es Daten zu Netzspannung, Leistung und Frequenz sowie zu Phasenströmen, Oberwellen und weiteren relevanten Parametern. Die Erfassung von cos phi und Wirkleistung ermöglicht die Überwachung und den Schutz von Pumpen und anderen angeschlossenen Verbrauchern. Für eine optimierte Steuerung der wählbaren Auslöseklassen 5E-30E berechnet das Gerät anhand eines erweiterten thermischen Modells die tatsächliche thermische Belastung, die Zeit bis zur Auslösung und die Zeit zum Abkühlen. Das Modul integriert auch Stromwandler bis 40 A Nennstrom und ermöglicht Spannungsmessung bis 690 V AC.
Welche weiteren Vorteile bietet Novolink Ihren Kunden?
Udo Reichertz: Novolink ist die einzige Lösung, die mit Standard AF-Schützen anschlussfertig höchste Funktionalität bietet – ohne zusätzlichen Aufwand für spezielle Verkabelung und produktbezogene Schulungen. Die Daten von Schütz, Motor und angeschlossenen Lasten lassen sich über den X2X-Bus nahtlos in das B&R-Automationssystem integrieren. Die Programmierung ist einfach, da alle Daten zentral verfügbar sind, sodass die Schutzfunktionen leicht an die Anforderungen der Anwendung angepasst werden können. Dank der direkten Steuerung über die SPS wird der Verdrahtungsaufwand reduziert – Hilfsschalter und die Verdrahtung der Schützansteuerung entfallen dadurch. Das reduziert natürlich die Kosten ganz erheblich, spart Platz und erhöht gleichzeitig die Effizienz.
„Retrofit“ ist ein weiteres Schlagwort, das in jüngerer Zeit immer wieder mit der Digitalisierung in der Maschinen- und Anlagensicherheit genannt wird. Welche Bedeutung kommt diesem Bereich bei ABB Stotz-Kontakt zu?
Udo Reichertz: Nachhaltigkeit hat bei ABB einen hohen Stellenwert. „Retrofit“ ist bei uns deshalb nicht nur ein Schlagwort. Novolink fügt sich perfekt in diese Strategie ein: Jedes AF-Schütz, egal ob neu oder bestehend, kann mit Novolink aufgerüstet werden. Der Kunde hat die Möglichkeit, je nach Anforderungen und Ansprüchen frei zu entscheiden. Der Einsatz digitaler Lösungen birgt mit zahlreichen Aspekten ein enormes Optimierungspotenzial für Maschinen und Anlagen. Auch digitale Services wie cloudbasierte vorausschauende Wartung bieten einen großen Mehrwert. Mit Novolink lassen sich all diese Vorteile der Digitalisierung von Motorstarterlösungen nutzen.
Was bringt die nähere Zukunft bei ABB Stotz-Kontakt?
Sven Glöckler: Wir blicken optimistisch in die Zukunft. Wir haben viele gute Initiativen auf dem Weg. Unsere aktive Pflege des Produktportfolios, welche wir anhand von unseren Kunden ausrichten, zahlt sich gegenwärtig aus und wird sich zukünftig noch stärker bemerkbar machen. Konkret denke ich hier an das Thema ABB Ability als digitale Lösung für erhöhte Energieeffizienz beispielsweise in der Energieverteilung. Unsere Weichen sind gestellt. Die Zukunft kann kommen.
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