Bosch: Von der Holzkiste zum Internet der Dinge
Von den allerersten elektrischen Brandmelderzentralen, die 1920 eingeführt wurden, bis zur neuesten Generation digitaler Brandmelderzentralen – verbunden mit dem Internet der Dinge (IoT) – hat der Brandschutz einen langen Weg der technischen Entwicklung absolviert. Bis heute gehe es dabei darum, die komplexen Sicherheitsanforderungen von Gebäudebetreibern und Nutzern zu erfüllen, so Kristof Vandenberghe, Produktmanager Avenar Panel & Voice Alarm Integration bei Bosch Building Technologies.
Die jüngste Generation digitaler Brandmelderzentralen eröffnet heute eine ganz neue Welt von Funktionen – bereit für die Zukunft intelligenter Städte und Gebäude. Das ist ein guter Zeitpunkt, sich der Geschichte der Bosch-Brandmelderzentrale zu erinnern, die vor 100 Jahren – damals noch unter der Marke Telefonbau und Normalzeit – mit einer einfachen Holzkiste begann. Es ist eine Geschichte, die den Weg von der Elektrifizierung bis hin zur Digitalisierung beispielhaft beschreibt.
Technologischer Durchbruch
Trotz seines bescheidenen Aussehens – Holz war vor hundert Jahren leichter verfügbar als Kunststoff – erwies sich bereits die erste Bosch-Brandmelderzentrale von 1920 als wegweisend: Da immer mehr Menschen in städtische Zentren zogen, wo sie auf engstem Raum zusammenlebten, wurde es auch zunehmend wichtiger, im Falle eines Brandes schnell und auf breiter Front intervenieren zu können. Zum ersten Mal bot diese elektrische Brandmelderzentrale die Möglichkeit, Brandmeldeinformationen von mehreren Standorten in einer bemannten Leitstelle zentral zu empfangen und zu bearbeiten. Die Feuerwehr konnte dadurch mehr Bereiche genauer überwachen und schneller als je zuvor auf Notfälle reagieren.
Weitere Anlaufstellen für städtische Zentren
Seit den 1950er Jahren prägte die Urbanisierung das Leben in der gesamten westlichen Welt. Hoch- und Apartmenthäuser und eine zunehmende Bevölkerungsdichte erhöhten den Branddetektionsbedarf. Als Reaktion darauf erweiterten die Bosch-Brandmelderzentralen kräftig ihre Kapazität: Eine einzige Brandmelderzentrale bot jetzt 15 Detektionslinien und maximal 30 Brandmelder für jede Linie. Diese Kapazitätserhöhung verbesserte den Brandschutz erheblich, zusammen mit der Installation von privaten Telefonen, über die man im Notfall Rettungskräfte alarmieren konnte.
Feuermelder an öffentlichen Plätzen und Gleichstromtechnologie
Notfall-Hotlines stärkten den Brandschutz in Privathaushalten – allerdings hatte in den 1960er Jahren noch nicht jeder Haushalt ein Telefon. Deshalb installierten die Kommunen in regelmäßigen Abständen öffentliche Feuermelder auf den Straßen. Die schweren Stahlgehäuse trotzten Wind und Regen, der Alarmknopf war hinter einer Glasabdeckung untergebracht, die man im Brandfall zerbrechen konnte. Der Alarm wies dann die nächstgelegene Feuerwehr zum Standort des Melders.
Nach und nach wuchs die mögliche Zahl der an einer einzelnen Brandmelderzentrale gesicherten Installationen: Die Brandmelderzentrale BZ 1012 aus den späten 1970er Jahren wurde mit Gleichstromtechnologie betrieben und bot zwölf Meldelinien, die auf 24 erweiterbar waren. Sie war eine optimale Lösung für kleine und mittlere Unternehmen – und sie erwies sich als so langlebig und zuverlässig, dass erst vor kurzem die letzten von ihnen außer Betrieb gingen.
Pulsmeldetechnik und Mehrkriterienmelder
Der evolutionäre Weg zu den heutigen intelligenten Lösungen begann in den 1980er und 1990er Jahren. Damals nahm die Innovationsgeschwindigkeit kräftig Fahrt auf, die Produktlebenszyklen wurden kürzer, die Zentralen und Detektoren intelligenter. Die Technik ermöglichte es, die Brandquellen besser zu lokalisieren und zeigte an, welcher der Melder einen Alarm auslöste.
Entscheidend dabei war die Einführung der pulsbezogenen Übertragungstechnik. Zusätzlich tauschen durch die sogenannte „Driftkompensation“ Brandmelder und Zentralen hier ständig Informationen aus, wobei die Empfindlichkeit konstant bleibt und störende Auswirkungen von Umweltverschmutzung und Umwelt ausgeschlossen werden. Dadurch konnten die Zentralen präziser melden und Fehlalarme reduziert werden.
Neben der Weiterentwicklung der Zentralen wurden Brandmelder dank der Einführung von Mehrkriterienmeldern mit optischen, thermischen und chemischen Komponenten genauer: Sie erkennen Brände durch Veränderungen von Licht, Temperatur und Gasen. Diese neue Generation von Detektoren kann auch an konkrete Anwendungen vor Ort angepasst werden, indem nur eine, zwei oder alle drei Komponenten genutzt werden.
Skalierbarkeit und Zuverlässigkeit
In den 2000er Jahren wurde der Brandschutz in Städten und Gebäuden noch komplexer, die Infrastruktur für analog adressierbare Brandmeldeanlagen flexibler und effizienter. Dank Skalierbarkeit und modularer Architektur vernetzter Brandmeldesysteme können Gebäudebetreiber und Systemintegratoren wachsenden Bedarf besser decken. Sie sind zunehmend besser auf Notfälle vorbereitet und auch die Wartung wird vereinfacht.
Dank LSN-Technologie (Local Security Network), können adressierbare Geräte innerhalb eines Netzwerks – zum Beispiel automatische und manuelle Brandmelder – im Brandfall ihren genauen Standort übermitteln. Abgesehen von dieser situativen Intelligenz überwachen solche Systeme auch den Zustand aller Geräte selbst und alarmieren bei Ausfällen. Auch die Reichweite von IP-basierten Netzwerken hat sich im Vergleich zur ersten „Holzkiste“ der 1920er Jahre ganz erheblich vergrößert: Heute kann man bis zu 32 Zentralen und 32.768 Detektionsspunkte effizient in einer einzigen Installation vernetzen.
Integration: Schub für den Brandschutz
Heute ist die IP-basierte Netzwerkarchitektur zum Stand der Technik geworden. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass man heute große Liegenschaften und Gebäude in Form organisierter Formate sichern kann. Dadurch können solche Netzwerke den Nutzern mehr Integration und zusätzliche Funktionen bieten. Ein Beispiel dafür ist die Verbindung zwischen IP-basierten Brandmelderzentralen und Sprachalarmierungssystemen über Smart Safety Link. Das ist eine Verbindung, die die schrittweise Evakuierung von Gebäuden mit bis zu 30% kürzeren Reaktionszeiten ermöglicht. Gleichzeitig ermöglichte die Cloud-Konnektivität den Betreibern, Brandmeldesysteme von überall aus fernzusteuern und zu warten – ein weiterer gewaltiger technischer Sprung im Vergleich zu den festverdrahteten Brandmelderzentralen von 1920. In Zukunft wird der Bedarf an integrierten Brandschutzlösungen noch weiter zunehmen. Die nächste Generation digitaler Brandmelderzentralen steht bereits in den Startlöchern.
Die Evolution nimmt weiter ihren Lauf: Die neuen Avenar Panels 8000 und 2000 erweitern das modulare Konzept ihrer Vorgänger. Sie wurden für maßgeschneiderte Lösungen in intelligenten Städten der Zukunft entwickelt. Diese neue Generation erfüllt den heutigen Bedarf der Betreiber nach standortunabhängigem Zugriff auf Echtzeitinformationen und bietet von überall her den Zugriff auf alle relevanten Informationen über die Cloud – unter Einhaltung der aktuellen Richtlinien für Datensicherheit und Brandschutz.
Basierend auf einem offenen Plattformansatz ist die neue Zentralen-Generation darauf ausgerichtet, die Integration der verschiedenen Gebäudetechnologien auf ein völlig neues Niveau zu heben und neue Funktionen im Internet der Dinge (IoT) zu implementieren, sobald diese verfügbar werden. Für das Jahr 2021 können sich Systembetreiber auf noch mehr Interaktions- und Informationsmöglichkeiten freuen – auch von unterwegs: Die neue mobile App Fire Remote Services bringt die Steuerung von Brandmeldesystemen auf Smartphones. 100 Jahre nach der Einführung der ersten hölzernen Brandmelderzentralen ist die zukünftige Entwicklung des Brandschutzes also alles andere als auf dem Holzweg.
Avenar Panel 2000 und 8000 – weitere Infos hier: https://www.boschsecurity.com/
de/de/news/produktneuigkeiten/avenar-panel/
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