Eine sichere Passage! Muting neu erfunden – Smart Process Gating

Kann die Sicherheit bei automatisierten Fertigungsprozessen ohne Muting-Sensoren ­garantiert werden? „Ja!“, lautet hierauf die Antwort des Sensorherstellers Leuze. Mit dem Sicherheits-Lichtvorhang MLC SPG 530 hat das Unternehmen ein ­Produkt auf den Markt gebracht, das separate Muting-Sensoren überflüssig macht. Damit spart der Anwender nicht nur wertvollen Platz, unnötige Arbeitsschritte und zusätzliche Kosten, sondern ­erhöht zugleich die Sicherheit für Mensch und Maschine.

In Handling- und Montageanlagen befinden sich oft Gefahrenbereiche, die gegen unbefugten Zutritt gesichert werden müssen. Gleichzeitig soll jedoch ein Materialtransport in den Gefahrenbreich hinein oder aus diesem Bereich heraus erfolgen. Beispiele für solche Anlagen finden sich  in der Intralogistik, der Automobil- und der Verpackungsindustrie. In der Praxis werden diese Anforderungen durch separate optoelektronische Schutzeinrichtungen gelöst, die an den Ein- und Ausschleuse-Stationen in­stalliert sind. Diese Schutzeinrichtungen müssen so ausgelegt sein, dass sie die Annäherung des Transportguts an das Schutzfeld erkennen und dann das Schutzfeld temporär überbrücken. Damit wird eine störungsfreie Durchfahrt des Transportguts gewährleistet. Das Schutzfeld darf jedoch nur bei Annäherung des Transportguts überbrückt werden, während der Zugang für Personen zugleich zu verhindern ist.

Bislang waren für die Erkennung des Transportguts – und damit auch zur Unterscheidung von Personen – zusätzliche Muting-Sensoren erforderlich. Das „Smart Process Gating“-Verfahren (SPG) von Leuze electronic macht diese nun überflüssig und das unter Einhaltung der internationalen Normen Typ 4 (IEC/EN 61496), Performance Level PL e/ Kategorie 4 (EN ISO 13849-1) und SIL 3 (IEC 61508).

Das Funktionsprinzip
Das Smart Process Gating-Verfahren (SPG) basiert auf Typ 4-Sicherheits-Lichtvorhängen der Baureihe MLC 500 von Leuze electronic und ist in der Variante MLC 530 SPG realisiert. Im Grundprinzip nutzt das SPG-Verfahren zwei Steuersignale: Das erste Signal (CS = Control Signal) wird von der Anlagensteuerung (SPS) bereitgestellt. Der Zeitpunkt für die Erzeugung des Schaltsignals CS muss so eingestellt sein, dass sich das Transportgut näher als 200 mm vor dem Schutzfeld befindet. Dies ist notwendig, um das Durchschlüpfen von Personen auszuschließen. Das zweite Signal (PFI = Protective Field Interruption) wird bei der Schutzfeldunterbrechung durch das Transportgut vom Sicherheits-Lichtvorhang selbst erzeugt. Damit startet auch die Überbrückung (Gating) des Schutzfelds. Das Gating endet entweder nach einer festen Zeit (t), wenn das Transportgut das Schutzfeld wieder verlassen hat oder durch aktives Rücksetzen des Schaltsignals CS (Abb. 2).

Signalverlauf im Detail
Nachdem die Anlagensteuerung (SPS) das Schaltsignal (CS) an den Sicherheits-Lichtvorhang gesendet hat, muss die Einfahrt des Transportguts in das Schutzfeld innerhalb von 4 Sekunden (t1) erfolgen. Bei der Einfahrt erzeugt der Sicherheits-Lichtvorhang das zweite Signal (PFI) und startet damit die Überbrückung des Schutzfeldes (Gating). In der Grundeinstellung muss die Durchfahrt des Transportguts innerhalb von 10 Minuten stattfinden. Ansonsten geht der Empfänger des Sicherheits-Lichtvorhangs in den Verriegelungszustand. Alternativ kann bei Bedarf eine Timeout-Verlängerung bis zu 100 Stunden aktiviert werden, um Stillstände während eines Schichtwechsels oder über ein Wochenende ohne Verriegelung der Abläufe zuzulassen.

Beim Ausfahren des Transportgutes aus dem Schutzfeld setzt der Sicherheits-Lichtvorhang das von ihm erzeugte Signal (PFI) zurück, sobald das Transportgut das Schutzfeld verlässt. In Abhängigkeit von der gewählten Betriebsart wird das Schutzfeld dann entweder nach 1 oder 2 Sekunden (t2) vom Sicherheits-Lichtvorhang automatisch wieder eingeschaltet oder die Steuerung beendet das Gating. Die Zugangssicherung ist nun wieder aktiv (Abb. 3).

Zur Anpassung an unterschiedliche Anwendungsbereiche sind neben der hier erläuterten Betriebsart „Standard“ zwei weitere Betriebsarten im Sicherheits-Lichtvorhang MLC 530 SPG implementiert, der „Qualifizierte Stopp“ und das „Partielle Gating“. Diese weisen eine Optimierung für geringe Fördergeschwindigkeiten auf, wie sie beispielsweise im Automotive-Umfeld vorkommen.

Anforderungen an eine sichere Lösung
Die Integration einer SPG-Anwendung in eine Anlage ist sicherheitstechnisch als Systemlösung zu betrachten. Diese entsteht im Zusammenspiel von Sicherheits-Lichtvorhang, Anlagensteuerung und gegebenenfalls mechanischen Elementen. Hierzu benötigt der Anlagenbauer Erfahrung im Safety-Design, da er zum Beispiel die Gating-Sequenz in der SPS programmiert und die Sicherheits-Systemlösung selbst erstellt. Er trägt damit die Verantwortung für die Umsetzung des Gesamtsystems. Daher ist es wichtig, bei einer SPG-Installation die sicherheitstechnisch notwendigen Anforderungen zu berücksichtigen. Diese sind in der entsprechenden Betriebsanleitung beschrieben. Eine wichtige Anforderung ist die Kenntnis der aktuellen Position des Transportgutes durch die Anlagensteuerung (SPS). Die SPS benötigt die Information, wann das Schutzfeld vom Transportgut erreicht, beziehungsweise verlassen wird, um die nötigen Schaltsignale zum richtigen Zeitpunkt an den Sicherheits-Lichtvorhang zu senden. Dies ist notwendig, da das Schutzfeld innerhalb von 4 Sekunden nach Anliegen des SPS-Schaltsignals unterbrochen werden muss. Zudem ist zwischen Transportgut und Lichtvorhang der maximale Abstand von 200 Millimeter beim Start der Gating-Sequenz (Einfahren) und bei Beenden des Gatings (Ausfahren) einzuhalten. Bei der Erzeugung der Schaltsignale durch die Steuerung ist zu beachten, dass diese nicht unmittelbar durch Personen ausgelöst werden können, also nicht einfach manipulierbar sind. Besondere Anforderungen an die Art der Informationsgewinnung sind nicht gegeben. Die Information kann beispielsweise aus bekannten Abläufen oder zusätzlichen Signalquellen gewonnen werden.

Vor allem in Ausfahr-Anwendungen ist die Kenntnis über die Position oft einfach ableitbar. Beispiele sind Ausfahrstationen an Querförderern, das Ausfahren aus Bearbeitungszentren sowie das Ausfahren bei der Verwendung von aktiven Transportbändern.

Vorteile des Smart Process Gating

  • Sehr kompakte, platzsparende Auslegung der Anlage, da vor/hinter dem Lichtvorhang kein Platz für Muting-Sensoren benötigt wird
  • Hohe Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Sicherheitseinrichtung bei gleichzeitig geringem Installations- und Service-Aufwand (kein Aufbau/keine Justage/Re-Justage von Muting-Sensoren)
  • Reduziertes Risiko von Manipulation durch Betriebspersonal
  • Auch durchbrochene Teile beziehungsweise Paletten mit Abständen zwischen der Ladung werden störungssicher transportiert

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