24.03.2020 • TopstoryAlarmsystemeGasmessungGaswarnanlage

Getragen, gewarnt und integriert - GIT SICHERHEIT im Gespräch mit Hans-Jörg Hübner, Geschäftsführer von GfG

Integration und Vernetzung sind zentrale Themen der ­Industrie. Die GfG arbeitet kontinuierlich daran, Geräte und Systeme zu entwickeln, um Menschen, die in potenziell gefährlichen Umgebungen arbeiten müssen, bestmöglich zu schützen. Eine Inte­gration von tragbaren Geräten in die Notfallsysteme ist ein aktuell wichtiger Baustein dafür. Hans-Jörg Hübner gibt Einblicke in die neuesten Entwicklungen und die Problemlage der Branche.

GIT SICHERHEIT: Herr Hübner, auf der A+A im Herbst drehte sich unser Gespräch um die Vernetzung von tragbaren Messgeräten mit der Anlagenzentrale. Warum ist diese Integration so wichtig?

Hans-Jörg Hübner: Momentan gibt es, was Gefahren durch Gase betrifft, in den Betrieben zwei voneinander unabhängig arbeitende Überwachungssysteme. Zum einen stationäre Gaswarnanlagen. An neuralgischen Stellen werden Messwertgeber installiert, die mit der Zentrale verbunden sind. Von dort werden im Ernstfall alle weiteren Maßnahmen eingeleitet.

Die zweite Komponente sind tragbare Gaswarngeräte. Bei ihnen handelt es sich aber um Schutzmaßnahmen, die einzelnen Personen dienen, die sich in Bereichen bewegen, in denen gefährliche Gaskonzentrationen auftreten können. Sie alarmieren den Geräteträger sowie umstehenden Personen, aber nicht die Zentrale.

Tragbare Geräte und eine stationäre Gaswarnanlagen arbeiten also voneinander unabhängig. Falls beispielsweise jemand an einem Einzelarbeitsplatz ohnmächtig wird, kann es sehr schnell lebensgefährlich werden, wenn niemand anderes, vorzugsweise jemand in der Rettungszentrale, es mitbekommt. Bei einem Informationsaustausch des Gaswarngeräts mit der Zentrale könnte diese Person womöglich gerettet werden. Zumindest bestände eine realistische Chance.

Deshalb haben wir uns darüber Gedanken gemacht, wie man portable Geräte in eine Gesamtlösung einbinden könnte. Im ersten Schritt haben wir unser TeamLink entwickelt. Es handelt sich um eine tragbares Gerät zur Überwachung von bis zu zehn mobilen Gaswarngeräten, an die per Funk in Echtzeit Messwerte und eventuelle Alarme übertragen werden. Die Reichweite liegt freifeld bei 700 Metern. In der Praxis ist die Reichweite auf Grund von baulichen Hindernissen jedweder Art deutlich kürzer, aber immer noch ausreichend, um die Sicherheit von Arbeits- oder Rettungsteams gewährleisten zu können. Durch Erweiterungen (z. B. eine abgesetzte Antenne für Spezialanwendungen) lässt sich die Reichweite an besonders schwierige Situationen, wie beispielsweise bei Arbeiten in einem Stahltank, anpassen.

Natürlich arbeiten wir kontinuierlich daran, unsere tragbaren und stationären Geräte zu verbessern, aber der größte Sprung in Bezug auf die Sicherheit liegt in der Vernetzung aller Komponenten und einer einheitlichen, zentralen Sicht auf die Gefährdungslage in Echtzeit.

Welchen Unterschied gibt es in der Funktionsweise zwischen ortsgebundenen Gaswarnanlagen und stationären?

Hans-Jörg Hübner: Stationäre und tragbare Lösungen erfüllen grundsätzlich unterschiedliche Aufgaben, die eng mit ihrer technologischen Entwicklung verknüpft sind: Transmitter, also der Teil einer stationären Anlage, in dem der Sensor untergebracht ist, überwachen je nach Montage neuralgische Punkte einer Anlage wie Anschlüsse oder Serviceöffnungen. In aller Regel erreichen Messwerte per 4-20 mA-Leitung die Zentrale. Und nur um Ihnen eine Größenordnung zu geben, da es ja auch digitale Produkte am Markt gibt, wir reden nach Informationen aus der Industrie von einem Marktanteil von 95 Prozent der installierten Systeme. Dort werden sie überwacht und dort können entsprechende Notfallmaßnahmen eingeleitet werden.

Ein stationärer Messkopf misst meistens ein Gas und transportable Geräte sind in zunehmendem Maße Mehrgasmessgeräte. Sie überwachen bis zu 8 verschiedene Gase, sodass Mitarbeiter, die sich in Bereichen bewegen, in denen Gas eine Gefahrenquelle sein kann, umfassend geschützt sind. Tragbare Gaswarngeräte sind Teil der persönlichen Schutzausrüstung. Bislang begrenzt sich in den allermeisten Fällen ihre Alarmwirkung auf die akustische Reichweite des eingebauten Alarms.

Heute sind wir alle rund um die Uhr mobil vernetzt. Das ist auch die Zukunft für tragbare Gaswarngeräte, wenn wir die Sicherheit für die Mitarbeiter weiter verbessern wollen.

Würden Sie uns eine Situation aus der Praxis beschreiben, woran diese Vernetzung veranschaulicht werden kann?

Hans-Jörg Hübner: Wenn beispielsweise der Gruppenleiter einer Feuerwehr alle Mitarbeiter mit vernetzten Geräten ausgestattet hat, sieht er auf einen Blick, welche Gaskonzentrationen an den verschiedenen Gefahrenstellen herrschen. So kann er ganz einfach eine lokales Team von bis zu zehn Personen im Blick behalten und fundierte Entscheidungen treffen.

Unabhängig davon gibt es seitens der Industrie schon lange den Wunsch, mehr Informationen zu stationären, 4-20 mA Gaswarnanlagen zur Verfügung zu haben. Man bekommt zwar mit diesem Signal den Messwert übermittelt, aber keine Auskunft darüber, in welchem Zustand der Messkopf ist, wie der Status des Sensors ist oder wann er gewartet werden müsste.

Die GfG hat mit ACDC deshalb eine Technologie zum Patent angemeldet, die die Übertragung zusätzlicher Informationen über 4–20 mA-Systeme ohne große zusätzliche Kosten möglich macht. Positiver Nebeneffekt von ACDC: Es bietet genügend Bandbreite, um grundsätzlich auch die Informationen aus tragbaren Geräten an die Zentrale weiterleiten zu können.

Auf der A+A haben wir an einem Demonstrator gezeigt, wie diese Integration aussehen könnte und dass sie funktioniert. Auf diese Weise konnten wir die Trennung zwischen stationärer und portabler Überwachung überwinden.

Wie sieht die Lösung der GfG genau aus?

Hans-Jörg Hübner: Die neueste Generation der tragbaren Gaswarngeräte verfügt über ein Funkmodul. Für das in Europa verwendete Frequenzband beträgt die theoretische Reichweite, wie bereits erwähnt, bis zu 700 Meter. Das Gegenstück ist dann das TeamLink G999L, eine tragbare Lösung im selben Format wie unsere Gaswarngeräte, das Messwerte und Alarme von bis zu 10 Team-Mitgliedern empfangen kann.

Wir kennen alle aus eigener Erfahrung die Schwankungen und Ausfälle bei Mobilfunknetzen. Wir wissen auch, wie lange es dauern kann, bis wir wieder Empfang haben. Für Warngeräte wie unsere Gaswarnlösungen gibt es gesetzlich vorgeschriebene Ansprechzeiten, T50 und T90, bei denen es sich um wenige Sekunden handelt. Um wirksam helfen zu können, muss ein Alarm dann aber nicht nur umgehend vor Ort ausgelöst werden, sondern zuverlässig auch in der Leitstelle oder Rettungszentrale ankommen. Deshalb wird die Verbindung zwischen TeamLink und den mit ihm verbundenen Geräten auch permanent überwacht und ein Abbruch der Verbindung angezeigt. Funk ist dafür die zuverlässigere Lösung. Dazu kommt, dass überall dort, wo Gefahr durch brennbare oder explosive Gase besteht, die Geräte erhöhten Sicherheitsanforderungen genügen müssen, damit sie nicht selbst zur Zündquelle werden. Es gibt gerade einmal eine Hand voll Smartphones mit einer solchen Zulassung und die sind extrem teuer. Auch deshalb setzen wir auf Funkübertragung.

Die große Herausforderung war also, nicht nur Transmitter mit einem Funkelement zu entwickeln, die den Ex-Schutzanforderungen genügen, sondern auch dafür zu sorgen, dass die Datenübertragung über die analogen 4-20 mA-Systeme übermittelt werden können. Mit ACDC haben wir das geschafft.

Wie sieht es mit der Integration in andere Alarmsysteme aus? Wie können eine bestehende Brandmeldeanlage und eine Gaswarnanlage miteinander kombiniert werden?

Hans-Jörg Hübner: Es gibt seit vielen Jahren die unterschiedlichsten Ansätze. Eine zentrale Frage ist: Wo soll die Integration stattfinden? Gaswarnanlagen werden auch heute schon in Alarm- und Rettungskonzepte eingebunden. Die Integration muss dort stattfinden, wo die Alarme weitergeleitet werden – im gleichen Raum, wo auch Brandmelder-Alarme eingehen. Die differenzierte Normenlage ist sicherlich eine Herausforderung für die nächsten Jahre. Auch wir arbeiten stetig daran, die Normenverhältnisse über alle Bereiche hinweg zu vereinfachen und nicht an Insellösungen festzuhalten. Momentan gilt es, die Gaswarnlösung nahtlos in die Rettungspläne und die dafür existierende Infrastruktur einzufügen.

Was ist die größte Herausforderung für eine optimale Integration von tragbaren und stationären Gaswarnsystemen?

Hans-Jörg Hübner: Es gibt ein zentrales Problem. Wie zuvor bereits angedeutet, haben circa 95 Prozent aller stationären Gaswarnsysteme eine 4–20mA-Anbindung. Auf dieser Verbindung werden nur Messwerte und kleinere Meldungen übermittelt – relativ unzufriedenstellend für die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten.

Digitale Kommunikation wäre schneller, aber dazu müsste man sämtliche Kabel neu verlegen. Wenn man nun in einem großen Unternehmen mehrere tausend Messköpfe neu verkabeln müsste, wird das schnell zum teuren Großprojekt, das auf wenig Gegenliebe im Einkauf treffen dürfte. Das bedeutet, es bleibt beim alten Kabel. Mit ACDC haben wir jedoch eine Möglichkeit entwickelt, das zu umgehen. Wir „missbrauchen“ sozusagen einfach die vorhandenen Kabel und lassen mehr Information darüber laufen. Wenn man im zweiten Schritt noch portable Geräte mit dem System verbinden kann, entspricht dies genau dem, was der Markt fordert. Sobald Informationen zentral zur Verfügung stehen, ist schon viel erreicht. Und man darf nicht vergessen, dass die primäre Aufgabe von Gaswarnanlagen im Schutz vor Gefahren durch Gase besteht.

Aber auch die technische Entwicklung beispielsweise bei Bewegungssensoren hat in den letzten Jahren richtig Fahrt aufgenommen. Neben der eigentlichen Aufgabe wird es immer wichtiger werden, allgemeine Gefahrensituationen wie Stürze, Bewusstlosigkeit oder Verletzungen in Echtzeit zu erkennen und entsprechende Rettungsmaßnahmen einzuleiten. Es bleibt also viel zu tun

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