Intelligente Branderkennung: Von Multisensortechnologie und KI bis zu videobasierten Systemen

Bosch Building Technologies hat im Laufe der Jahre eine beeindruckende Palette von Brandschutzlösungen entwickelt – und das Unternehmen aktualisiert sein Produktportfolio regelmäßig. Innovative Technologien wie die videobasierte Branderkennung erweitern die Anwendungsmöglichkeiten der Lösungen. GIT SICHERHEIT sprach mit Sören Wittmann, Produktmanager für Aviotec und Sebastian Wehr, Produktmanager für Brandmelder bei Bosch Building Technologies. Sie berichten über die jüngsten Entwicklungen in ihrem Brandmeldeportfolio – und die nächste Generation der videobasierten Brand­erkennung, Aviotec.

GIT SICHERHEIT: Herr Wittmann, Herr Wehr, können Sie uns zunächst einmal bitte einen Überblick über das Bosch-Portfolio an Brandmeldern geben und kurz erläutern, worauf Sie bei der Entwicklung neuer Brandmelder besonderen Wert legen?

Sebastian Wehr:
Bei automatischen Brandmeldern sollte die Zuverlässigkeit an erster Stelle stehen. Ein Melder muss funktionieren, wenn es darauf ankommt. Im Brandfall ist die schnelle und zuverlässige Detektion der Schlüssel zum Schutz von Menschen und Vermögenswerten. Gleichzeitig müssen lästige und kostspielige Falschalarme vermieden werden. Um höchste Zuverlässigkeit zu gewährleisten, setzen wir auf eine ganze Reihe von Technologien. Wir arbeiten mit Dual-Ray-Technologie und Intelligenter Signalverarbeitung (ISP) zur Unterscheidung von sichtbaren Störgrößen wie Dampf, Wasserdampf und Zigarettenrauch. Eine weitere Eigenschaft ist die Überwachung der Umgebung auf elektromagnetische Störungen. Für eine schnelle Ursachenfindung werden die EMV-Werte direkt in der Brandmelderzentrale angezeigt. Dies sorgt für Robustheit gegenüber Störungen etwa von Mobiltelefonen und WiFi.

Ein Branchentrend ist sicherlich der Einsatz von Multisensortechnologie, um die Detektionsmöglichkeiten weiter zu verbessern. Wir empfehlen den Multisensor-Ansatz für anspruchsvolle Umgebungen. Die Kombination von zwei oder mehr Sensoren in einem Gerät kann die Falschalarmstabilität erhöhen und Systeme robuster machen.

Neben der Zuverlässigkeit legen wir bei der Entwicklung und Definition unseres Brandmeldeportfolios besonderen Wert auf Benutzerfreundlichkeit sowie auf flexible Einsatzmöglichkeiten. Die Anwender sollen von einer einfachen Installation, Wartung und Langlebigkeit profitieren können. Zum Kern unseres Angebots gehören die Avenar Detector 4000 Serie, die sowohl für manuelle als auch für automatische Adressierung geeignet sind.


Sie erwähnten gerade die Multisensortechnologie: Kohlenmonoxid-Brandmelder eignen sich ja insbesondere für Anwendungen, bei denen andere Brandmeldeverfahren zu Falschalarmen neigen, z. B. aufgrund von Staub, Dampf und Kochdämpfen...?

Sebastian Wehr
: Das jüngste Mitglied der Avenar Detector 4000-Serie ist ein Melder mit zusätzlichem CO-Gassensor, bei dem die Brand- und Rauchdetektionsfähigkeiten erweitert wurden.

Der neue FAP-425-DOTCO-R ist ein Multisensor Melder, der alle jetzigen sowie der sich in Arbeit befindlichen CO-Normen der EN 54 in Bezug auf automatische Punktmelder abdeckt. Wie andere Melder der Avenar Detector 4000-Serie hat der FAP-425-DOTCO-R kombinierte optische und thermische Sensoren, aber auch einen zusätzlichen Spezialsensor zur schnellen Erkennung von Kohlenmonoxid, das sich in einem frühen Stadium des Brandes entwickeln kann. Damit kann dieser Melder für die Überwachung von CO-Konzentrationen gemäß EN 54 eingesetzt werden, zum Beispiel in Gebäuden des Gesundheitswesens, in der Fertigungsindustrie und in Parkhäusern.


Sie haben eine Reihe von Detektoren mit ultraflachem Design eingeführt. Worin liegt der besondere Nutzen dieser Produkte?

Sebastian Wehr:
Die adressierbaren Brandmelder der Serie 500 vereinen die Vorteile der erweiterten LSN-Technik mit den ästhetischen Vorzügen durch die deckenbündige Bauform. Der Melder ist als Streulichtrauchmelder sowie als Multisensormelder mit einem zusätzlichen Gassensor verfügbar. Auf der glatten Oberfläche sammelt sich nicht der übliche sichtbare Schmutz in Räumen mit hohem Staubanfall. Dadurch ist er besonders zuverlässig und leicht zu reinigen. Dies kann zu einer Einsparung von Wartungszeit und -kosten führen. Das flache Design mit der virtuellen optischen Kammer ist auch für Innenräume mit hohen architektonischen Ansprüchen von Vorteil. Je nach Kundenwunsch kann der Melder mit verschiedenfarbigen Ringen bestellt werden, so dass er sich farblich in den jeweiligen Raum einfügt bzw. an die Deckenfarbe anpasst.


Mit Aviotec haben Sie ein System zur videobasierte Rauch- und Flammenerkennung auf den Markt gebracht. Wie funktioniert es und für welche Art von Anwendungen ist das System am besten geeignet?

Sören Wittmann:
Wenn man große Bereiche absichern will, etwa in der Industrie und in Lagerhallen, stößt man mit einzelnen punktförmigen Rauchmeldern schnell an deren Leistungsgrenzen. Das liegt daran, dass der Rauch durch den thermischen Auftrieb nach oben steigt. Mit zunehmender Höhe vermischt er sich mit der Umgebungsluft – dadurch wird er verdünnt, kälter und langsamer. Ab einem bestimmten Punkt gleicht sich die Temperatur des Rauchs an die Umgebungstemperatur an, was dazu führt, dass ich der Rauch nicht mehr mit der Luft bewegt.

Ganz anders ist das bei der videobasierten Brandfrüherkennung wie bei unserem Aviotec-Lösung. Rauch oder Flammen, die im Sichtfeld der Branderkennungskamera entstehen, werden fast augenblicklich im Bild sichtbar. Die Kamera kann den Brand in Sekundenschnelle an seinem Entstehungsort erkennen. Das spart wertvolle Zeit in der Reaktionskette. Die frühzeitige Erkennung kann dabei helfen, den Schaden zu minimieren. Dies ist ein unschätzbarer Vorteil für die Brandsicherheit von Lagerräumen oder teuren und unternehmenswichtigen Maschinen.


Können Sie uns etwas genauer erklären, wie das funktioniert?

Sören Wittmann:
Flammen und Rauch haben bestimmte Eigenschaften. Flammen haben beispielsweise eine typische Farbe und Helligkeit. Sie flackern außerdem in bestimmten Frequenzen. Rauch dagegen ist eine halbtransparente Substanz. Er steigt auf und verdeckt den Hintergrund, wenn auch nicht vollständig. Er ist sehr turbulent, variiert in der Dichte und ist in der Anfangsphase eines Brandes weiß. Dann wird er aber zunehmend dunkler, je heißer der Brandherd wird. Unsere Aviotec-Kameras erkennen und bewerten all diese Merkmale. Das System verwendet derzeit mehr als 20 Algorithmen, um die verschiedenen Erscheinungsformen von Flammen und Rauch zu analysieren und zu erkennen. Mit Hilfe eines Displays können die Alarme schnell und zuverlässig von einer autorisierten Person per Live-Video überprüft werden. So kann der Verantwortliche sehr schnell feststellen, ob es sich um einen Falschalarm oder einen echten Vorfall handelt.


Aviotec hat sich bereits praktisch bewährt – wir haben in GIT SICHERHEIT über mehrere Anwendungen berichtet. Können Sie uns etwas mehr über die neueste Version von Aviotec erzählen, die gerade auf den Markt kommt?

Sören Wittmann:
Die größte Weiterentwicklung besteht darin, dass das Aviotec-System zum ersten Mal vollständig KI-gesteuert ist und über Deep Learning verfügt. Die neuen KI-basierten Algorithmen werden zu einer höheren Robustheit führen und zusätzliche Anwendungsfälle eröffnen. Die neue Aviotec 8000i IR ist eine All-in-one-Lösung. Dazu gehören die Kamera mit einer verbesserten Bildqualität und einer Auflösung von über 4 Megapixeln – sowie IR-Beleuchtung, Objektiv und IP 67-Gehäuse. Die verbesserten Einstellungen ermöglichen eine motorisierte Anpassung der Brennweite ohne manuelle Einstellungen. Der Sensor ist empfindlicher bei besserer Bildqualität. Der Anwender benötigt kein Zubehör mehr, und die Kamera kann wie ein Standard-Feuermelder an eine Steuerzentrale angeschlossen werden. Zwei Ausgangsrelais für „Alarm“ und „Störung“ sind im Lieferumfang enthalten und ermöglichen in Zukunft eine UL/FM-Zulassung.


Wie sieht es mit der Zukunftsfähigkeit des neuen Kamerakonzepts aus?

Sören Wittmann:
Wir sehen bereits eine starke Nachfrage nach zuverlässigen Lösungen für industrielle Anwendungen in unterschiedlichsten vertikalen Märkten. Ein Beispiel dafür ist das Transportwesen, wo Lösungen für Flughäfen, Hangars und Schienenverkehr gebraucht werden. Es gibt eine starke Nachfrage nach Anwendungen in Lagerhallen und Parkhäuser. Mit dem starken Wachstum der eMobilität wird auch dort die videobasierte Brandfrüherkennung immer wichtiger werden. In all diesen Bereichen muss das Brandmeldesystem sehr flexibel sein und auf Veränderungen in der Umgebung reagieren können. Mit unserem KI-gesteuerten Ansatz und den Deep-Learning-Fähigkeiten ist unsere Lösung für die Zukunft gerüstet. Ein weiterer Aspekt ist die Zunahme internationaler Vorschriften für die videobasierte Branderkennung. Diese Vorschriften und deren Auslegung erfordern eine Lösung wie unsere Aviotec 8000i IR. Für regelmäßige Updates bieten wir den kostenlosen Download der neuesten Firmware-Versionen an, um die Kamera auf dem optimalen Stand zu halten.

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