KI, Cloudlösungen und Cybersicherheit im Fokus
Der koreanische Hersteller Hanwha Techwin hat seine weltweite Marktposition in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut und das Erbe der Samsung-Produkte erfolgreich angetreten. Für die Videosicherheit bietet der Hersteller mittlerweile ein komplettes Angebot von der Kamera, über die Speicherung bis hin zum Videomanagement. GIT SICHERHEIT sprach mit Stefan Dörenbach, Country Manager DACH, über den Ausbau des Teams in Deutschland, Österreich und der Schweiz und die wichtigsten Themen rund um die Videoüberwachung.
GIT SICHERHEIT: Das Jahr 2022 war für viele Hersteller in unserer Branche nicht nur wegen der Lieferengpässe eine große Herausforderung. Wie ist Hanwha Techwin durch das letzte Jahr gekommen und wie sind Sie ins neue Jahr gestartet?
Stefan Dörenbach: Das letzte Jahr war natürlich auch für uns herausfordernd, ich denke aber, wir sind stärker aufgestellt als je zuvor. Wir waren immer lieferfähig und konnten unsere Kunden zufriedenstellen. Unsere Lieferzeiten sind zu Beginn des letzten Jahres für ein paar Monate von den üblichen 3-4 Tagen bei begehrten Modellen auf 8-10 Wochen angestiegen. Der Markt ist wirklich global geworden und wenn für ein Projekt in den USA mehrere Hundert Kameras eines Typs für ein Projekt geordert wurden, hatte das globale Auswirkungen. Wir haben aber auch zu den Zeiten der größten Engpässe unsere Kunden gut bedient und bestmöglich unterstützt. Dadurch haben wir selbst im sehr markentreuen DACH-Markt zahlreiche neue Kunden und Projektgeschäft gewonnen. Das zahlt sich jetzt aus, weil wir so die Gelegenheit hatten, neue Kunden von unseren Produkten, ihrer Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit zu überzeugen. Wir wollen sie natürlich langfristig an uns binden und haben dazu auch das richtige Team. Wir haben das letzte Jahr auch dazu genutzt, uns optimal aufzustellen.
Wie sieht das Team aus und wie ist Hanwha in der DACH-Region strukturiert?
Stefan Dörenbach: In der verschiedenen DACH-Regionen sind wir mittlerweile unter meiner Leitung mit sechs Business Development Manager am Start. Sie kümmern sich um unsere Endkunden bei größeren Projekten z. B. im Bereich Logistik und Retail, und stehen den Systemintegratoren, Errichtern, Ingenieurbüros und Planern zur Verfügung. Darüber hinaus haben wir zwei Kollegen im Pre-Sales, Jens Wittkamp als Inside Sales Manager und Bianca Badeck für das Marketing. Ufuk Yamankilicoglu unterstützt die Kunden als Technical Manager. Durch unser zwölfköpfiges Team können wir unsere Kunden sehr individuell und auf allen Ebenen betreuen. Die Kunden können sich auf uns verlassen und wissen immer, wer ihnen bei uns helfen kann.
Dieses Team steht aber nicht alleine da, sondern wir bekommen starke Unterstützung aus Korea und unserem europäischen Headquarter in Chertsey, UK. Wir treffen uns regelmäßig zu Meetings, um die Strategie zu besprechen, unsere Wünsche zu äußern und über Neuheiten zu sprechen. Hanwha investiert massiv und nachhaltig in die Produkte, ins Personal und ganz speziell in unsere Region. Dadurch können wir unseren Service erweitern, Technikseminare anbieten und z. B. Planungs- und Ausschreibungsunterlagen in deutscher Sprache zu Vergügung stellen.
Hanwha setzt als Hersteller stark auf KI-Technologie. Was haben Sie hier zu bieten?
Stefan Dörenbach: Sowohl unsere Premium-Produktreihe die P-Serie, als auch die populäre X-Serie sind mit eingebauten KI-Funktionen zur Personen-, Gesichts-, Fahrzeug- und Nummernschilderkennung ausgestattet. Traditionelle Videoanwendungen haben künstliche Intelligenz bislang verwendet, um Fehlalarme zu reduzieren und die forensische Suche in Videos auf Basis von Objektattributen zu ermöglichen. Ganz alltäglich ist mittlerweile auch der Einsatz von KI, die sich auf Metadaten fokussiert. Endanwender suchen heute verstärkt nach aufbereiteten Informationen, die über die einfache Aggregation von Metadaten zu Fahrzeugen, Geschlecht, Alter usw. hinausgehen. Zu diesen weitergehenden Informationen gehören zum Beispiel Statistiken zu Fahrzeugtypen in einem bestimmten Zeitraum oder Aufschlüsselungen des Alters und Geschlechts von Kunden. Durch den unmittelbaren Zugriff auf diese Informationen und das direkte Management erhalten Endanwender tiefere Einblicke und können bessere Geschäftsentscheidungen treffen. Anders ausgedrückt: Informationen werden wertvoller, wenn Anwender ihre Daten auf die jeweils effizienteste und relevanteste Weise nutzen können. Wir können mit Wise Business Intelligence wertvolle Informationen liefern und bieten Lösungen, die genau auf die Bedürfnisse verschiedener Branchen und Einsatzbereiche zugeschnitten sind.
Werfen wir einen Blick in die nahe Zukunft. Was erwarten Sie beim Thema KI im nächsten Schritt?
Stefan Dörenbach: Unsere KI-Technologie wird zukünftig durch sogenannte NPUs (Neural Processing Units) verstärkt. Dabei kommt ein KI-Chip zum Einsatz, der selbstständig lernt und gleichzeitig Video, Audio, Text und Bilder verarbeitet, indem er die Arbeitsweise des menschlichen Gehirns imitiert. In einer Videoanwendung erweitert NPU die KI um Funktionen für Verhaltensanalysen und die Erkennung von ungewöhnlichem Verhalten. Darüber hinaus ist es mit NPUs möglich, KI-Algorithmen direkt nach eigenen Kriterien zu trainieren. In Kürze wird Hanwha Techwin den Wise Detector auf dem Markt einführen, der für die Klassifizierung von Objekttypen trainiert werden kann, die für den Anwender besonders relevant sind. Dazu gehören zum Beispiel Einkaufswagen, Fahrzeugtypen oder auch bestimmte Ereignisse.
Abgesehen von Weiterentwicklungen bei KI, welche Neuentwicklungen dürfen wir von Hanwha erwarten?
Stefan Dörenbach: Es kommt sehr viel Neues. Sowohl auf Produktebene, aber auch strategische Neuerungen. Wir arbeiten immer weiter an Produktneuheiten für spezielle Anwendungen wie z. B. den beiden neuen KI-gesteuerten Zweikanal-Multisensor-Kameras, die zwei verschiedene Bereiche mit zwei unterschiedlichen Sichtfeldern überwachen können. Damit sind sie ideal für die Überwachung von Treppen oder Rolltreppen, L-förmigen Korridoren und die Sicherung von zwei benachbarten Bereichen wie z. B. Check-in-Schaltern.
Darüber hinaus kommt in Kürze etwas wirklich Bahnbrechendes, das auf unserer Stärke bei den Kamera-Chips basiert. Bisher sind die Intelligenz und die Möglichkeiten von Kameras auf Softwareanwendungen wie z. B. KI- und Videoanalytikanwendungen beschränkt. Wir arbeiten daran, dass eine Kamera mit einem starken Prozessor gleichzeitig auch als Server arbeitet. Das heißt eine Kamera verwaltet bis zu sechs andere Kameras als Server, speichert bis zu zwei Terabyte an Daten und übernimmt Videomanagementfunktionen. In der Praxis bedeutet das, für manche Anwendungen reicht die Technik in einer Kameras völlig aus, man braucht keinen zusätzlichen Server mit aufgespieltem Videomanagementsystem und kein separates Speichermedium mehr.
Weltweit sind Cloudlösungen stark im Kommen. Wie sieht das in der DACH-Region aus?
Stefan Dörenbach: Es ist in der Tat so, dass mit der zunehmenden Verbreitung von Cloud-basierten Services und der gestiegenen Anzahl an Anbietern, die Anwender Geräte und Systeme heute einfach über einen Cloud-Service integrieren können. Investitionen in zusätzliche Server oder die Netzwerkinfrastruktur sind dann meist nicht erforderlich. Aufgrund bestehender Netzwerke, des Budgets oder der Sicherheitsrichtlinien innerhalb einer Unternehmensgruppe ziehen es aber viele Unternehmen vor, auch weiterhin konventionelle On-Premises-Lösungen mit dedizierten Servern und Software einzusetzen. In diesem Jahr rechnen wir daher auch in der DACH-Region mit einem Wachstum der hybriden Systeme, also der Kombination von On-Premises-Technologie mit der Cloud. Bei On-Premises-Lösungen behalten Anwender dabei die volle Kontrolle vor Ort, während Cloud-Lösungen gleichzeitig ein zuverlässiges Backup kritischer Daten gewährleisten. Wir unterstützen Unternehmen in diesem Bereich mit zwei Lösungen: Wisenet Wave VMS für On-Premises und Wave Sync für cloud-basierten Service. Wave Sync ermöglicht Remote-Zugriff, Remote-Management und Remote-Wartung für sehr viele On-Premises-Systeme.
Ein weiteres, sehr heiß diskutiertes Thema ist die Cybersicherheit. Wie hoch aufgehängt ist das Thema bei Hanwha und wie ist die Situation in der Region?
Stefan Dörenbach: Auf den deutschen Markt hat das Thema nochmal eine höhere Priorität als in vielen anderen Regionen. Das liegt glaube ich daran, dass wir schon als Einzelpersonen sehr großen Wert auf Cybersicherheit legen. Das spiegelt sich auch wieder, wenn man die Entscheider in der Branche fragt. Allen Beteiligten ist das Thema sehr wichtig und durch die technologische Integration mit KI, Cloud und IoT kommen neue Anwendungen und Lösungen hinzu, die ein geschärftes Sicherheitsbewusstsein erfordern. Das wird auch durch eine Studie im Auftrag von Hanwha Techwin bestätigt, die wir in Kürze veröffentlichen werden. Sie zeigt, wie wichtig verantwortungsvolle Videoüberwachung ist und dass Endanwender speziell nach Herstellern suchen, die Cybersicherheit und ethische Technologienutzung in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen. Uns als Hanwha Techwin ist die Transparenz bei diesem Thema ganz besonders wichtig und das bedeutet, dass wir selbst kleinste Lücken schliessen, sie sofort kommunizieren und dem Anwender die Möglichkeit geben, sofort die neueste Firmware auf die Systeme zu spielen. Unser spezialisiertes Security Computer Emergency Response Team (S-CERT) führt permanent Tests durch und stellt damit sicher, dass die Lösungen von Hanwha Techwin vollständig vor neuen und gerade erst aufkommenden Bedrohungen geschützt sind. Darüber hinaus hat Hanwha Techwin offizielle Zertifizierungen nach UL CAP, FIPS und TTA erworben, um die Sicherheit seiner Produkte auf höchstem Niveau zu gewährleisten.
Mit welcher Einstellung sollte man dem Thema begegnen?
Stefan Dörenbach: In letzter Zeit hat sich „Zero Trust“ als zentraler Trend in der Cybersicherheit etabliert. Im Rahmen des Zero-Trust-Modells müssen alle verbundenen Geräte und Anwendungen im Netzwerk einen Qualifizierungsprozess absolvieren. Dabei gilt, dass es grundsätzlich kein „automatisches Vertrauen“ zwischen Geräten und Anwendungen geben darf. Hanwha Techwin plant die kontinuierliche Überprüfung und Weiterentwicklung seiner Lösungen mit Blick auf Zero Trust, um so beispielsweise die Compliance mit dem Security-by-Default-Prinzip sicherzustellen. Die Bedeutung der Cybersicherheit kann insgesamt nicht hoch genug bewertet werden. Erfahrungen aus europaweiten Projekten von Hanwha Techwin belegen, dass die verantwortungsvolle und ethische Technologienutzung zu den zentralen Anliegen von Endanwendern gehört.
Wie positioniert sich Hanwha bei den Videomanagement-Systemen? Setzen Sie auf das eigene System oder mehr auf die Zusammenarbeit mit den großen VMS-Anbietern?
Stefan Dörenbach: Die Entscheidung für unser Wisenet Wave oder für ein unabhängiges Videomanagement-System hängt ganz klar von der Anwendung ab. Hanwha Techwin bietet mit SSM ein VMS der Einstiegsklasse an, und für anspruchsvolle VMS-Projekte auf Unternehmensebene arbeiten wir mit führenden Technologiepartnern zusammen. Wisenet Wave haben wir eingeführt, um den Anforderungen von Projekten im mittleren Bereich gerecht zu werden, wobei der Schwerpunkt auf einer vereinfachten Benutzererfahrung liegt. In komplexen Projekten, wo zum Beispiel an einem Flughafen das Boarding noch getrackt und eingebunden werden muss, also viele externe Systeme eingebunden werden, macht ein VMS mehr Sinn, dass solche integrationen erleichtert. Wir arbeiten deshalb sehr eng mit den VMS-Technologiepartnern wie z. B. Genetec, Milestone oder Qognify zusammen. Unsere Produkte sind dort zum Teil schon vor der Produkteinführung aktiv eingebunden und tief integriert. Das geht weit über eine ONVIF-Integration hinaus. Für kleinere und mittlere Projekte kann ich aber mit meiner langjähriger Erfahrung mit VMS sagen, dass Wisenet Wave wirklich das Maß aller Dinge ist. Für sehr viele Projekte kann ich es nur empfehlen. Das System ist sehr intuitiv zu bedienen, quasi selbsterklärend, ist schnell installiert und bietet einen tollen Leistungsumfang, inklusive einer sehr einfachen und wirkungsvollen Suche. Für die Videoüberwachung gibt es nichts Besseres.
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