Praktische Umsetzung der TRBS 2121-2 auf einen Blick
Dass Arbeiten in der Höhe mit Unfallrisiken verbunden sind, ist kein Geheimnis. Bereits ein kleiner Sturz kann verheerende Folgen für die Gesundheit nach sich ziehen. Um Risiken für Arbeiten in der Höhe zu minimieren, sollten Steiggeräte in Deutschland daher dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Entscheidend dafür sind die Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und die dazugehörigen Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS), DIN-Normen sowie die Vorgaben der Berufsgenossenschaften beziehungsweise der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
Solange die gleiche Sicherheit und der gleiche Gesundheitsschutz wie bei Einhaltung der TRBS 2121-2 für Beschäftigte gewährleistet sind, kann der Unternehmer auch andere Maßnahmen als die Beachtung der TRBS ergreifen. Die Anwendung dieser Regelungen erfolgt also immer freiwillig, der Schutz der Mitarbeiter ist hingegen verpflichtend. Wendet ein Unternehmen allerdings die TRBS an, erfüllt es damit auch die verpflichtenden Schutzziele der BetrSichV, was wiederum den Aufwand bei einer Betriebsprüfung verkürzt. Die Pflichten richten sich dabei hauptsächlich an den Unternehmer als verantwortliche Person zur Umsetzung aller relevanten Prüfschritte.
Auswirkungen auf die Verwendung von Steiggeräten
Die TRBS 2121 teilt sich in vier Abschnitte, die mögliche Gefährdungen von Beschäftigten durch Abstürze behandelt. Teil 2 thematisiert Leitern und Tritte und ist damit für die Arbeiten in der Höhe relevant. Im Dezember 2018 wurde dieser Teil vom zuständigen Ausschuss im Bundesministerium für Arbeit und Soziales überarbeitet und der Arbeitsschutz entsprechend verschärft. Neben der TRBS 2121 Teil 2 (Gefährdungen von Personen durch Absturz – Bereitstellung und Benutzung von Leitern) findet auch die DGUV Information 208-016 Anwendung. Unternehmen und Anwender haben damit weitere Orientierungshilfen erhalten, die es fortan umzusetzen gilt, um Unfälle zu vermeiden. Im Folgenden werden die wichtigsten Eckpunkte zur Umsetzung zusammengefasst:
1. Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung
Generell gilt, dass Arbeitgeber grundsätzlich dazu verpflichtet sind, die Sicherheit ihrer Mitarbeiter zu gewährleisten und Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen. Bis Leitern als Verkehrsweg zu einem hoch gelegenen Arbeitsplatz oder selbst als Arbeitsplatz bereitgestellt bzw. genutzt werden können, muss nach der BetrSichV Anhang 2 Nr. 5.1.4. im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden, ob nicht eine andere Art von Steiggerät für den Verkehrsweg und die zu erledigenden Tätigkeiten sicherer ist (wie zum Beispiel ein Gerüst, eine fahrbare Hubarbeitsbühne, eine Treppe, eine Rampe oder ein Aufzug). Die zentralen Fragen, die sich Anwender hierbei stellen müssen, sind:
- Welcher Höhenunterschied ist zu überwinden beziehungsweise welche Höhe muss erreicht werden?
- Wie lange dauert die Arbeit auf dem Steiggerät?
- Welche Fluchtmöglichkeiten bestehen bei drohender Gefahr?
- Wie kompliziert oder anstrengend ist die Arbeit?
- Wie viel Material beziehungsweise Werkzeug muss über das Steiggerät befördert werden?
- Wie viele Personen sollen gleichzeitig auf dem Steiggerät arbeiten?
- Bestehen mögliche Risiken in der Umgebung des Einsatzortes? Wenn ja, wie können diese vermieden werden?
Die Gefährdungsbeurteilung dient dabei als Basis für die komplette weitere Planung.
2. Arbeitsplatz oder Verkehrsweg?
Bereits im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist festzulegen, um welche Einsatzart es sich handelt. Die TRBS 2121-2 unterscheidet zwischen der Verwendung von Leitern als Verkehrsweg und als hochgelegener Arbeitsplatz. Bis zu einer Aufstiegshöhe von fünf Metern darf der Benutzer von einer Leiter aus umsteigen, sofern die Leiter oben mindestens einen Meter übersteht. In Ausnahmefällen sind auch mehr als fünf Meter möglich. Zudem können weiterhin Sprossenleitern als Zugang zu hochgelegenen Arbeitsplätzen eingesetzt werden. Mehr Regelungen gibt es allerdings, wenn von einer Leiter aus Arbeiten ausgeführt werden. Grundsätzlich sollte es sich dabei lediglich um Arbeiten geringen Umfangs wie beispielsweise Spachtelarbeiten oder den Wechsel von Leuchtmitteln handeln. Dazu sind in Abhängigkeit von der Standhöhe zeitliche Begrenzungen vorgesehen: Bis zu einer Standhöhe von zwei Metern sind die Arbeiten ohne Zeitlimit zulässig. In Höhen zwischen zwei und fünf Metern sind hingegen nur Arbeiten von maximal zwei Stunden je Arbeitsschicht erlaubt. In beiden Fällen gilt: Arbeiten sind nur mit einem festen Stand durch eine Stufe oder Plattform zugelassen. Sprossenleitern sind nicht mehr ordnungsgemäß, außer in speziellen Ausnahmefällen (wie beispielsweise bei Arbeiten in engen Schächten), die schriftlich in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren sind. Regelmäßige Hinweise seitens des Unternehmens sowie Schulungen sind unerlässlich.
3. Passende Auswahl des Steiggerätes
Wurde die Arbeitsplatzsituation entsprechend bewertet, gilt es, das geeignete Steiggerät auszuwählen, das zur Aufgabe, den Umgebungsbedingungen, dem Arbeitsort und dem Untergrund passt. Neben Tritten für geringe Steighöhen bis zu einem Meter können dies auch Plattform- oder Podestleitern mit dem vom Hersteller vorgesehenen Zubehör sein (beides auf dem aktuellen Stand der Technik), die einen sicheren Stand gewährleisten und dadurch das Unfallrisiko minimieren. Auch hier gilt für Unternehmen, die Beschäftigten den Gefährdungen entsprechend über die richtige Handhabung zu informieren und sie gegebenenfalls zu unterweisen.
Mit Hilfe einer umfassenden Hersteller-Beratung haben Anwender die Möglichkeit, die für sie und den geplanten Einsatzzweck bedarfsgerechte Leiter aus dem umfassenden Portfolio auszuwählen. Ferner fördert die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) die Kosten für die Anschaffung von leichten Plattformleitern mit bis zu 50 Prozent über die Arbeitsschutzprämien. Seit Juli 2020 wird der Kauf auch beitragsunabhängig gefördert. Hierzu lohnt sich ein genauer Blick auf die einzelnen Angebote der Hersteller und nicht zuletzt auf die entsprechende Eignung des gewählten Arbeitsgeräts. Denn: Ist dieses nicht für den Einsatzweck geeignet, ist der weitere Einsatz nicht mehr möglich und es droht gegebenenfalls eine Sperrung des Arbeitsplatzes. Dies gilt umso mehr bei der weiteren Verwendung bereits vorhandener Steiggeräte.
4. Planmäßige Prüfung durch befähigte Personen
Auf Basis der Gefährdungsbeurteilung gilt es in diesem Schritt, einen Prüfplan zu erstellen. Dieser enthält, neben der Nennung der für die Leiterprüfung verantwortlichen Person, ein Register, in dem alle Leitern mit ihren Spezifika aufgeführt sind, sowie die Prüfungsabstände und deren Art. Nicht zuletzt wird Unternehmen empfohlen, die Einträge im Prüfbuch mindestens einmal jährlich auf Vollständigkeit zu prüfen. Gemäß BetrSichV ist jedes Unternehmen zudem dazu verpflichtet, seine Leitern, Treppen, Arbeitsplattformen etc. regelmäßig durch befähigte Personen prüfen zu lassen. Als befähigte Person gilt jemand, der aufgrund seiner Berufsausbildung und -erfahrung sowie seiner Tätigkeit den sicheren Zustand eines Arbeitsmittels beurteilen kann. Hinzu kommt die obligatorische Sichtkontrolle vor jeder Verwendung, insbesondere hinsichtlich mechanischer Beanspruchungen. Spezialisten für Steigtechnik, wie beispielsweise der Hersteller Zarges, bieten hierzu Sachkundigen-Seminare an, in denen Teilnehmer die benötigten Informationen erhalten, damit ihr Arbeitgeber sie als zur Prüfung von Leitern und Tritten befähigte Person bestellen kann. Für Unternehmen gilt: Ein Blick auf den aktuellen Schulungsstand, inklusive regelmäßiger Auffrischungskurse, bietet Sicherheit für alle Anwender und damit ein höheres Maß an Arbeitssicherheit.
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