Störlichtbogengeprüfte persönliche Schutzausrüstung
Weltweit sind Störlichtbogenunfälle die überwiegende Unfallursache bei Arbeiten an elektrischen Anlagen. Schwere Verletzungen und auch Todesfälle sind die tragische Konsequenz. D...
Weltweit sind Störlichtbogenunfälle die überwiegende Unfallursache bei Arbeiten an elektrischen Anlagen. Schwere Verletzungen und auch Todesfälle sind die tragische Konsequenz. Deshalb ist es zwingend notwendig, begleitend zum Störlichtbogenschutzsystem eine wirksame störlichtbogengeprüfte persönliche Schutzausrüstung zu tragen. Dabei ist der Betreiber der Anlage verpflichtet, seinen Mitarbeitern die geeignete PSA zur Verfügung zu stellen und deren sachgerechte Anwendung zu gewährleisten [1, 2]. So ist neben dem wirksamen Schutz auch der Tragekomfort ein nicht zu vernachlässigender Aspekt. Entsprechende Prüfungen, auf die im Folgenden näher eingegangen wird, dienen zum Nachweis der Eignung als PSA.
Gefahren und Risiken
Während bei Arbeiten an elektrischen Anlagen durch das Freischalten gemäß den fünf Sicherheitsregeln oder beim Arbeiten unter Spannung (AuS) auf Abstand ein Schutz vor direkter Körperdurchströmung des Stromes besteht, lässt sich das Entstehen eines Störlichtbogens nicht ausschließen. Die sich daraus entwickelnde Gefahr der Schädigung von Personen ist neben der Strahlungswirkung, der auftretenden Druckentwicklung und der toxischen Wirkung im Wesentlichen auf die thermische Wirkung (Einwirkenergie) zurückzuführen.
Ursachen für einen Störlichtbogen können
- fehlerhafte Isolation
- lose Kabelverbindungen
- Funkenflug
- fehlerhaftes Öffnen eines Schalters unter Last
- Staub/Schmutz
- Tiere in der Anlage und auch
- vergessenes oder herabfallendes Werkzeug sein.
Wie bereits erwähnt, resultieren insbesondere durch die thermische Energie (Temperaturen bis 14.000° K) die sehr schwer wiegenden und irreversiblen Verletzungen von betroffenen Personen. Dabei sind der Hand- und Kopfbereich am stärksten betroffen (Abb. 3), da auch der Abstand zum Störlichtbogen auf die Einwirkenergie einen direkten Einfluss hat.
Folgende z. T. schwere Verletzungen sind zu erwarten:
- großflächige Hautverbrennungen
- schwere Verbrennungen durch Tropfen geschmolzenen Metalls
- Wunden durch umherfliegende Metallteile aufgrund der Druckwelle
- Augenschäden durch den Lichtbogen.
Dies kann durch eine geeignete persönliche Schutzausrüstung und deren sach- und fachgerechte Benutzung weitestgehend vermieden werden.
Technische und normative Anforderungen
Neben der EWG-Richtlinie 89/686/EWG, die sowohl die Bedingungen für das Inverkehrbringen als auch die grundlegenden Sicherheitsanforderungen regelt [4], werden in einschlägigen Normen (EN 388, EN 397, EN 407, EN 166 und EN 177) [5, 6, 9, 10, 11] elektrische und auch mechanische Anforderungen behandelt. Schnittfestigkeit oder Durchstichkraft bei Schutzhandschuhen werden genauso berücksichtigt, wie mechanische Stoßeinwirkungen auf Schutzhelme und Schutzschirme.
Entscheidend für den Schutz vor Störlichtbögen ist aber das Rückhaltevermögen der Schutzausrüstung vor der Lichtbogenenergie. Beim Schutzschirm spielt darüber hinaus der Schutz vor UV-Strahlung eine große Rolle, um das Augenlicht vor dem Lichtbogen zu schützen. Dabei darf sowohl die Lichtdurchlässigkeit (Lichttransmissionsgrad) als auch die persönliche Farbwahrnehmung der Arbeitsumgebung nicht beeinträchtigt werden.
Weltweit bildet die NFPA (National Fire Protection Association) 70E [12] den umfassenden Standard zur Betrachtung der Arbeitsplätze unter Berücksichtigung der Gefahren der Elektrizität. Danach wird ein HRC (Hazard Risk Category)-Klassifikationssystem festgelegt, mit dem die Auswahl der PSA bestimmt wird.
Die „Qualität" der Schutzausrüstung wird nach ASTM F2178 „Standard Test Method for Determining the Arc Rating of Protective Products" [14] definiert und durch den ATPV (Arc Thermal Protective Value) ermittelt.
Die aktuellen EU-Vorschriften bezüglich Störlichtbögen sind, wie schon erwähnt, in der EN 166 zu finden. Sie bildet mit dem Prüfgrundsatz GS-ET-29 die Basis für den Box-Test [13]. Während der ATPV nach IEC 61482-1-1 gemessen wird, so basiert der Box-Test auf der IEC 61482-1-2 [7, 8].
Wann bietet nun die PSA einen ausreichenden Schutz vor Lichtbögen und den damit einhergehenden Verletzungen?
Um die Einwirkenergie auf die Haut so weit zu begrenzen, dass Verbrennungen zweiten Grades nicht entstehen können, muss die Schutzausrüstung die auf die Haut einwirkende Wärmestrahlung wesentlich reduzieren. Eine Beurteilung dieser Eigenschaft zeigt das sogenannte Stollkriterium auf. Die Wissenschaftler Stoll und Chianta studierten die Verbrennungseffekte auf ihrer Haut im Selbstversuch.
So stellt die Stoll-Chianta-Kurve die einzige Korrespondenzfunktion zwischen der einwirkenden Hitze und den daraus resultierenden Verbrennungen auf der Haut dar. Die Stoll-Chianta-Kurve zeigt auf, wann eine Verbrennung zweiten Grades eintritt.
Die Energieeinträge werden mittels definierter Sensoren (Kaloriemeter) gemessen. Der Energiedurchgang durch die Schutzausrüstung wird mit dem reduzierten Energieeintrag bewertet und dem Stollkriterium für Verbrennungen zweiten Grades verglichen. Nach IEC 61482-1-1 [7] wird diese Wirkung mit vorgegebenen Energien geprüft und ausgewiesen. Die Prüfung nach IEC 61482-1-2 [8] (Box-Test) wird dagegen mit festgelegten Lichtbogenströmen in Abhängigkeit der Zeit und des Abstandes durchgeführt. Die daraus resultierende Einwirkenergie wird gemessen und der zu beurteilende Störlichtbogen in Prüfklassen eingruppiert.
Der Box-Test unterscheidet sich nach dem Prüfgrundsatz GS-ET-29 [13] wesentlich von der Prüfung nach ASTM F2178 [14]. Die Energieeinträge sind nicht miteinander zu vergleichen.
Fazit
Die PSA von Dehn + Söhne ist so entwickelt und aufgebaut, dass sie für Arbeiten an elektrischen Anlagen eine optimierte Schutzwirkung gegenüber Störlichtbogeneinwirkungen besitzt. Um national und international allen technischen Anforderungen gerecht zu werden, ist dies basierend auf den verschiedenen standardisierten Prüfungen nachgewiesen worden. Hand- und Kopfbereich sind dabei hohen Risiken, besonders im Hinblick auf Verbrennungen, durch Störlichtbögen ausgesetzt. Bei allem Handeln steht die Gesundheit des Menschen im Vordergrund. Mögliche Gefahren, die während der Arbeit an elektrischen Anlagen auftreten können, sind zu definieren. Deren Abschätzung ist mittels einer Risikoanalyse zu bewerten. Die geprüfte PSA von Dehn + Söhne hilft dabei, das Verletzungsrisiko infolge Störlichtbögen zu minimieren und zum Wohle des Menschen die Sicherheit zu erhöhen.
Literatur
[1] Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Gesetz zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und weiterer Arbeitsschutz-Richtlinien vom 7. August 1996 in der Fassung vom 30. Oktober 2008
[2] Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes vom 27. September 2002 in der Fassung vom 23. Dezember 2008
[3] IVSS - Internationale Vereinigung für soziale Sicherheit
[4] Richtlinie 89/686/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für persönliche Schutzausrüstungen
[5] EN 388:2003 Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken
[6] EN 407:2004 Schutzhandschuhe gegen thermische Risiken (Hitze und/oder Feuer)
[7] Arbeiten unter Spannung - Schutzkleidung gegen die thermischen Gefahren eines elektrischen Lichtbogens - Teil 1-2: Prüfverfahren - Verfahren 2: Bestimmung der Lichtbogen-Schutzklasse des Materials und der Kleidung unter Verwendung eines gerichteten Prüflichtbogens (Box-Test)
[8] DIN EN 61482-1-1 Arbeiten unter Spannung - Schutzkleidung gegen thermische Gefahren eines Lichtbogens - Teil 1-1: Prüfverfahren - Verfahren 1: Bestimmung der Lichtbogenkennwerte (ATPV oder EBT50) von schwer entflammbaren Bekleidungsstoffen
[9] EN 166:2002 Persönlicher Augenschutz, Anforderungen
[10] EN 170:2003 Persönlicher Augenschutz, Ultraviolettschutzfilter, Transmissionsanforderungen und empfohlene Anwendung
[11] EN 397:2000 Industrieschutzhelme
[12] NFPA 70E:2009 Standard for Electrical Safety in the Workplace
[13] GS-ET-29:2008 Prüfgrundsatz Elektriker-Gesichtsschutz
[14] ASTM F2178-08 Standard Test Method for Determining the Arc Rating and Standard Specification for Face Protective Products
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