Wie die PSA der Zukunft aussieht und welche Ansprüche sie erfüllen muss
Auch im Bereich PSA spielen elektronische Komponenten bzw. Konnektivität eine immer größere Rolle. GIT SICHERHEIT im Interview mit Jan Kuntze, Geschäftsführer des regionalen DBL Partners Kuntze & Burgheim Textilpflege GmbH.
Im Unterarm der Rettungsdienstjacke integrierte Displays, milchsäurebasierte Polymere für mehr Umweltverträglichkeit und zusätzlicher Komfort. Auch im Bereich PSA spielen elektronische Komponenten bzw. Konnektivität auf der einen und Nachhaltigkeit sowie Design und Komfort auf der anderen Seite eine immer größere Rolle. In den kommenden Jahren ist daher mit entscheidenden Veränderungen in diesem Markt zu rechnen. Über Nachfrage, Innovationen und Ansprüche an moderne PSA gibt Jan Kuntze, Geschäftsführer des regionalen DBL Partners Kuntze & Burgheim Textilpflege GmbH, Auskunft.
GIT SICHERHEIT: Herr Kuntze, wie entwickelt sich aus Ihrer Sicht aktuell der Markt für PSA?
Jan Kuntze: Es gab ein teils reduziertes Arbeitsvolumen in Folge der Lockdowns, das sich in den einzelnen Branchen unterschiedlich auswirkte. Darüber hinaus hat sich die Konjunktur insgesamt als stabil erwiesen, die Marktstrukturen wieder normalisiert. Grundsätzlich entwickelt sich der PSA-Markt positiv. Grund: Immer mehr Unternehmen sehen, dass das Thema Schutzkleidung wichtig ist. Es ist auch von den Mitarbeitern gefordert – Berufsgenossenschaften schauen darauf, dass Menschen bei Tätigkeiten mit erhöhtem Risiko in entsprechend schützender Arbeitsbekleidung unterwegs sind. Man sieht noch Defizite, aber ich habe in der Praxis schon den Eindruck, dass die Ausstattung mit Schutzkleidung an Relevanz gewonnen hat. Und dies auch immer stärker bei der Einkleidung des Teams berücksichtigt wird. Die Nachfrage im textilen Mietservice ist entsprechend hoch.
Thema Innovationen – was erwartet uns hier in nächster Zeit bei der PSA?
Jan Kuntze: Normativ ist aktuell der Bereich Smart Textiles in Vorbereitung – diese werden auch den Bereich der PSA betreffen. Solche Textilien werden mit elektronischen Komponenten, mit leitfähigen Garnen und winzigen Sensoren ausgestattet und wandeln sich damit in Hightech-Produkte. Herausforderung dabei ist die Integration der Technologie. Und das unter gleichzeitiger Beibehaltung des Komforts für die Person, die das Kleidungsstück dann ja trägt. Dafür müssen die elektronischen Komponenten möglichst leicht, kompakt, flexibel und unauffällig sein. Den Smart Textiles und Wearable Solutions wird übrigens ein hohes Wachstumspotential vorausgesagt.
Heute tendiert man ja gerne dazu, überall wo es nur denkbar ist, eine „smarte“ Funktion zu integrieren – sei es die elektrische Zahnbürste, die Waschmaschine, der Herd oder die schrittzählende Armbanduhr. Ein bisher portables Gerät z. B. für das Auslesen von Daten an einer Stelle in der Kleidung einzunähen, würde so gesehen, keine wirkliche Innovation darstellen. Hand aufs Herz: Wo sehen sie faktisch sinnvolle Anwendungen für smarte PSA und welchen echten Mehrwert könnte diese bieten?
Jan Kuntze: Sinnvolle Anwendungen für smarte Funktionen bei PSA sehe ich in flexiblen Displays auf der Bekleidung, in Fehlstromsensoren, die in die Bekleidung integriert sind, bei Sensoren, die Vitalfunktionen oder auch die Umgebungssituation erfassen und auswerten. Mehrwert hätten auch in das Textil integrierte selbstleuchtende Signalbänder bei Gefahr. Einige dieser smarten Funktionen gibt es bereits, anderes ist noch in der Entwicklung, ganz klar. Mehrwert hätte es natürlich auch, wenn diese Textilien gut waschbar und industriell aufzubereiten sind.
Und wie wäscht man solch eine PSA – was ja zur Kernkompetenz im Mietservice gehört?
Jan Kuntze: Zurzeit wird die Prüfnorm entwickelt, mit der man etwa die Waschbeständigkeit von Kabelverbindungen und von Kontakten prüft. Es geht ja in die Richtung, dass man z. B. Druckknöpfe als Stecker benutzen kann. Tragbare Displays, die in die Arbeitskleidung integriert sind, befinden sich in der Entwicklung. In diesem Bereich passiert also gerade sehr viel, da kommt in den nächsten ein bis zwei Jahren einiges auf uns zu und wird aktuell in den Normengremien verhandelt.
Gibt es weitere Innovationen – auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der eingesetzten Textilien?
Jan Kuntze: Durchaus! Hier sind aktuell die Polylactide, kurz PLA und umgangssprachlich auch Polymilchsäuren genannt, viel beachtet. Das Produkt, ein klarer farbloser Thermoplast, weist eine mittlere Sprödigkeit und gute mechanische Eigenschaften auf, ähnlich wie Polyethylenterephthalat (PET). Dieser Biokunststoff besitzt außerdem eine hohe Kapillarwirkung und eine geringe Flammbarkeit – alles Vorteile für Berufskleidung, auch für die PSA. Sie sind von ihrer Performance also durchaus eine Alternative zum strapazierfähigen Polyester. Mit dem Vorteil, umweltverträglicher abbaubar zu sein. Problem? Sie dürfen Prozesstemperaturen von 120 Grad nicht überschreiten. Damit wären sie zwar gut waschbar, allerdings müsste man mit den Temperaturen beim Trocknen runtergehen – wo es sicher Lösungen gibt! Deshalb verspricht sich der Markt also künftig eine echte Polyesteralternative.
Wird Nachhaltigkeit auch bei PSA immer wichtiger?
Jan Kuntze: Ja! Aber es hat auch Grenzen, wenn es um die Schutzfunktion geht. Es ist schon schwierig, wenn in Ausschreibungen nach Warnschutz aus 100 % Biobaumwolle gefragt wird. Denn Baumwollgewebe in waschbeständigen High-Visibility-Farben gibt es nicht. Früher war es 100 % Polyester, weil es farbbeständig war. Dann kamen die ersten Hersteller, die 30 % Baumwollbeimischungen im Warnschutz anboten. An manchen Stellen klaffen Nachhaltigkeitsgedanke und gewünschte Performance der PSA eben noch auseinander.
Wie meinen Sie das – was ist für Sie denn nachhaltig?
Jan Kuntze: Die meisten Menschen denken, wenn sie etwas recyceln können, wäre dies besonders nachhaltig. Das ist nur teils richtig. Nachhaltig heißt vor allem langes Verwenden. Es gibt dazu Studien (Environmental assessment of Swedish clothing consumption”,Mistra Future Fashion Report; RISE, 2019). Auf Berufskleidung und PSA bezogen: Wenn ich etwas recycle, spare ich lediglich 19 % klimaschädliche Einflüsse ein. Denn wenn ich eine Faser recycle, dann muss ich sie ja trotzdem wieder produzieren. Ich muss ein Garn draus machen, es färben, zuschneiden, in die Produktion bringen, konfektionierten und transportieren. Eine verdoppelte Nutzungsdauer der Textilien führt indes bereits zu einer 49 % Einsparung an CO₂ im Vergleich zu den üblichen Lebenszyklen. Setze ich das Kleidungsstück doppelt so lange ein und verwende zudem noch erneuerbare Energien für seine Produktion und Pflege, habe ich sogar 67 % klimaschädliche Einflüsse eingespart. Das ist ein nachhaltiges Modell, das wir im Mietservice mit unseren ressourcensparenden Waschverfahren verfolgen. Gerade auch bei PSA, die aufgrund ihrer Schutzwirkung aus sehr hochwertigen Materialien gefertigt wird. Bei uns wird PSA in zertifizierten Waschprozessen gepflegt, fachgerecht repariert und ist so lange wie möglich im Einsatz.
Auch das Waschen der Kleidung selbst lässt sich durchaus unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit betrachten. Welche Entwicklungen sind hier zu erwarten?
Jan Kuntze: Der Mechanismus des Waschens ist im „Sinnerschen-Kreis“ beschrieben. Stellen Sie sich bitte einen Kreis vor, welcher in vier gleiche Viertel geteilt ist. Die Felder sind mit den Begriffen Chemie, Zeit, Temperatur und Mechanik belegt. Wenn Sie ein Feld verkleinern, müssen Sie andere Felder bzw. ein anderes Feld zwingend vergrößern. Wenn ich nun also die Temperatur absenke, muss ich z. B. die Faktoren Chemie, Mechanik oder Zeit vergrößern. Ich kann also nicht wirklich etwas einsparen. Die Parameter werden auf Grund der Eigenschaften der Textilien gewählt. Der Vorteil bei der industriellen Wäsche liegt aber in der umfangreichen Wasserrückgewinnung, der sehr präzisen Waschmitteldosierung und dem optimierten Energiemanagement, was sich auch in einem wesentlich geringeren CO₂-Fußabdruck ausdrückt. In diesen Bereichen bekommen wir von unseren Lieferanten immer wieder Neuerungen vorgestellt, die zu mehr Nachhaltigkeit führen.
Bleibt noch das Thema Komfort der PSA – ist hier die Akzeptanz der Mitarbeiter gestiegen?
Jan Kuntze: Ja, absolut. So gibt es heute etwa auch beim Schweißerschutz Stretcheinsätze, die für mehr Bewegungsfreiheit und mehr Komfort sorgen. Alles ohne den normgerechten Schutz zu beeinträchtigen. Die hier oft eingesetzte, angenehm zu tragende Satinbindung verleiht dabei der Gewebeoberseite die charakteristische, seidig-glänzende Optik. Gleichzeitig können Schweißperlen und flüssige Eisenspritzer gut abperlen. Und auch beim Warnschutz gibt es komfortable Lösungen mit Rundum-Sichtbarkeit, UV-Schutz und ergonomischer Schnittführung. Oder auch leichte Basics wie T-Shirts und Polos mit Warnschutzfunktion. Wichtig ist immer, dass der Mitarbeiter weiß, warum er die PSA trägt, wie und wovor sie ihn konkret schützt, was sie leistet – und worauf zu achten ist. Hier ist auch Aufklärungsarbeit seitens der Arbeitgeber gefragt. Eben zu wissen, was man da trägt: Bei unserer aktuellen Schweißerschutzkleidung im DBL Mietservice sind die EN-Symbole, hier die Normen EN 11611 und EN 11612, gut sichtbar auch außen auf den Kleidungsstücken angebracht. Das kann niemand übersehen.
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